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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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hat. Und Katherine wird es guttun, ihn hier zu haben …«
    Margaret Foale fing den Blick ihrer Freundin auf und lachte.
    »Ich glaube, Sie spielen schon die Kupplerin, Clare! Er ist erst ein paar Stunden im Haus.«
    »Seien Sie nicht albern!«
    Aber sie musste selbst lachen.
    »Möchten Sie, dass ich Ihnen jetzt vorlese? Oder soll ich das Radio anstellen?«
    Clare drehte den Kopf langsam von einer Seite auf die andere. »Nein, Sie gehen zu Bett, und ich denke mir selbst eine Geschichte aus. Ehe ich zum Ende komme, bin ich eingeschlafen. Und, Margaret …?«
    »Ja, meine Liebe?«
    »Werden Sie mit Jack über Arthur reden? Er ist nicht auf den Kopf gefallen und wird Fragen stellen, wenn Sie es nicht tun.«
    »Wenn der richtige Zeitpunkt kommt.«
    »Der wird nie kommen«, erwiderte Clare bestimmt, »deshalb ist es besser, Sie tun es möglichst bald.«
    »Was soll ich ihm denn sagen?«
    Clare überlegte einen Moment, ehe sie antwortete.
    »Sagen Sie ihm genau das, was Sie mir nicht gesagt haben. Die Wahrheit.«
    »Das ist nicht so leicht, wie es klingt, denn ›genau‹ kenne ich sie selbst nicht.«

30
DIE ERSTEN TANZSCHRITTE
    J ack erwachte am nächsten Morgen in einer Welt, die so anders war als alles, was er kannte, dass er sich ebenso gut auf einem anderen Planeten hätte befinden können.
    Kein Verkehrslärm, kein Geschrei, keine Gefluche, kein Fußgetrappel vor der Tür, keine Kantinendünste, keine festen Aufstehzeiten.
    Er setzte sich im Bett auf und blickte über den Garten hinweg zum White Horse Hill in der Hoffnung, das Kreidebild wieder zu sehen. Er bekam es tatsächlich zu Gesicht, als der Frühnebel, der von rechts nach links über den Hügel zog, endlich aufriss und es dahinter zum Vorschein kam. Es schien fast, als bewege sich das Pferd, nicht der Nebel.
    Von draußen drangen die Geräusche des Frühlings herein und das gläserne Klirren der Windspiele.
    Jemand spielte Klavier, und der Duft von frischem Kaffee und Speck stieg ihm in die Nase, während Sonnenstrahlen über die Fenster und die blassen Vorhänge des riesigen Zimmers tanzten. Er sank in die Kissen zurück, lauschte der Musik und schlief prompt wieder ein.
     
    Als er zum zweiten Mal erwachte, war das Klavier verstummt, und diesmal stand er auf, ganz gemächlich, jede Sekunde auskostend.
    Das Badezimmer war alt und primitiv, mit Spinnweben an der Decke und einem Duschkopf, der lose über einer fleckigen, frei stehenden Badewanne mit Greifenfüßen hing und aus dem das Wasser so spärlich tröpfelte, dass es eine ganze Weile dauerte, bis es warm wurde. Doch es lagen alte und fadenscheinige, aber frische Handtücher und eine Seife mit Rosenduft bereit, und auf einer vergilbten Fotografie, auf der in schwarzer Tinte »Avebury, 1957« geschriebenstand, posierte ein jüngeres Ehepaar Foale neben einem Menhir.
    Er wanderte die Treppe hinunter und begab sich ins Speisezimmer, wie Katherine es bei ihrem kurzen Rundgang durchs Haus etwas hochtrabend genannt hatte. Auf einer Warmhalteplatte standen Speck, Pilze und Rühreier bereit, und aus einem blauen Kunststoffradio, von dessen Rückseite ein Stromkabel zu einer kleinen Steckdose in der Wand lief, rieselte leise Musik.
    Der Kaffee, den er gerochen hatte, befand sich in einer altmodischen Thermoskanne aus Bakelit, und die einzigen Frühstücksflocken im Angebot waren eine Packung Kellogg’s Cornflakes. Daneben stand eine kleine Zuckerdose, zugedeckt mit einem Spitzentüchlein, das an den Ecken mit Bernsteinkugeln beschwert war.
    Sein erster Eindruck vom Vortag hatte nicht getrogen. Dieses Haus steckte in einer Zeitschleife fest, möglicherweise mitsamt seinen Bewohnern, wie ihm jetzt in den Sinn kam, einschließlich Katherine.
    Auf dem Kaminsims tickte eine Uhr, ein Geräusch, das er lange nicht mehr gehört hatte. Mit Erstaunen sah er, dass es kurz vor zehn war. Vielleicht war er drauf und dran, selbst in eine Zeitschleife zu geraten.
    Jack frühstückte allein, doch er fühlte sich nicht einsam, denn das Haus um ihn herum schien ein Eigenleben zu führen – wandernde Stimmen, wieder das Klavier, eine schrillende Klingel, eine Tür, die geöffnet wurde, leise Schritte auf Steinfußboden und, irgendwo über ihm, knarrende Holzdielen, bevor jemand stehen blieb und ein Fenster öffnete.
    Erst als sich eine Spitzengardine leicht bewegte, fiel ihm auf, dass auch die Fenster im Speisezimmer offen standen, so ruhig und still war die Welt da draußen. Doch bald darauf grollte in der Ferne Donner, und der

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