Der Frühling - Hyddenworld ; 1
prüfte die rostige Spitze.
»Lass uns weitergehen«, sagte sie und wechselte damit etwas plump das Thema.
Der vordere Teil des Hauses war moderner, das heißt, aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert: hohe Decken, Sprossenfenster mit Läden und im Wohnzimmer ein offener Kamin im Adam-Stil. Die breiten, ausgetretenen Eichendielen knarrten und waren an manchen Stellen wurmstichig, und vor mehrere Türen hingen dicke Filzvorhänge, die im Winter vor Zugluft schützen sollten.
Die Heizkörper waren gusseiserne Ungetüme und durch hässliche Rohre miteinander verbunden, die so dick wie Jacks Arme waren und oben an den Sockelleisten entlangliefen, dann an den Wänden hoch und durch die Decke, aus der Putz gebröckelt war und hässliche Löcher hinterlassen hatte.
Die kleinere der beiden Küchen, die Clare und Katherine regelmäßig benutzten, war in einer ehemaligen Garderobe neben der Vordertür untergebracht und winzig, aber modern eingerichtet. Hier hatten sie den Rundgang begonnen, aber noch war er nicht zu Ende …
Sie schlugen eine neue Richtung ein und gelangten in ein Musikzimmer mit einem großen Flügel, auf dem Notenblätter lagen. Zu Jacks Erstaunen brannte ein Feuer im Kamin, und es war warm im Raum.
»Heute Morgen habe ich jemanden spielen hören«, sagte er.
»Mrs. Foale spielt fast jeden Vormittag. Gewöhnlich benutzt sie nur dieses Zimmer und die Bibliothek …«
Sie gingen weiter zu einer großen Eichentür, blieben auf der Schwelle stehen und blickten in einen eichengetäfelten Raum, in dessen Mitte zwei voneinander abgewandte Schreibtische standen. Auf dem einen herrschte peinliche Ordnung, auf dem anderen heilloses Durcheinander.
»Rate mal, welcher Arthur gehört!«, sagte Katherine und blickte zu dem, der nicht aufgeräumt war.
Als sie Jack angerufen hatte, war sie ziemlich schnell auf Arthurs Verschwinden zu sprechen gekommen.
»Du hast gesagt, er sei verschwunden …«
»Na ja, es gibt kein anderes Wort dafür. Er war von einem Tag auf den anderen nicht mehr da. Mum hat sich ebenso darüber gewundert wie ich, und Margarets Erklärungen ergeben einfach keinen Sinn.«
»Inwiefern?«
»Sie sagt, er sei in einer wichtigen beruflichen Angelegenheit unterwegs, aber wenn das stimmen würde, hätte er auch mit einer von uns darüber gesprochen. Außerdem hat sie gesagt, sie wisse nicht, wann er wiederkomme, was ja vielleicht in Ordnung gewesen wäre, wenn sie dabei nicht so unglücklich ausgesehen hätte. Drei Monate ist er jetzt fort.«
»Du meinst, er ist vielleicht mit einer anderen durchgebrannt?«
Katherine lachte und schüttelte den Kopf.
»Arthur doch nicht. Er ist zu besessen von seiner Arbeit und vertraut zu sehr auf Margarets fachkundiges Urteil, um auch nur an eine andere zu denken!«
»War nur so eine Gedanke«, sagte Jack. »Was vermutest du?«
»Dass Margaret viel mehr weiß, als sie sagt.«
»Dieses Haus wird immer interessanter.«
»Er fehlt mir«, sagte Katherine spontan. »Ich habe schon einmal jemanden verloren … und ich habe Angst, auch ihn zu verlieren. Mum wollte, dass du kommst, aber ich auch.«
»Also, ich werde nicht verschwinden, außer ihr wollt mich loswerden.«
Sie grinste.
»Ich gebe dir rechtzeitig Bescheid. Willst du dir jetzt den Garten ansehen?«
Jack nickte, setzte sich aber nicht in Bewegung.
Er hatte die Bibliothek noch gar nicht richtig in Augenschein genommen. Sie beherbergte mehr Bücher, als er jemals in einem einzigen Raum gesehen hatte. Die Regale, die vom Fußboden bis zur Decke reichten und über den beiden Türen und zwischen den Fenstern erweitert worden waren, quollen über von Bänden aller Art. Die meisten sahen alt aus, manche sehr alt.
»Mrs. Foale mag es nicht besonders, wenn Leute hier hereinkommen. Seit Arthur fort ist, bin ich auch gar nicht mehr gerne hier. Gehen wir.«
Doch Jack rührte sich noch immer nicht von der Stelle. Da war etwas an diesem Zimmer, oder lag es an den Gegenständen darin, Gegenständen wie Arthurs Schreibtisch? Er hätte sich gern etwas genauer umgesehen.
»Ja, gehen wir«, sagte er.
»Wir nehmen den Weg durch die alte Küche«, sagte sie und ging wieder voraus. »Er führt seitlich ums Haus herum. Es ist schön, sich dem Garten von dort zu nähern. Aber ich muss dich warnen. Er ist ziemlich groß, und deine Turnschuhe …« – sie warf einen Blick auf seine Sneakers, die längst nicht so robust waren wie die Lederschuhe, die sie selbst trug – »… könnten nass werden. Hast du Stiefel
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