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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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für die Vertreibung der EF sterben, wenn es nötig ist.« Björn dachte nach. »Ich weiß nichts von eurer Revolution und ehrlich gesagt ist sie mir auch egal. Ich will mich an den Leuten rächen, die mir das angetan haben.« Er winkte in Richtung des Projektors. »Die mich zum Zombie gemacht haben und denen ich nur entkommen bin, weil Tabea mich nicht aufgeben wollte und weil ich so ungeheures Glück mit diesem Elektroschock hatte. Das ist alles.«
    Nasrid lächelte. »Deine Ehrlichkeit beeindruckt mich. Rache ist kein schlechtes Motiv, es bringt große Taten hervor. Wir haben höhere Ziele, aber wir rächen uns trotzdem, so gut wir können. Dafür, dass die verfluchten Europäer die Wüste in ein Weizenfeld verwandelt haben und uns Nordafrikaner wie Dreck behandeln. Vielleicht wirst du schneller Gelegenheit zur Vergeltung bekommen, als du glaubst, Björn. Meinetwegen kannst du dir deine Waffe und eure restliche Ausrüstung beim Zeugmeister abholen. Was meint ihr?«, fragte er Abdul und Seif. Die zuckten beide nur mit den Schultern. »Was fragst du uns?«, sagte Abdul. »Du bist der Madugu.« Nasrid ging nicht darauf ein. »Björn heißt Bär, nicht wahr? Das arabische Wort für Bär ist Dubb. Wie würde es dir ab jetzt gefallen, Dubb zu heißen?«
    »In Ordnung.«
    Draußen kam es zu einem lauten Wortwechsel, dann sprang die Tür auf, und ein Mann in Tuaregtracht kam herein. Der blaue Tagelmust hing locker herab, sodass man sein Gesicht erkennen konnte. Er feuerte noch ein, zwei bösartige Sätze auf Arabisch nach draußen ab, von denen Björn nur die wüsten Flüche verstand.
    »Dieser Schwachkopf«, sagte der Tuareg wütend zu Nasrid. »Meint, er kann mich aufhalten.« Dann entdeckte er Björn. Er machte ein Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. »Was gibt’s, Aslal?«, fragte Nasrid ruhig. »Was es gibt, Madugu? Wir haben die EF-Hunde verfolgt, und als die Gelegenheit günstig war, haben wir sie angegriffen. Drei sind verreckt, drei haben wir gefangen genommen. Sollen wir sie gleich aufschlitzen? Du weißt, ich mag keine EFler in meiner Nähe. Jedenfalls keine lebenden«, sagte er mit einem drohenden Seitenblick zu Björn hin.
    »Sei doch kein Idiot«, entgegnete Nasrid. »Zuerst einmal müssen uns diese Gefangenen ein bisschen was erzählen. Dann kannst du sie vielleicht aufschlitzen. Aber erst dann.«
    »Wie du meinst, Madugu«, sagte Aslal und verschwand so schnell, wie er gekommen war.
    Trotz seiner finsteren Sprüche konnte Björn nicht anders, als ihn zu bewundern. Als er bei der EF gewesen war, hatte er rebellische Tuaregs gefürchtet wie nichts sonst. Sie kannten sich besser in der Wüste aus als alle anderen und ihr Widerstand gegen die EF war ebenso verständlich wie radikal: In einem Getreidefeld, das von Mauretanien bis nach Ägypten reichte, war kein Platz für Tuareg. Schon war ihr einst geschlossenes Siedlungsgebiet im Niger, in Algerien, Libyen und dem Tschad nur noch ein Flickenteppich, und die militantesten Nomaden hatten sich in die verbliebenen Wüstengebiete Tunesiens zurückgezogen, wo sie Fremde waren, und machten dort gemeinsame Sache mit dem antieuropäischen Widerstand. Man sagte ihnen auch einen Hang zur Grausamkeit nach. Die EuroForce jedenfalls hatte die Tuareg schon immer ernst genommen. Und Aslal schien ein Musterexemplar seines Volkes zu sein. »Na, was ist?«, sagte Nasrid zu Björn. Abdul und Seif räumten schon ihre Geräte weg, sie hatten hier ihre Arbeit getan. »Geh zum Zeugmeister und hol deinen Kram ab.«
    »Jawohl, Madugu.« Nasrid lachte.
    Der Guerillastützpunkt hatte seine Zeugmeisterei in der 3. Etage. Hier mischten sich die Gerüche von Gewürzen, Waffenöl und Plastik, bei den ersten Atemzügen verspürte Björn einen Niesreiz. Zwei gelangweilte Männer mit weißen Kappen saßen an einem Tresen und spielten Mancala. Sie blickten nicht einmal von dem Holzbrett auf, als er direkt neben ihnen stand. »Und?«, sagte einer von ihnen. »Was willst du?«
    »Unsere Sachen«, antwortete Björn.
    Einer der Spieler stand langsam auf und fischte aus dem Regal an der Wand Björns und Tabeas Kram heraus: ihre Rucksäcke und die zusammengeklappten Rollerbikes. Er drückte Björn alles in die Hand, dann ging er in ein Hinterzimmer und kam mit der Mitrailleuse zurück, die Björn von dem EF-Offizier in der Karawanserei erbeutet hatte. Dann setzte er sich wieder hin. Björn hängte sich die Waffe um und klemmte sich den anderen Kram unter den Arm, aber er ging nicht.

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