Der galaktische Kontakt
mit totaler Perfektion. Sie alle beweisen eins, die Idee des Fortschritts ist eine grausame Illusion.«
»Ich kann dir nicht zustimmen.«
»Weil du die Vergangenheit verleugnest. Du kämpfst eine Schlacht, die schon viele Male verlorengegangen ist. Snow unterlag Leavis vor Jahrzehnten, davor konnte Wells nicht gegen Gissing gewinnen und Matthew Arnold gegen Thomas Huxley.«
Joseph nahm einige Bücher heraus.
»Snow nannte es den Konflikt zweier Zivilisationen, der von den Wissenschaften geprägten gegen die traditionell akademische. Heute ist der Kampf zwischen dem Bleibenden und dem Sich-Ändernden. Wenn du älter bist, wirst du einsehen, daß die guten Dinge im Leben die beständigen sind. Änderungen sind immer verderblich.«
Würdevoll blies er den Staub von einem Buch. »Daher habe ich Angst vor dem Projekt Lifeline. Ich hoffe sehr, daß nie ein Signal aus dem All aufgefangen wird, denn der Kontakt mit einer höherstehenden Zivilisation kann unsere Welt zerstören. Wenn du einen Vergleich willst, dann denke an die unberührten Kulturvölker dieser Erde, die erstmals in Kontakt mit dem europäischen Fortschrittsgedanken kamen. Was brachte man ihnen? Whisky, Missionare und die Syphilis.«
»Du irrst dich«, sagte Adam. »Bei mir trifft so etwas nicht zu.«
»Du bist irregeleitet«, antwortete Joseph. »Fortschritt kann die menschliche Lebenssituation nicht heilen.«
Aber man muß heilen und helfen, dachte Adam. Die Menschen verdienten etwas Besseres als das, was Tante Victoria oder seiner Mutter widerfahren war. Er wollte Besseres für sich und für Kayren. Selbst der Senator und Joseph verdienten mehr, als ihnen diese alte Welt zu geben vermochte.
»Ich glaube an den Fortschritt«, beharrte er. »Ich kann kein Pessimist sein.«
»Eines Tages wirst du erkennen, daß Pessimismus der bessere Weg ist«, konterte Joseph. »Pessimisten erleben gelegentlich positive Überraschungen, aber Optimisten werden immer enttäuscht.«
Adam wollte sich weiter verteidigen, aber sein Schädel begann zu brummen. Er wußte zudem, daß er nicht gewinnen konnte. Joseph hatte für alles eine akademisch untermauerte Antwort parat.
Er entschuldigte sich und ging zu Bett.
Verwirrende Gedanken an Kayren, an den General und an Joseph Runescribe verwirrten ihn für Augenblicke. Schließlich konzentrierte er sich auf sein endgültiges Versprechen, dem Projekt Lifeline zu dienen. Und schnell war er eingeschlafen.
2.
Der Diamant kam am nächsten Morgen in einem eingeschriebenen Päckchen mit einer Notiz von Kayren. Sie wollte den Ring nicht behalten, bis er von seinem idiotischen Vorhaben abließ. Das Wort idiotisch war zweimal unterstrichen.
Er bat seine Mutter, den Stein zu verwahren. Ihre Migräne war etwas besser, als sie sich in ihrem abgedunkelten Zimmer zu einem kurzen Gespräch trafen. Sie erzählte von seinem Vater, dem großartigen Astronauten, der an dem Projekt auf dem Mond gearbeitet hatte, bevor Adam geboren worden war.
»Natürlich liebe ich Joe«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Er war immer ein lieber, guter Mann. Der Bischof sagte, er sei wie ein echter Monk. Aber ich werde nie deinen Vater vergessen. Er hat mein Herz gebrochen.«
Sie schneuzte in ein parfümiertes Taschentuch.
»Adam, mein Lieber, ich habe dich immer geliebt, denn du hast viel von ihm. Deine Schritte klingen wie seine, eines Tages wird deine Stimme seine sein. Du kannst es doch nicht wirklich tun, nicht wegen deiner armen Mutter …«
Er fühlte sich unglücklich und wollte ihr erklären, warum er gehen mußte. Aber sie würde ihm gar nicht zuhören. Sie hatte plötzlich wieder starke Kopfschmerzen. Er drückte den Diamant in ihre Hand und ging hinaus, um Joseph zu bitten, ihr eine Tablette zu bringen.
Am nächsten Tag fuhr Joseph ihn zum Raumhafen. Seine Gedanken belebten sich beim Anblick der glitzernden Jets. Seine Familie war einst der Inhalt seines Lebens gewesen. Er hatte immer ein stolzes Prickeln empfunden, wenn er darauf hinweisen konnte, daß sein mittlerer Name Monk war. Er liebte seine Mutter unvermindert. Sie war stark, schön und tapfer gewesen. Sein Herz schlug noch für Kayren.
Aber er hatte das alles hinter sich gelassen.
Er dachte mit voller Absicht nicht mehr an die Warnung des Generals. Seine Überlegungen gingen in die Zukunft, zu den Wundern des Mondes, zu der Herausforderung des Projekts, zum ersten Kontakt.
Der Anblick der Mondstartrampe überschwemmte ihn mit einer Woge der Begeisterung. Das
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