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Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Titel: Der Gang vor die Hunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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indem sie dem Patienten mit einem Beil den Kopf abschlagen. Allerdings wird die Blutvergiftung dabei aufhören zu existieren, aber auch der Patient, und das heißt, die Therapie zu weit treiben.«
    Herr Strom hatte von den Krankheitsbildern endgültig genug und suchte das Weite. Am Ecktisch stand mühsam ein dicker Mann auf, versuchte dem Redner den Kopf zuzuwenden, aber der Hals war zu massiv, und so sagte er in die verkehrte Richtung: »Mediziner hätten Sie werden sollen.« Dann plumpste er wieder auf seinen Stuhl. Dort packte ihn plötzlich die helle Wut, und er brüllte: »Geld brauchen wir. Geld. Und wieder Geld!«
    Münzer nickte und flüsterte: »Montecucculi
[recte: Montecuccoli]
war auch ein Schwein.« Dann weinte er wieder weiter
.
    Der Dicke vom Ecktisch konnte sich nicht beruhigen. »Einfach lächerlich«, knurrte er. »Geistige Erneuerung, Trägheit des Herzens, einfach lächerlich. Geld her, und wir sind gesund. Das wäre ja gelacht wäre das ja!«
    Eine Frau, die ihm gegenübersaß und die genau so dick war wie er, fragte: »Aber wo kriegen wir denn das Geld her, Arthur?«
    »Hab’ ich dich gefragt?« schrie er, schon wieder aufgebracht. Dann beruhigte er sich endgültig, hielt den Kellner, der vorbeiging, am Rockschoß fest und sagte: »Noch ein Sülzkotelett, und Essig und Öl.«
    Malmy zeigte zu dem Dicken hinüber und meinte: »Habe ich recht? Wegen solcher Idioten soll man den Kopf hinhalten? Ich denke nicht daran. Es wird weitergelogen. Es ist richtig, das Falsche zu tun.«
    Münzer hatte sich’s bequem gemacht, lag auf dem Sofa und schnarchte schon, obwohl er noch gar nicht schlief. »Und Ihr Auto habe ich doch«, grunzte er und drehte die Pupillen zu Malmy hinüber.
    Kurz darauf kamen Strom und Irrgang zurück. Sie kamen Arm in Arm daher und sahen aus, als hätten sie die Gelbsucht. »Ich vertrage keinen Alkohol«, erläuterte Irrgang entschuldigend. Die zwei nahmen Platz.
    »Ein Kriegsprodukt«, sagte Strom. »Eine bedauernswerte Generation.« Dieser Theaterkritiker konnte die selbstverständlichsten und unstreitigsten Dinge äußern, sobald er es war, der sie behauptete, wirkten sie unglaubwürdig und reizten zum Widerspruch. Hätte er, in seinem Pathos von der Stange, erklärt, zweimal zwei sei vier, Fabian hätte plötzlich an der Richtigkeit der Rechnung gezweifelt. Er wandte sich von dem Mann ab und betrachtete Malmy. Der saß steil auf dem Stuhl und war mit dem Blick sonstwo, dann gab er sich, weil er sich beobachtet fühlte, einen Ruck, sah Fabian an und sagte: »Man sollte sich mehr zusammennehmen. Schnaps zerfrißt den Maulkorb.«
    Münzer schnarchte jetzt auf erlaubte Weise, er schlief. Fabian erhob sich und gab den Journalisten die Hand, zuletzt dem Handelsredakteur.
    »Aber vielleicht haben Sie recht«, meinte Malmy und lächelte traurig.
     
    »Ich bin nicht mehr ganz nüchtern«, sagte Fabian, als er vor der Tür stand, zur Nacht. Er schätzte jenes frühe Stadium der Trunkenheit, das einen glauben machen will, man spüre die Umdrehungen der Erde. Die Bäume und Häuser stehen noch ruhig an ihrem Platz, die Laternen treten noch nicht als Zwillinge auf, aber die Erde dreht sich, endlich fühlt man es einmal! Doch heute mißfiel ihm auch das. Er ging neben seinem Schwips her und tat, als kennten sie einander nicht. Was war das für eine komische Kugel, ob sie sich nun drehte oder nicht! Er mußte an eine Zeichnung von Daumier denken, die »Der Fortschritt« hieß. Daumier hatte auf dem Blatt Schnecken dargestellt, die hintereinander herkrochen, das war das Tempo der menschlichen Entwicklung. Aber die Schnecken krochen im Kreise!
    Und das war das Schlimmste.
     
    VIERTES KAPITEL
    Eine Zigarette, groß wie der Kölner Dom – Frau Hohlfeld ist neugierig – Ein möblierter Herr liest Descartes
    Am nächsten Morgen kam Fabian müde ins Büro. Außerdem hatte er einen Kater. Fischer, der Kollege, begann die Arbeit wie immer damit, daß er zunächst frühstückte.
    »Wo nehmen Sie bloß den permanenten Hunger her?« fragte Fabian. »Sie verdienen weniger als ich. Sie sind verheiratet. Sie haben ein Sparkonto. Und dabei essen Sie derart viel, daß ich davon mit satt werde.«
    Fischer kaute hinter. »Das liegt bei uns in der Familie«, erklärte er. »Wir Fischers sind dafür berühmt.«
    »Man sollte Ihrer Familie ein Denkmal bauen«, sagte Fabian ergriffen.
    Fischer rutschte unruhig auf dem Stuhl umher …
    was nützt Ihnen das Frühaufstehen –
EA : …
was nützt Ihnen und

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