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Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Titel: Der Fundamentalist, der keiner sein wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamed
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aufspringen. Nur keine Angst, Sir; ich habe Ihnen ja schon gesagt, dass in Pakistan Stromschwankungen und -ausfälle üblich sind. Jetzt reagieren Sie aber unnötig heftig, so dunkel ist es auch wieder nicht. Der Himmel über uns ist noch immer leicht gefärbt, und ich kann Sie ganz deutlich sehen, wie Sie da stehen mit der Hand im Jackett. Ich versichere Ihnen: Niemand wird versuchen, Ihnen die Brieftasche zu stehlen. Für eine Stadt dieser Größe gibt es in Lahore erstaunlich wenig Kleinkriminalität. Setzen Sie sich doch wieder, ich bitte Sie, oder wollen Sie mich zwingen, ebenfalls aufzustehen? Denn ich finde es ungehörig, sitzen zu bleiben, wenn mein Gast sich unbehaglich fühlt.
    Ah, sie sind wieder an! Gott sei Dank. Es war lediglich eine kurze Störung. Und Sie – springen auf wie eine Maus, über der plötzlich der Schatten eines Falken schwebt! Ich würde Ihnen gern einen Whiskey anbieten, um Ihre Nerven zu beruhigen, wenn ich nur könnte. Einen Jack Daniel’s vielleicht? Sie lächeln; da bin ich wohl auf etwas gestoßen, für das Sie eine Schwäche haben. Leider sind alle Getränke auf diesem Markt, deren Ursprung man in Ihr Land zurückverfolgen könnte, kohlensäurehaltige Limonaden. Das ginge auch? Dann rufe ich sofort unseren Kellner.

5
    Sehen Sie nur, Sir: Jetzt fliegen Fledermäuse über dem Platz herum. Gruselig, sagen Sie? So eine herrlich amerikanische Ausdrucksweise – habe ich viele Jahre nicht gehört! Ich finde sie nicht gruselig, ich mag sie sogar ganz gern. Sie erinnern mich an meine Jugendtage, da stürzten sie sich immer auf uns herab, wenn wir im Pool meines Großvaters schwammen; vielleicht verwechselten sie uns mit Fröschen. Damals waren in Lahore noch größere Nachttiere heimisch – fliegende Füchse, wie mein Vater sie nannte –, und wenn wir abends die Mall Road entlangfuhren, sahen wir sie kopfüber in den Kronen der ältesten Bäume hängen. Heute gibt es sie nicht mehr; möglich, dass sie, wie die Schmetterlinge und Leuchtkäfer, eher einer Traumwelt angehörten, die mit der Verschmutzung und Verstopfung einer modernen Metropole nicht vereinbar ist. Heute sieht man sie nur hin und wieder in der ländlichen Peripherie.
    Aber die Fledermäuse leben weiterhin hier. Sie sind erfolgreiche Stadtbewohner wie Sie und ich, flink genug, um sich der Entdeckung zu entziehen, und schlau genug, um zwischen den Menschenmassen zu jagen. Ich bewundere ihre Fähigkeit, durch die Stadtlandschaft zu navigieren; egal, wie nahe sie den Gebäuden kommen, nie stoßen sie dagegen. Schmetterlinge wiederum klatschen häufig auf die Windschutzscheiben fahrender Autos, und einmal habe ich gesehen, wie ein Leuchtkäfer immer wieder gegen das Fenster eines Hauses stieß, außerstande, das Glas zu begreifen, das ihm den Weg versperrte. Vielleicht fehlte den fliegenden Füchsen das Radar oder die Beweglichkeit ihrer kleineren Vettern, und sie rasten daher gegen die neueren Büro- und Geschäftsgebäude von Lahore, die sich höher als je zuvor emporreckten, und fanden den Tod. Wenn das so ist, dann wären sie in New York schon lange ausgestorben – genauso wie in Manila!
    Als ich auf den Philippinen ankam, um mit meinem ersten Projekt für Underwood Samson zu beginnen, war ich schrecklich aufgeregt. Wir waren First Class geflogen, und nie werde ich das Gefühl vergessen, wie ich in meinem Anzug zurückgelehnt auf meinem Sitz thronte und von einer attraktiven und – ja, ich war wirklich so dreist, mir die Annahme zu gestatten – koketten Stewardess Sekt serviert bekam. Ich sah mich selbst als wahren James Bond, nur jünger, dunkler und womöglich auch besser bezahlt. Wie seltsam, sich jetzt an diese Zeit zu erinnern; wie schnell meine Selbstgefälligkeit später schwand!
    Aber ich eile voraus. Ich wollte Ihnen noch von Manila erzählen. Waren Sie schon einmal im Osten, Sir? Ach, ja! Für einen Amerikaner sind Sie wirklich weit gereist – eigentlich für einen Bewohner eines jeden Landes. Ich werde zunehmend neugieriger, in welcher Branche Sie tätig sind, aber vorerst ist es Ihnen anscheinend lieber, dass ich fortfahre. Da Sie nun schon im Osten waren, muss ich Ihnen ja nicht erklären, wie ungeheuer sich dieser Teil des Erdballs verändert. Ich erwartete, eine Stadt wie Lahore vorzufinden oder vielleicht Karatschi, stattdessen wurde ich mit Wolkenkratzern und Superhighways konfrontiert. Doch, auch Slums gab es in Manila; man sah sie auf der Fahrt vom Flughafen: riesige Bezirke, in denen Männer in

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