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Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Titel: Der Garten der verlorenen Seelen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Sie würde ihnen sagen, dass sie noch nie gut darin gewesen ist, Freundschaften zu schließen, dass Intisaars Kinder zwar einen netten Eindruck machten, aber auf Anweisung ihres Vater nicht ins Haus durften, dass die Nachbarskinder sie verachteten, dass sie es einfacher fand, sich mit den Freunden ihres Vaters zu unterhalten, dass ihr Gesicht verschlossen wirkt, weil sie nicht weiß, wie man ein offenes Gesicht aufsetzt. Schweigen ersetzt diesen Wortschwall, und die Einsamkeit bleibt ihr dicht auf den Fersen wie ein Schatten.
    Filsan spült ihre Tasse aus, schließt sie weg und kehrt auf ihre Stube zurück. Sie will ihr Bett machen, ehe sie zum Sitz des Mobilen Militärgerichts geht. Ihre geplante Versetzung zum Regionalen Sicherheitsrat war in dem Augenblick abgesagt worden, als sie aus Haaruuns Auto geworfen worden war; stattdessen bekam sie den Befehl, heimgekehrte Matrosen und Cafébesitzer zu observieren, die antirevolutionärer Aktivitäten verdächtig waren. Als sie die Hand auf die Türklinke legt, hört sie aus der Küche Gelächter und weiß, dass es ihr gilt; schwer zu sagen, ob die anderen es lächerlich finden, dass sie Haaruun abgewiesen hat, oder ob sie es einfach amüsant finden, dass überhaupt jemand an ihr interessiert gewesen ist.
    Als sie die Stube betritt und sich bückt, um eine Socke aufzuheben, überkommen sie Trauer, Selbsthass und Wut darüber, dass ihr Leben so unbedeutend und mickrig ist und diese Zwei-mal-zwei-Meter-Zelle das ganze Ausmaß ihrer Welt darstellen soll. Ihr Vater hatte sie eingesperrtund gesagt, sie würde die Entscheidung nicht bereuen, die er für sie treffe, sie wäre der neue Typ Frau mit den gleichen Fähigkeiten und Möglichkeiten wie jeder Mann sie habe, und jetzt lebt sie enthaltsam, stumm wie eine Nonne, der nur noch graue Haare wachsen. Ihr ganzes Leben lang hatte man sie Staub ansetzen lassen, unbeachtet wie ein Bild an der Wand, und nur durch gelegentliches Wehklagen, Toben und Zuschlagen kann sie sich kurz Gehör verschaffen.
    Der Sitz des Mobilen Militärgerichts befindet sich in einem Gebäudekomplex aus Kolonialzeiten. In Mogadischu, wo es stets schwül und diesig ist, hätte man den aus einem der Dächer ragenden Schornstein gar nicht gesehen; hier hingegen ist der Wind manchmal so kalt und beißend, dass man sich mit ein wenig Phantasie einen vor dem Feuer dösenden Engländer vorstellen kann, zu dessen Füßen ein langhaariger Hund liegt. In dem spartanischen Büro stehen zwei Schreibtische, einer für Captain Yasi und ein kleiner verkratzter für sie, Corporal Adan Ali. Sie sind für die Koordination einiger Abteilungen im Nordwesten Somalias verantwortlich, deren Zuständigkeit, seit die heftigen Angriffe der NFM-Rebellen auf Sheikh und Burao 1984 niedergeschlagen worden sind, sowohl Zivilisten als auch Militärangehörige unterliegen. Auf ihrem Schreibtisch liegt ein bunter Stapel mit Berichten, Haftbefehlen und Gerichtsprotokollen; sofort erregen zwei grüne Dokumente ihre Aufmerksamkeit, zwei weitere Todesurteile, die Colonel Magan, Staatsanwalt und Richter in einem, gefällt hat. Der Colonel arbeitet im Gebäude nebenan und kommt nur selten zu ihnen; aber aus seinen Bemerkungen, die er in roter Tinte auf den Rand ihrer Protokolle schreibt, lässt sich seine Brutalität deutlich ablesen: «Ein Possenreißer und Lügner»; «Warum sind wir den noch nicht losgeworden?» Oder besonders häufig: «Macht seine Freunde ausfindig.» Bereits jetzt hat er in diesem Jahr mehr Menschen zum Tode verurteilt als der Nationale Sicherheitsdienst oder der Regionale Sicherheitsrat. Es ist, als säße man mitten in einem Spinnennetz, zöge an diesem oder jenem Faden, ob sich dort wohl eine Fliege verfangen hat, alle sind irgendwie durch ihren Clan oder Heirat miteinander verwandt, ein Rebell führt zu einem weiterenDutzend von Rebellen, und so sind immer neue Schreibmaschinenbänder nötig.
    Sie ist eine Büroangestellte beim Militär, von den über ihr stehenden goldbetressten Männern wird sie weder beachtet noch gelobt, und es ärgert sie maßlos, dass ihre Hauptaufgaben trotz zwei Jahren im Frauenhilfskorps und fünf Jahren bei den Siegespionieren, den grünuniformierten Vollstreckern des Regimes, immer noch die einer Sekretärin sind. Hatte ihr Vater geträumt oder gelogen, als er ihr sagte, sie würde Hargeisa in seinen Grundfesten erschüttern? Oder war er betrunken gewesen? Oder hatte er sie unbedingt aus Mogadischu forthaben wollen, für den Fall, dass der auf

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