Der Fünfte Elefant
Bürger von Ankh-Morpork, das sol test du nicht
vergessen«, sagte Mumm. »Und er genießt diplomatische Immuni-
tät, trotz seiner gegenwärtigen Aufmachung.«
»Aber…«
»In diesem Punkt gibt es kein ›Aber‹«, sagte Mumm.
»Zwischen den Trollen und uns herrscht Krieg !«
»Darum geht es doch bei der Diplomatie, oder?«, erkundigte sich
Mumm. »Man versucht, einen Krieg zu beenden. Außerdem dauert der Krieg schon seit fünfhundert Jahren, was bedeutet, dass sich
keine Seite große Mühe gibt.«
»Wir werden uns an höchster Stel e beschweren!«
Mumm seufzte. »Schon wieder?«
»Manche Leute sagen, Ankh-Morpork reibt dem König mit vol-
ler Absicht lasterhafte Bösartigkeit unter die Nase!«
»Dem König?«, wiederholte Mumm freundlich. »Er ist noch
nicht König. Erst muss er gekrönt werden, und diese Zeremonie
erfordert ein… gewisses Objekt…«
»Ja, aber es ist alles nur eine Formalität.«
Mumm schob sich ein wenig näher. »Es dürfte mehr sein als nur
eine Formalität«, erwiderte er leise. »Es ist das Ding und die Ge-
samtheit des Dings. Ohne die Magie gibt es keinen König, nur
jemanden wie dich, der unerklärlicherweise Befehle erteilt.«
»Jemand namens Mumm lehrt mich die Bedeutung der Königs-
würde?«, fragte Dee.
»Und ohne das Ding ist praktisch al es möglich«, fuhr Mumm
fort. »Es wird zu einem Krieg kommen, zu unterirdischen Explo-
sionen.«
Ein leises Geräusch erklang, als er die Taschenuhr hervorholte
und aufklappte. »Na so was, es ist Mitternacht«, verkündete er.
»Folge mir«, sagte Dee.
»Hast du vor, mich zu einem bestimmten Ort zu bringen, um
mir etwas zu zeigen?«, fragte Mumm.
»Nein, Euer Exzel enz. Ich habe vor, dir etwas zu zeigen, das
nicht da ist.«
»Ah. Dann möchte ich Korporal Kleinpo mitnehmen.«
» Was ? Ausgeschlossen! Es wäre eine Entweihung…«
»Nein, das wäre es nicht«, sagte Mumm. »Und zwar aus einem
ganz einfachen Grund. Sie kommt nicht mit uns, weil wir uns gar
nicht auf den Weg machen. Du hast bestimmt nicht vor, den Rep-
räsentanten einer möglicherweise feindlichen Macht ins Vertrauen
zu ziehen und ihm zu verraten, dass in deinem Kartenhaus ganz unten eine Karte fehlt, habe ich Recht? Und dieses Gespräch findet überhaupt nicht statt. Während der nächsten Stunde oder so
knabbern wir hier an irgendwelchen Leckerbissen. Ich habe dies
nicht einmal gesagt, und du hast nichts von mir gehört. Aber Kor-
poral Kleinpo ist mein bester Tatort-Spezialist, und deshalb möch-
te ich, dass sie uns begleitet.«
»Du hast die Situation gut beschrieben und deinen Standpunkt
wie üblich mit großer Klarheit zum Ausdruck gebracht. Na schön,
hol sie.«
Mumm fand Grinsi bei Detritus. Sie standen Rücken an Rücken,
beziehungsweise Rücken an Knien. Ein Kreis aus Neugierigen
umgab sie. Wenn Detritus die Hand hob, um an seinem Drink zu
nippen, sprangen die Zwerge in der Nähe erschrocken zurück.
»Wohin gehen wir, Herr?«, fragte Grinsi.
»Nach nirgends.«
»Ah. Dorthin.«
»Aber die Dinge bessern sich«, fügte Mumm hinzu. »Dee hat ein
neues Pronomen entdeckt, obwohl es ihm nur sehr schwer über
die Lippen kommt.«
»Sam!« Lady Sybil bahnte sich einen Weg durch die Menge.
» Blutaxt und Eisenhammer wird aufgeführt! Ist das nicht wundervoll?«
»Äh…«
»Es ist eine Oper, Herr«, flüsterte Grinsi. »Sie gehört zum Ko-
boldeanischen Zyklus. Es ist Geschichte. Jeder Zwerg kennt sie. Es geht darum, wie wir Gesetze und Könige erhalten haben und na-türlich die Steinsemmel, Herr.«
»Im Mädchenpensionat habe ich die Rol e von Eisenhammer ge-
spielt«, sagte Lady Sybil. »Natürlich nicht in der vollen Fünf-
Wochen-Version. Ich finde es großartig, dass dieses Stück hier
aufgeführt wird. Es ist eine der größten Liebesgeschichten al er
Zeiten.«
»Eine Liebesgeschichte?«, fragte er. »Es geht dabei um… Liebe?«
»Ja. Natürlich.«
»Blutaxt und Eisenhammer waren… äh… sie waren beide…«,
stotterte Mumm.
»Sie waren beide Zwerge, Herr«, sagte Grinsi.
»Ah. Natürlich.« Mumm gab auf. Al e Zwerge waren Zwerge.
Wenn man versuchte, ihre Welt von der menschlichen Perspektive
aus zu verstehen, erschien einem al es verkehrt. »Ich wünsche dir,
äh, viel Spaß, Schatz. Ich muss… Der König möchte, dass ich…
Ich werde eine Zeit lang woanders sein. Politik.«
Er eilte fort, und Grinsi folgte ihm.
Dee führte sie durch dunkle Tunnel. Die Oper begann als ein
Flüstern in
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