Der Fürst der Dunkelheit
so benimmt, als wäre sie sie selbst.”
“Also, wenn man verführt, gebissen wird, das macht einen nicht automatisch selbst zu einem Vampir?”
Er schüttelte den Kopf. “Du wirst erst zum Vampir, wenn du wirklich getötet worden bist”, erklärte er. “Außer dir wird ein Pflock ins Herz getrieben. Oder du wirst geköpft.”
“Wie kann es sein, dass es so viele Vampire gibt, aber nur drei Leichen? Ich meine, müssen die sich nicht ernähren?”
Er zog sein Hemd an. “Sie können sich vom Blut vieler Lebewesen ernähren. Ratten, anderes Kleingetier. Und wenn sie einmal richtig satt sind, hält das eine ganze Weile vor. Ich bin mir sicher, wenn man genauer hinschaut, wird man außerdem feststellen, dass einige der Blutbanken hier in der Gegen ausgeplündert worden sind.” Er zögerte. “Stephan ist ein Monster. Grausam, machthungrig, er genießt den Schmerz und die Qual, die er anderen zufügt. Aber am Ende will auch er überleben. Er will mich umbringen, denn ich bin ein Feind, der ihn schon sehr, sehr lange verfolgt. Aber zuerst will er dich. Und er will, dass ich so lange am Leben bleibe, damit ich dabei zusehen kann. Vielleicht glaubt er, er könnte dich verführen, und ihr beide würdet ein langes und glückliches – und blutdurstiges – Nichtleben miteinander verbringen. Vielleicht will er dich auch bloß, weil er weiß, dass er mich damit zum zweiten Mal fertigmachen würde. Vielleicht will er auch beides. Eins kann ich dir allerdings versichern: Er benutzt Deanna und Heidi nur, um dich zu quälen, dich in seine Gewalt zu bringen. Und ich muss ihn aufhalten.”
Er erstarrte, nachdem er ausgeredet hatte.
“Was ist los?”
Er stöhnte. Plötzlich zog er Hemd und Hose wieder aus, legte sich neben sie, strich mit seinen Fingern über ihr Haar.
“Eigentlich muss ich gehen”, murmelte er.
Sie nickte.
“Aber nicht jetzt. Jetzt noch nicht.”
Sie wollte ihn auch gar nicht gehen lassen. Diesmal waren sie beide wie im Fieber, liebten sich mit heftiger und verzweifelter Leidenschaft.
Sie war gerade dabei, sich zu verlieben. In sein Gesicht.
In seine Hände.
Seine Berührungen.
Seine Küsse.
Nicht bloß verlieben ins Verliebtsein. Nein, in einen Mann.
Dabei kannte sie ihn kaum.
Sie musste einfach glauben, dass sie ihn genügend kannte.
Sie hörte auf zu denken. Sie gab sich ihren Gefühlen hin. Zusammen waren sie explosiv. Sie konnte nicht genug von ihm kriegen.
Ihr Herz klopfte; ihr Atem raste; ihre Haut war feucht; und als sie zusammen kamen, war es überwältigend.
Schließlich hielt er sie ganz fest und seufzte tief. Dann stand er auf und ging.
Und sie blieb zurück, allein mit ihren Gedanken, und fragte sich, ob das alles wirklich wahr sein konnte oder nur ein Traum wäre.
Ein Traum, während alles um sie herum ein Albtraum war.
12. KAPITEL
M ark eilte zum Jackson Square. Die Frau aus Laurens Zeichnung war ihm schon damals gleich aufgefallen, als er nach seiner Rückkehr in die Stadt eine Runde über den Platz gedreht hatte, um zu schauen, was sich verändert und was gleich geblieben war.
Es erstaunte ihn immer wieder. Wenn man sich hier und da etwas wegdachte und ein paar Details veränderte, war der Platz noch genauso wie immer.
Ein paar Straßenmusiker spielten, Künstler bewarben ihre Dienste, jemand bot an, Tarotkarten zu legen. Aber kein Anzeichen von Susan.
Er ging hinüber zur Polizeistation, wo er ohne große Schwierigkeiten in Seans Büro geführt wurde. Canady saß über einige Papiere gebeugt am Schreibtisch.
Er musterte Mark. “Sie sehen einigermaßen erholt aus.”
“Haben Sie eine Minute Zeit?”
Canady deutete auf einen Stuhl.
“Gab es bei der Autopsie irgendetwas Ungewöhnliches?”, kam Mark direkt zur Sache.
“Würden Sie es als ungewöhnlich bezeichnen, an drei Tagen hintereinander drei kopflose Leichen im Mississippi zu finden? Ich schon”, sagte Sean. “Es ist offenkundig derselbe Mörder. Beim letzten Opfer war nur eine Bissstelle zu sehen – die andere ist mit dem Kopf abgetrennt worden. Ich weiß nicht, ob Stephan diese Spuren absichtlich hinterlässt – damit jene, die Bescheid wissen, begreifen, was los ist – oder ob er einfach nur nachlässig ist. Der Pathologe sagte zumindest, dass alle Opfer tot waren, bevor sie geköpft wurden. Die Staatspolizei hat eine Sonderkommission eingerichtet, zuständig für den ganzen unteren Flusslauf.”
“Haben die irgendwas herausgefunden?
“Sie haben keinerlei Hinweise, denen sie nachgehen
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