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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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dachte sie, wie behandeln die mich hier eigentlich alle! Ich hau ab und flüchte zur EuroForce! Dann geh ich nach Deutschland zurück und der ganze Scheiß hier kann mich mal! Aber ihre Angst war ungeheuer groß, ihr Magen fühlte sich beim bloßen Gedanken an die Wüste völlig verknotet an. Wo war die EuroForce überhaupt? In welche Richtung sollte sie aufbrechen? Woher wollte sie überhaupt wissen, wo Norden, Süden, Osten und Westen war? Die Muslime verbeugten sich beim Beten immer nach Osten, sollte sie Abdellatif vielleicht auch noch beim Beten beobachten und sich die Richtung gut einprägen? Aber wenn sie einmal aus der Basis heraus war, würde ihr das nichts nützen.
    Das Rollerbike, das wusste sie, hatte Satellitennavigation, konnte sich sogar automatisch an einem einprogrammierten Kurs orientieren, aber sie hatte sich nie für diese Funktion interessiert und daher keine Ahnung, wie man sie bediente. Irgendjemand hier danach zu fragen war sicher keine gute Idee, das würde nur Aufmerksamkeit erregen. Aber hierbleiben konnte sie nicht, das fühlte sie in jeder Faser ihres Körpers. Nasrid und Hassan gingen ihr auf die Nerven, Björn machte sie wahnsinnig, vor Aslal und seinen Tuareg-Kumpanen fürchtete sie sich, der ganze Laden hing ihr schon nach wenigen Tagen zum Hals heraus, Etienne und Abdellatif ausgenommen. Und vielleicht Madjid.
    Jederzeit konnte die EF vorbeikommen und sie alle in Asche verwandeln. Wofür? Für die Freiheit der Sahara? Das war alles so öde und sinnlos. Eigentlich gab es für sie gar keine andere Lösung, als zur EF zu laufen und um Gnade zu bitten. Allerdings war das auch brandgefährlich. Der Sandsturm war ihr noch zu gut in Erinnerung, Björns ehemalige Kollegen konnten sie einfach aus der Luft abknallen, und gab es in der Wüste nicht auch Schlangen und Skorpione? Sie musste sich um Wasser kümmern. Wasser war im Rebellenlager rationiert. Wenn sie wirklich noch in dieser Nacht fliehen wollte, dann hatte sie jetzt ein paar dringende Probleme zu lösen. Sie schaukelte in ihrer Hängematte hin und her und kaute beim Nachdenken auf einer Haarsträhne herum.
    Was den Proviant betraf, half ihr der Zufall. Nina, die einzige andere Frau, die Tabea bisher in der Basis gesehen hatte, kam kurz nach drei in Tabeas und Björns Wohnhöhle. Sie war das klassische Mädchen für alles, machte sich überall nützlich, beim Kochen, beim Waffenreinigen, an den Computern der Basis, manchmal betätigte sie sich auch als Briefträgerin, wenn Nas-rid sogar in der Basis Funkstille halten wollte. An diesem Tag hatte sie wieder eine andere Aufgabe übernommen: Sie verteilte Extrarationen, um die Moral der Truppe ein wenig zu heben. Die Extrarationen bestanden aus Nährstoffriegeln der EF. Das Zeug schmeckte gar nicht mal so übel, wie Tabea bereits wusste, es war Aslal und seinen Leuten in rauen Mengen bei der Aktion in die Hände gefallen, bei der sie auch die drei Gefangenen gemacht hatten. Nina, im grünen Kampfanzug, wie immer mit tiefen Sorgenfalten im Gesicht, kramte in ihrem großen Rucksack, den sie von Wohnhöhle zu Wohnhöhle, von Quartier zu Quartier trug, und händigte Tabea vier Nährstoffriegel aus. Tabea sah ihre Chance. Sie beschwerte sich darüber, wie sie hier immer Hunger hatte, und dass diese vier Riegel ja wohl auch nichts daran ändern würden, ihr Magen knurre die ganze Zeit, ob man sie etwa verhungern lassen wolle? Nasrid habe da oben ja sogar Kirschen und für die kämpfende Truppe gebe es immer nur vergammeltes Couscous!
    Nina sah sie erschrocken an und sagte: »Was redest du da? Hör auf damit! Hier hast du noch ein paar Extrariegel, aber sag’s nicht weiter, und hör bloß auf mit dem Gerede von Nasrid und seinen Kirschen.« Sie schulterte ihren Rucksack und wollte schon verschwinden, da schoss Tabea eine Frage durch den Kopf, die sie schon länger hatte stellen wollen: »Warum nennt man Nasrid eigentlich den Fürst der Skorpione 7 .« Nina drehte sich ruckartig um und sagte leise: »Wo immer du das herhast – vergiss es am besten gleich wieder.« Dann ging sie. Tabea zuckte mit den Achseln. Dass sie hier nicht mal nach der Bedeutung einer Redewendung fragen durfte, die sie von zwei Fenneks im Vorübergehen aufgeschnappt hatte, bestärkte sie nur in ihren Fluchtplänen. Jetzt hatte sie immerhin insgesamt elf Nährstoffriegel. Zwei davon musste sie Björn abtreten, drei reichten für einen Tag, also verfügte sie über Proviant für drei Tage.
    Um an Wasser zu kommen, musste sie

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