Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag
der Wäscherei, mein Herr«, erwiderte die schwarze
Baskenmütze mit einem Akzent, der vielleicht in einem Schweizer Kanton entstanden sein mochte, den einmal Hermann Göring geleitet hatte.
»Alles?« «
»Eine Aufmerksamkeit von Chäteau Machenfeld. Alles war schmutzig.« «
»Lächerlich!« Sam gab sich Mühe, die Stimme nicht zu erheben. Er wollte Ginny nicht wecken. »Niemand hat mich gefragt ... «
»Sie haben geschlafen, mein Herr«, unterbrach ihn die schwarze Baskenmütze und grinste verschwörerisch, wobei sein Goldzahn glänzte. »Sie waren sehr müde.«
»Nun, und jetzt bin ich sehr zornig! Ich will meine Kleider haben. Sofort!«
»Das geht nicht.«
»Warum nicht?«
»Die Wäscherei hat heute geschlossen.«
»Was? Warum haben Sie die Sachen dann hingebracht?«
»Das sagte ich Ihnen doch, mein Herr. Weil sie schmutzig waren . «
Sam starrte in die Katzenaugen auf der anderen Seite des Korridors. Sie hatten sich drohend verengt, und der Goldzahn war jetzt nicht mehr zu sehen, weil das Grinsen erloschen und der Mund ganz schmal geworden war. Sam schloß die Tür. Er mußte nachdenken. Schnell. Mac würde sagen, er müßte seine strategischen Hilfsmittel überdenken. Und er mußte hier raus.
Er hielt sich nicht gerade für einen Schläger, aber er war auch alles andere als ein Feigling. Er war ziemlich kräftig gebaut, und gleichgültig, was Lillian in Berlin gesagt hatte, er befand sich in recht guter Kondition. Trotzdem, wenn man alles in Betracht zog, so mußte man wohl davon ausgehen, daß der Verrückte in der schwarzen Baskenmütze dort draußen Hackfleisch aus ihm machen würde. Abgesehen davon, daß er nackt war, konnte er das Zimmer also nicht über die Treppe verlassen.
Strategie eins überdacht und verworfen.
Blieben also die Fenster, genauer gesagt, der kleine Balkon auf der anderen Seite der Tür.
Er hob seine Unterhose vom Boden auf, schlüpfte hinein und ging lautlos hinaus. Das Zimmer lag drei Stockwerke über der Erde, aber unmittelbar darunter war ein weiterer Balkon zu sehen. Wenn er sich am Bettlaken oder am Vorhang hinunterließ, würde er das ohne große Mühe schaffen.
Strategie zwei war also möglich.
Er ging wieder hinein und studierte die Vorhänge. Seine Mutter in Quincy hätte sie als Frühlingsvorhänge bezeichnet. Seide, dünn und durchsichtig, nicht kräftig. Strategie zwei begann zu verblassen. Dann fiel sein Blick auf die Bettlaken, wobei er den einladenden Anblick von Regina ignorierte, die sich jetzt mehr außerhalb der Daunendecke als darunter befand. Wenn man die Laken mit den Vorhängen vereinigte, würden sie ihn wahrscheinlich tragen. Strategie zwei begann wieder Gestalt anzunehmen.
Kampfkleidung.
Das war ein Problem. Außer Damenkleidern war da nichts.
Angenommen also, daß Strategie zwei Erfolg hatte und er den Boden erreichte, mußte er die Strategien drei und vier in Betracht ziehen. Und während er dies tat, sank seine Zuversicht wieder. Er konnte entweder in Unterhosen, die ihm immer wieder auf die Knöchel herunterrutschten, in Machenfeld herumrennen, oder er konnte eines von Ginnys Balenciaga-Kleidern anziehen und hoffen, daß die Reißverschlüsse hielten.
Ein Mann, der in rutschenden Unterhosen oder einem Original der Pariser Haute Couture herumrannte und Menschen alarmierte, würde vermutlich nicht allzu ernst genommen werden. Vielleicht galt es, sich mit den Strategien fünf und sechs auseinanderzusetzen – eingesperrt oder vergewaltigt zu werden.
Scheiße!
Er mußte einen klaren Kopf behalten. Er mußte sich jetzt
zusammenreißen und gründlich nachdenken. Langsam. Er durfte nicht zulassen, daß der Evakuierung etwas so Unwichtiges wie seine Kleidung im Wege stand. Was konnte der Hawk tun? Wie hieß dieser verdammte Ausdruck, den er so häufig benutzte?
Versorgungspersonal! Das war es.
Sam rannte wieder auf den Balkon hinaus. Der Mann in der Kochmütze war immer noch damit beschäftigt, Dinge auf seiner Liste abzuhaken. Wahrscheinlich würde er eine Woche dazu brauchen.
»Pst! Pst!« Devereaux beugte sich über das Geländer und erinnerte sich im letzten Augenblick daran, daß er die Unterhose nicht loslassen durfte. »He, Sie!« flüsterte er, so laut er konnte.
Der Mann blickte auf, war zuerst erschreckt, lächelte dann aber breit.
»Ahh! Bonjour, Monsieur! ça va?« schrie er.
Sam legte den Zeigefinger an die Lippen. »Pst!« Er bedeutete dem Koch, näherzukommen.
Der Mann kam der Aufforderung nach und nahm dabei eine
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