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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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strenger Geruch nach vergammelter Wolle, Sand und Dung ihre Nase. Von da führte ein Gang nach rechts, Tabea folgte ihm und stand plötzlich in einem Kamelstall. Hier herrschte ein Licht wie in der Wüste kurz vor Sonnenuntergang, der Boden war sandig, Mauern und Decke konnte sie nur schwer ausmachen, es war viel wärmer als in der Garage. Es gab keine Boxen und keine Tränken wie in Kuh- oder Pferdeställen; die Kamele lagen einfach nebeneinander auf dem Boden. Tabea begriff: Die Tiere sollten glauben, sie befänden sich unter freiem Himmel. Zum Glück waren sie angebunden. Einige wandten ihr die Köpfe zu. Der ganze Stall wurde unruhig, als sie sich weiter hineinwagte, manche der Tiere blökten, bleckten die Zähne und schienen nach ihr schnappen zu wollen. Sie bekam Angst, wollte aber trotzdem sehen, wie weit sie kam, bevor sie sich in die Flucht schlagen ließ. Plötzlich, ohne Vorwarnung, klaffte ein Loch in der Wand, ein Mann kam hindurch, der ein Kamel an der Leine hinter sich herführte. Er war gekleidet wie ein Tuareg, auf dem Kopf trug er den typischen blauen Turban, sein Gewand schimmerte, in seinem Gürtel steckte ein Säbel und in der linken Hand trug er eine Mitrailleuse. Er stutzte, als er die Unruhe im Stall bemerkte, bei Tabeas Anblick richtete er die Waffe auf sie und bellte etwas auf Arabisch.
    Tabea riss die Hände hoch. »Nicht schießen!«, flehte sie auf Euro.
    »Wer bist du?«, schrie der Fremde zurück. »Wie kommst du hierher? Weiß der Madugu, dass du hier bist? Antworte!«
    »Halt, halt, halt«, rief jemand in ihrem Rücken und ging an ihr vorbei auf den Tuareg zu, mit beruhigend erhobenen Händen. Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung erkannte Tabea, dass Etienne ihr zu Hilfe gekommen war. »Das ist in Ordnung. Ich kenne sie. Du weißt noch nichts von ihr, Aslal, weil du unterwegs warst. Sie ist erst heute mir ihrem Freund hier angekommen, Nasrid weiß Bescheid.«
    »Du solltest besser auf deine Freundinnen aufpassen«, sagte Aslal. »Sie hat hier im Stall nichts verloren. Schaff sie raus.« Er hängte sich die Mitrailleuse über die Schulter und führte das Kamel zu seinem Liegeplatz. Mit einem Stöckchen in der rechten Hand brachte er es dazu, niederzuknien und sich dann hinzulegen. Jetzt folgten weitere Tuareg mit ihren Kamelen. An eines der Tiere waren drei Männer gebunden. Sie trugen zerrissene Uniformen, wie sie Tabea schon von der feindlichen Patrouille kannte. Offensichtlich hatten die Tuareg drei EF-Soldaten gefangen genommen. Alle drei waren verletzt. »Seid ihr immer noch da?«, schrie Aslal Etienne an. »Komm, hauen wir ab«, sagte Etienne leise zu Tabea. »Hier riecht’s mir zu stark nach Dung.«
    Tabea folgte ihm nur zu gern nach draußen in die Werkstatt. Sie gingen in eine kleine Höhle gleich neben der Werkstatt, die aussah, als würde sie als Aufenthaltsraum genutzt. Hier gab es Spinde, Poster von leicht bekleideten Sängerinnen oder Schauspielerinnen an den Wänden, zwei, drei wackelige Tische und ein paar schmutzige Kissen auf dem Fußboden, der länger nicht gefegt worden war. Etienne ging zu einem der Schränke und nahm ein weiß eingewickeltes Päckchen und eine Thermoskanne heraus.
    »Hör mal«, sagte er, als er sich gesetzt hatte, »eins musst du begreifen. Du kannst hier nicht einfach in der Basis herumlaufen und deine Nase in Sachen stecken, die dich nichts angehen. Vor allem nicht als…«
    »… Frau?«, fragte Tabea schnippisch.
    »Genau«, sagte Etienne, als habe er den sarkastischen Unterton in ihrer Stimme nicht bemerkt. »Wir sind das hier nicht gewohnt, weißt du, es gibt nur wenige Frauen hier, und sie kommen nicht aus dem Norden.«
    »Na, fabelhaft«, gab Tabea zurück. »Ich komme aber nun mal zufällig aus dem Norden. Und was wollt ihr jetzt mit mir machen? Mich in einen Sack stecken und festbinden?« Etienne wickelte das Päckchen aus. Kalte Falafel in Fladenbrot. Als Tabea das Essen sah, fing ihr Magen so laut zu knurren an, dass selbst Etienne es hörte. Er lachte und hielt ihr eines der gefüllten Brote hin.
    Sie nahm es zögernd an und biss hinein. Feuer! Das war viel schärfer als jede Falafel, das sie je in Deutschland gegessen hatte. Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie auf dem brennenden Kloß in ihrem Mund herumkaute. Etienne betrachtete sie grinsend. Weil sie sich keine Blöße geben wollte, lächelte sie zurück. Etienne goss ihr aus der Thermoskanne ein. »Wenn das Brennen ein wenig nachlässt, spülst du mit Tee nach. Aber erst

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