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Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag

Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag

Titel: Der Gandolfo-Anschlag - Ludlum, R: Gandolfo-Anschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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— einfach, indem er die Realität dazu benutzte, um seine allgemeine Stärke noch zu stützen — indem er ein Ärgernis in einen Aktivposten verwandelte.
    »Annie hat ein Problem, Mr. Rechtsanwalt«, sagte der Hawk, als sie in Devereaux’ Zimmer saßen. »Ich denke, Sie könnten das einmal vom juristischen Standpunkt aus beleuchten. Unternehmen Sie etwas, wenn das alles vorbei ist.«
    »Alle Probleme verblassen zur Belanglosigkeit ...«
    » Aber dieses nicht. Sehen Sie, Annies Familie — die ganze gottverdammte Familie — hat mehr Zeit im Gefängnis als außerhalb verbracht. Mutter, Vater, Brüder — sie war das einzige Mädchen — hatten alle Vorstrafenlisten, die den größten Teil der Polizeiakten in Detroit ausmachten.«
    »Darauf bin ich aber nie gestoßen. In den Datenbänken ist davon nichts enthalten.« Devereaux sah sich einen Augenblick lang von seinen eigenen Sorgen abgelenkt. MacKenzie
versuchte jetzt nicht, ihn hereinzulegen. In seinen Augen stand kein Feuer, nur Traurigkeit — Wahrheit. Aber in Annes Akte wurden keine Vorstrafen erwähnt. Wenn er sich richtig erinnerte, wurde sie nur als die Tochter eines obskuren Lehrerehepaars aus Michigan bezeichnet, das Gedichte in mittelalterlichem Französisch geschrieben hatte. Beide Eltern waren tot.
    »Natürlich nicht«, sagte der Hawk. »Ich habe das alles für die Army geändert. Und alles andere auch, insbesondere das, was Annie betraf. Für das Mädchen war das eine schwere Last — das hat sie niedergedrückt.« MacKenzie senkte die Stimme, als wären diese Worte für ihn schmerzhaft, aber eine Realität, die man nicht einfach wegwischen konnte. »Annie war eine Nutte. Sie hatte Schwierigkeiten, als sie aufwuchs, und arbeitete auf den Straßen. Damals wußte sie es nicht besser. Sie hatte kein Zuhause, im buchstäblichen Sinn. Wenn Sie nicht als Nutte tätig war, verbrachte sie ihre Zeit in Bibliotheken, sah sich die ganzen hübschen Magazine an und malte sich aus, wie es sein müßte, ein anständiges Leben zu führen. Sie versuchte die ganze Zeit, ihre Lage zu verbessern, und hörte nie auf zu lesen. Jetzt ist sie immer noch eine Leseratte, obwohl sich ihre Lebensumstände entschieden gebessert haben. Weil sie im Kern ein sehr wertvoller Mensch ist. Und das war sie immer.«
    Sams Gedächtnis machte einen Sprung zurück ins Savoy. Anne im Bett — mit einer farbenfrohen Taschenbuchausgabe von >Die Frauen von Heinrich VIII‹ auf dem Schoß ... Und dann, später, die Worte, die sie mit soviel Überzeugung ausgesprochen hatte, während sie sich anzog — Worte, die ihr viel bedeuteten ...
    Devereaux blickte zum Hawk auf und wiederholte sie mit leiser Stimme: »>Man darf das Äußere nicht zu sehr verändern, sonst bringt man das Innere durcheinander.‹ Sie hat gesagt, das würde von Ihnen stammen.«
    MacKenzie schien in Verlegenheit zu geraten. Offensichtlich hatte er den Satz nicht vergessen. »Sie hatte Probleme. Wie ich gerade sagte, im Kern war da ein Mensch, den sie gar
nicht richtig erkannte, zum Teufel, aber ich habe ihn erkannt. Jeder hätte ihn erkannt.«
    »Und worin besteht ihr juristisches Problem?« fragte Sam.
    »Es geht um diesen gottverdammten Kellnergigolo, den sie geheiratet hat. Seit sechs Jahren steckt sie jetzt mit diesem Knallkopf zusammen. Er war ein Strandcasanova mit heißen Hosen, und er hat es nur ihr zu verdanken, daß ihm heute ein paar Restaurants gehören. Sie hat diese Restaurants aufgebaut. Sie ist verdammt stolz darauf. Und diese Art zu leben gefällt ihr. Eine schöne Aussicht über das Wasser — all die Boote ... Nette Leute ... Sie lebt jetzt anständig, und sie hat es geschafft.«
    »Und?«
    »Er will sie loswerden. Er hat sich ein anderes Weib angelacht und will nicht mehr auf Annie hören. Eine Scheidung in aller Stille — und sie soll verduften.«
    »Und sie will die Scheidung nicht?«
    »Das ist unwesentlich. Sie will die Restaurants nicht verlieren. Das ist eine Frage des Prinzips, Sam. Sie hat so hart dafür gearbeitet.«
    »Er kann sie ihr nicht einfach wegnehmen. Da muß eine Besitzregelung getroffen werden, und die kalifornischen Gesetze sind da ziemlich hart.«
    »Das ist er auch. Er ist nach Detroit gefahren und hat ihre Polizeiakte ausgegraben.«
    Sam überlegte. »Das ist ein juristisches Problem.«
    »Werden Sie sich darum kümmern?«
    »Von hier aus kann ich nicht viel tun. Da geht es um eine Konfrontation, eine große Auseinandersetzung. Feuer gegen Feuer, man muß Gegenanklagen ausgraben.«

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