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Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Der Fundamentalist, der keiner sein wollte

Titel: Der Fundamentalist, der keiner sein wollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamed
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Kompliment. So haben sie auch mich genannt, als ich anfing. Und ich war ein cooler Hund. Ich habe mir nie anmerken lassen, dass ich das Gefühl hatte, nicht in diese Welt zu gehören. Genau wie Sie.«
    Es war nicht das erste Mal, dass Jim so mit mir redete; ich war mir immer unsicher, wie ich darauf reagieren sollte. Ein Geständnis, das sein Publikum mit einschließt, ist, wie wir beim Kricket sagen, immer ein höllisch schwer zu spielender Ball. Bestreitet man es, kränkt man den Gestehenden, akzeptiert man es, räumt man die eigene Schuld ein. Also sagte ich ziemlich vorsichtig: »Warum haben Sie nicht dazugehört?« Er lächelte – wieder so, als durchschaute er mich mühelos – und antwortete: »Weil ich auf der schlechten Seite aufgewachsen bin. Mein halbes Leben habe ich vor dem Süßigkeitenladen gestanden und hineingeschaut. Und in Amerika hat man, egal, wie arm man ist, durch das Fernsehen einen guten Blick darauf. Aber ich war bettelarm. Mein Vater starb an Brand. Mir entgeht also die Ironie keineswegs, die im Kauf einer Flasche fermentierten Traubensafts für hundert Eier liegt, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Ich dachte darüber nach. Wie ich Ihnen schon sagte, bin ich nicht in Armut groß geworden. Allerdings mit der Sehnsucht des armen Jungen, in meinem Fall nicht danach, was meine Familie nie gehabt hatte, sondern was sie gehabt und verloren hatte. Einige meiner Verwandten klammerten sich an fantasierte Erinnerungen wie Obdachlose an ein Lotterielos. Ihr Crack war Nostalgie , wenn Sie so wollen, und meine Kindheit war übersät von den Folgen ihrer Sucht: Schulden, die sie nicht begleichen konnten, Erbstreitereien, hier ein Alkoholiker, da ein Selbstmord.
    Darin waren Jim und ich uns tatsächlich ähnlich: Er war außerhalb des Süßigkeitenladens aufgewachsen, ich auf seiner Schwelle, als gerade die Tür geschlossen wurde.
    Andere aus dem Team gesellten sich zu uns an die Bar, doch Jim saß, den Arm auf meiner Hockerlehne, in einer Weise da, dass ich das Gefühl hatte, er habe mich buchstäblich unter seine Fittiche genommen. Es war ein gutes Gefühl, und es wurde noch besser, als ich sah, wie das Hotelpersonal auf ihn reagierte; sie hatten Jim als vermögenden Mann identifiziert, und die freundlichen Blicke und die Aufmerksamkeit, die er erhielt, waren ziemlich beeindruckend. Ich war der einzige Nicht-Amerikaner der Gruppe, doch ich vermutete, dass mein Pakistanisein unsichtbar war, verdeckt von meinem Anzug, meinem Spesenkonto und – vor allem – meinen Begleitern.
    Und dennoch ... Nein, ich sollte hier einmal innehalten, denn vermutlich werden Sie das, was ich als Nächstes sagen möchte, eher schwer verdaulich finden, und ich möchte Sie warnen, bevor ich fortfahre. Außerdem ist meine Kehle ausgedörrt; die Brise hat sich anscheinend völlig gelegt, und es ist, obwohl es schon dunkel ist, noch immer ziemlich warm. Möchten Sie noch eine Limonade? Nein? Sie sind neugierig, sagen Sie, und möchten, dass ich fortfahre? Nun gut. Ich gebe nur schnell unserem Kellner ein Zeichen, dass er mir noch eine Flasche bringt; da, schon geschehen. Er kommt, und wie er sich beeilt; man könnte meinen, wir wären seine einzigen Kunden! Ah, köstlich: genau das habe ich jetzt gebraucht.
    Der folgende Abend sollte unser letzter in Manila sein. Ich war in meinem Zimmer und packte meine Sachen. Ich schaltete den Fernseher an und hielt das, was ich da sah, erst für einen Film. Doch als ich weiterschaute, wurde mir klar, dass es keine Filmszenen waren, sondern die Nachrichten. Ich sah mit an, wie einer – und danach der andere – der Zwillingstürme des World Trade Center in New York einstürzte. Und dann lächelte ich. Ja, so abscheulich es auch klingen mag, meine erste Reaktion war eine bemerkenswerte Freude.
    Ihre Abscheu ist nicht zu übersehen; ja, Ihre große Hand hat sich, vielleicht haben Sie das gar nicht gemerkt, zur Faust geballt. Aber bitte glauben Sie mir, wenn ich Ihnen sage, dass ich kein Soziopath bin; das Leid anderer ist mir nicht gleichgültig. Wenn ich höre, dass bei einem Bekannten eine schwere Krankheit diagnostiziert worden ist, empfinde ich – fast durchweg – einen empathischen Schmerz, ein Stechen in den Nieren, so stark, dass ich scharf die Luft einziehe. Bittet man mich um eine Spende für die Wohlfahrt, komme ich ihr nach, wenigstens soweit es meine bescheidenen Mittel zulassen. Wenn ich Ihnen also sage, dass ich mich über den Mord an Tausenden Unschuldiger freute, dann bin

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