Der Fünfte Elefant
Nachbildung der Steinsemmel gestoh-
len«, sagte Besuch. »Rodney schreibt die Zeit in eine Ecke, siehst
du? Die Sache kam mir ein wenig seltsam vor. Vielleicht ein
Fluchtfahrzeug?«
»Warum sollte ein Zwerg einen wertlosen Stein stehlen wol en?«,
fragte Colon. »Noch dazu einer der dunklen Zwerge. Sie wirken
unheimlich in diesen blöden Klamotten, die sie dauernd tragen.«
Zornige Stille klang so laut wie ein herabstürzender Tragbalken
in einem Tempel. Es hielten sich drei Zwerge im Zimmer auf.
»Ihr beiden!«, rief Feldwebel Starkimarm. »Ihr solltet auf Streife
sein! Ich habe in der Kröselstraße zu tun!«
Die drei Zwerge verließen den Raum und brachten es sogar fer-
tig, zornig zu gehen.
»Was sol man davon halten?«, brummte Fred Colon. »Ein wenig
empfindlich die Burschen, wie? Herr Mumm sagt dauernd solche
Dinge, und niemand stört sich daran.«
»Ja, aber er ist Sam Mumm«, meinte Nobby.
»Ach?«, erwiderte Colon. »Willst du damit andeuten, dass ich
nicht Sam Mumm bin?«
»Nun, ja «, sagte Nobby geduldig. »Du bist Fred Colon.«
»Oh, das bin ich, stimmt’s?«
»Ja, Hauptmann Colon.«
»Und das sollten sie besser nicht vergessen, verdammt!«,
schnappte Colon. »Ich werde so etwas auf keinen Fall zulassen und
lehne es ab, irgendeine Form von Insubordination hinzunehmen.
Ich war immer der Ansicht, dass Mumm den Zwergen gegenüber
zu nachsichtig ist! Sie kriegen den gleichen Sold wie wir und sind
nur halb so groß!«
»Ja, ja«, sagte Nobby und versuchte mit beschwichtigenden Ges-
ten, Colons erhitztes Gemüt abzukühlen. »Aber weißt du, Fred…
Trolle sind doppelt so groß wie wir und kriegen ebenfal s den gleichen Sold…«
»Aber sie sind auch nur ein Viertel so intelligent und haben des-
halb nicht mehr verdient…«
Ein in die Länge gezogenes, bedrohliches Geräusch erklang: O-
bergefreiter Flussspat schob seinen Stuhl langsam zurück.
Der Boden knarrte, als er an Colon vorbeistapfte, mit einer riesi-
gen Hand den Helm vom Haken nahm und zur Tür marschierte.
»Ich auf Streife gehe«, grol te er.
»Dein Dienst beginnt doch erst in einer Stunde«, sagte Oberge-
freiter Besuch.
»Ich gehe jetzt«, erwiderte Flussspat. Für einige Sekunden wurde
es dunkel im Zimmer, als der Trol die ganze Tür ausfüllte.
»Warum sind denn plötzlich al e so gereizt?«, fragte Colon. Die
übrig gebliebenen Obergefreiten mieden seinen Blick.
»Habe ich da jemanden kichern gehört?«, erkundigte sich Colon
argwöhnisch.
»Niemand hat gekichert, Feldwebel«, sagte Nobby.
»Ach? Du hältst mich also für einen Feldwebel, Korporal
Nobbs?«
»Nein, Fred, ich… lieber Himmel…«
»Ganz offensichtlich sind die Dinge hier ziemlich lax geworden«, sagte Hauptmann Colon mit einem boshaften Glitzern in den Augen. »Bestimmt dachtet ihr al e: Ach, es ist ja bloß der dicke alte
Fred Colon, von jetzt an können wir uns auf die faule Haut legen.«
»Nein, Fred, niemand hat dich für alt gehalten… meine Güte…«
»Nur für dick, wie?« Fred ließ einen finsteren Blick durchs Zim-
mer schweifen. Al e Anwesenden zeigten ebenso plötzliches wie
untypisches Interesse an ihrer Schreibarbeit.
»Na schön! Von jetzt an wird sich hier eine Menge ändern«, sagte Hauptmann Colon. »O ja. Ich kenne al e eure kleinen Tricks…
Wer hat das gesagt?«
»Wer soll was gesagt haben, Hauptmann?«, fragte Nobby, der das
geflüsterte »Wir haben sie von dir gelernt, Feldwebel« ebenfalls
gehört hatte. Aber er hätte lieber glühende Kohlen geschluckt, als
es zugegeben.
»Jemand hat etwas gemurmelt, aber nicht leise genug«, sagte
Hauptmann Colon.
»Da irrst du dich bestimmt«, erwiderte Nobby.
»Und es gefäl t mir auch nicht, angestarrt zu werden!«
»Niemand sieht dich an«, jammerte Nobby.
»Ah, glaubst du viel eicht, ich wüsste nicht Bescheid?«, rief Co-
lon. »Es gibt viele Möglichkeiten, jemanden anzustarren, ohne ihn
dabei anzusehen. Der Mann da drüben verspottet mich, indem er
mit den Ohren wackelt!«
»Ich glaube, Obergefreiter Ping interessiert sich nur für den Be-
richt, den er gerade schreibt, Fre… Fel… Hauptmann.«
Der aufgeplusterte Colon beruhigte sich ein wenig. »Na schön.
Ich gehe jetzt nach oben in mein Büro, verstanden? Hier wird sich
einiges ändern. Und jemand soll mir eine Tasse Tee bringen.«
Sie sahen ihm nach, als er die Treppe hinaufging, das Büro betrat
und die Tür zuknal te.
»Nun, das…«, begann Obergefreiter Ping. Nobby
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