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Der fuenfte Berg

Der fuenfte Berg

Titel: Der fuenfte Berg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coelho
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trank noch ein wenig. Sie bemerkte, daß etwas, was
    sie gesagt hatte, ihm nicht gefallen hatte, und beschloß daher das Thema zu wechseln.
    »Ihr seid auf den Fünften Berg gestiegen?«
    Er nickte.
    Sie hätte ihn gern gefragt, was er dort oben gesehen hatte und wie es ihm gelungen war, dem himmlischen Feuer zu entgehen. Doch er fühlte sich sichtlich unbehaglich.
    >Er ist ein Prophet. Er liest in meinem Herzens dachte sie.
    Seit der Israelit in ihr Leben getreten war, hatte sich alles verändert. Sogar die Armut war leichter zu ertragen, denn dieser Fremde hatte etwas in ihr geweckt, das sie zuvor nicht gekannt hatte: die Liebe. Als ihr Sohn krank geworden war, hatte sie gegen ihre ganze Nachbarschaft gekämpft, um den Fremden bei sich im Haus zu behalten.
    Sie wußte, daß für ihn von allem, was unter dem Himmel geschah, der Herr am wichtigsten war. Ihr war bewußt, daß er ein unerreichbarer Traum war, denn dieser Mann vor ihr konnte jeden Moment weggehen, Isebels Blut vergießen und niemals zurückkehren, um ihr zu berichten, was geschehen war.
    Dennoch würde sie ihn weiter lieben, weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben erfahren hatte, was Freiheit war. Sie konnte ihn lieben, selbst wenn er es niemals erfahren sollte. Sie brauchte nicht seine Erlaubnis, um sich nach ihm zu sehnen, den ganzen Tag an ihn zu denken, ihn zum Abendessen zu erwarten und sich zu ängstigen, was für ein Komplott wohl gegen ihn im Gange war.
    Dies war die Freiheit: fühlen, was ihr Herz begehrte, egal was die anderen davon halten mochten. Sie hatte schon mit
    Freunden und Nachbarn über die Anwesenheit des Fremden in ihrem Hause gekämpft. Gegen sich selbst brauchte sie nicht zu kämpfen.
    Elia trank etwas Wein, entschuldigte sich und ging in sein Zimmer. Sie trat hinaus, freute sich an ihrem Sohn, der vor dem Hause spielte, und beschloß, einen kurzen Spaziergang zu machen.
    Sie war frei, denn die Liebe befreit.
    Elia starrte lange auf die Wand in seinem Zimmer. Dann endlich beschloß er, seinen Engel anzurufen.
    »Meine Seele ist in Gefahr«, sagte er.
    Der Engel schwieg. Elia wußte nicht recht, ob er das Gespräch fortsetzen sollte, doch nun war es bereits zu spät: Er konnte ihn nicht grundlos anrufen.
    »Wenn ich vor dieser Frau stehe, fühle ich mich nicht wohl.«
    »Ganz im Gegenteil«, antwortete der Engel. »Und das macht dich unsicher. Du könntest sie am Ende lieben.«
    Elia schämte sich, weil der Engel seine Seele kannte.
    »Die Liebe ist gefährlich«, sagte er.
    »Sehr gefährlich«, antwortete der Engel. »Und wenn schon!«
    Dann verschwand er.
    Sein Engel war nicht von den Zweifeln geplagt, die seine Seele bestürmten. Ja, er kannte die Liebe. Er hatte gesehen, wie der König von Israel seinen Gott wegen Isebel aufgegeben hatte, wegen einer Prinzessin aus Sidon, die sein Herz erobert hatte. Die Tradition berichtete, daß König
    Salomo seinen Thron wegen einer fremdländischen Frau verloren hatte. König David hatte einen seiner besten Freunde in den Tod geschickt, weil er sich in seine Frau verliebt hatte. Dalilas wegen war Samson gefangengenommen worden und hatten die Philister ihm die Augen ausgestochen.
    Wie konnte er da die Liebe nicht kennen? Die Geschichte war voll von tragischen Beispielen, auch unter seinen Freunden - und den Freunden seiner Freunde -, die nächtelang gewartet und gelitten hatten. Hätte er in Israel eine Frau, so hätte er seine Stadt kaum verlassen, als es ihm der Herr befahl, und er wäre jetzt tot.
    >Ich kämpfe eine nutzlose Schlacht<, dachte er. >Die Liebe wird diesen Kampf gewinnen, und ich werde sie bis ans Ende meiner Tage lieben. Herr, schick mich wieder zurück nach Israel, damit ich dieser Frau niemals sagen muß, was ich für sie empfinde. Denn sie liebt mich nicht und wird mir sagen, daß ihr Herz mit dem ihres heldenhaften Mannes begraben wurde.<
    Am folgenden Tag traf sich Elia wieder mit dem Kommandanten. Er erfuhr, daß noch einige Zelte mehr aufgebaut worden waren.
    »Wie groß ist jetzt die Anzahl der Krieger?« fragte er. »Einem Feind von Isebel gebe ich keine Auskunft.« »Ich bin Berater des Stadthauptmanns«, entgegnete Elia. »Er hat mich gestern nachmittag zu seinem Gehilfen ernannt, und Ihr wißt es, und daher schuldet Ihr mir eine Antwort.«
    Der Kommandant hatte nicht übel Lust, dem Leben des Fremden ein Ende zu bereiten.
    »Auf zwei Soldaten der Assyrer kommt einer von uns«, antwortete er schließlich.
    Elia wußte, daß der Feind eine viel größere

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