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Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Titel: Der Gang vor die Hunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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Breitkopfs Bauch, auf der südlichen Hälfte und dem Inhaber nicht sichtbar, klebten Wattebäusche und ein vergilbter Gazestreifen. Der Direktor entfernte die Dinge und legte die breite, mit Fäden gesteppte, entzündete Narbe bloß. »Sehen Sie sich’s nur gründlich an«, sagte er.
    Sie gingen vor dem haarigen nackten Menschen, der noch immer ihr Direktor war, in Kniebeuge. »Donnerwetter!« rief Fischer. Er tat, als sähe er den Pik von Teneriffa oder das achte Weltwunder. Breitkopf warf, soweit die Bemühung das Hemd mit dem Kinn festzuhalten, es zuließ, stolz den Kopf zurück. »Toll!« behauptete Fischer. »Und da liegen Sie nicht im Bett? Das ist ja unverantwortlich.«
    »Man kennt seine Pflicht«, meinte der Chef.
    »Können Sie eigentlich von dort oben aus die Narbe sehen?« erkundigte sich Fabian. Er kauerte noch immer. Breitkopf schüttelte das Haupt und sagte: »Nur im Spiegel. Ich kann doch nicht um die Ecke gucken.«
    Fischer lachte, weil es scheinbar erwartet wurde, verlor das Gleichgewicht und saß kichernd in der Stube. An der Tür klinkte jemand. »Geschlossene Gesellschaft!« rief Fischer. Im Korridor entfernten sich Schritte. »Na, nun aber Schluß der Vorstellung!« sagte Fabian. Der Direktor kehrte ihnen die Rückseite zu und legte die Gaze und die Watte wieder vorsichtig über den Bauch. Die Angestellten holten das Korsett vom Sofa und banden es dem alten Nacktfrosch um. »Vorsichtig«, meinte er, »oben ins dritte Loch, unten ins zweite!«
    Fabian fühlte das dringende Bedürfnis, Herrn Breitkopf einen Klaps auf die ausgedehnte, doppelbäckige Rückenpartie zu geben. Doch so einfach ist das Leben nicht, daß man unbedenklich seinen Regungen frönen dürfte! Selbstbeherrschung ist nötig. Wo kämen wir hin, wollten wir jedem nackten Hinterviertel, das sich uns aufdrängt, Eins versetzen! Während Fabian darüber nachdachte, was aus der Weltgeschichte Alles hätte werden können, wenn Josephine Beauharnais ihrem Bonaparte, späterem Napoleon I., gelegentlich, wenn nicht gar wiederholt und in regelmäßigen Abständen, den Podex vollgehauen hätte, zog sich der Direktor wieder an. Fischer hielt Weste und Jackett bereit. Breitkopf fuhr hinein, dankte flüchtig und fand sich langsam wieder im zugeknöpften Zustande zurecht. Er erwartete Rückäußerungen.
    »Es war sehr interessant«, behauptete Fischer.
    »Es war geradezu aufschlußreich«, meinte Fabian und lächelte dem dicken Mann ins Gesicht.
    »Hoffentlich macht Ihnen nun Ihr Blinddarm nicht mehr zu schaffen«, fügte Fischer im Gratulationston hinzu.
    »Aber der ist ja doch raus«, sagte Fabian, »oder sollte man Ihnen das Bauchfell aufgetrennt und zugenäht haben, ohne den Blinddarm herauszunehmen? Es kommen in dieser Hinsicht schreckliche Sachen vor. Ich weiß von Fällen, wo der Chirurg eine Pinzette und, ein anderes Mal, eine Schere zwischen den Därmen liegen ließ. Einem Bekannten meiner Portierleute passierte das sogar zweimal. Er machte daraufhin eine Eingabe an die Leitung des Krankenhauses: man solle doch, bequemlichkeitshalber, seinen Bauch zum Auf- und Zuknöpfen einrichten. Das Gesuch wurde meines Wissens abschlägig beschieden.«
    »Machen Sie keine Witze mit dem armen Herrn Direktor!« rief Fischer. Breitkopf blickte Fabian streng an. »Reden wir von etwas Andrem.«
    »Richtig, Sie waren vorhin so freundlich, eine Gehaltszulage zu erwähnen. Wann kann ich wohl damit rechnen?« fragte Fabian.
    »Wer die Gehaltszulage erwähnte, waren Sie. Ich teilte Ihnen lediglich mit, daß die Firma mit Ihren Werbeentwürfen zufrieden ist. Das ist kein ausreichender Anlaß für Gehaltszulagen. Umso weniger, als Sie fast jeden Morgen zu spät in den Betrieb kommen. Sie verdienen Lob und Tadel gleichzeitig. Mit anderen Worten, Sie verdienen nicht mehr, als Sie verdienen.«
    »Ich verdiene zu wenig! Was, glauben Sie, fange ich mit den zweihundertsiebzig Mark an, die Sie mir monatlich überreichen lassen?«
    »Ich bin nicht neugierig«, antwortete Herr Breitkopf gereizt. »Die Privatangelegenheiten unserer Angestellten sind nicht meine Sache. Übrigens, warum kommen Sie regelmäßig zu spät? Haben Sie etwa noch einen Nebenberuf, Herr Fabian? Dazu bedürfte es einer ausdrücklichen Genehmigung.«
    »Ich habe aber trotzdem einen.«
    »Wie? Sie haben einen Nebenberuf? Dacht ich mir’s doch! Was tun Sie denn?«
    »Ich lebe«, sagte Fabian.
    »Leben nennen Sie das?« schrie der Direktor. »In Bars und Tanzsälen treiben Sie sich rum! Leben nennen

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