Der Garten der verlorenen Seelen - Roman

Horizont ist mit
buuls
bedeckt, die am Boden kauern und wie Sanddünen wirken, die in der Wüstenhitze kleine Wellen schlagen. Saba’ad würde fünfmal in dieses Areal reinpassen. Deqo braucht eine Stunde, bis sie das Lagererreicht. Es wimmelt von Männern im Anzug, Frauen in staubigen geblümten
dirics
und heulenden Kindern, die sich die verlausten Köpfe kratzen. Manche Männer tragen blaue UNO-Planen unter den Armen, aber die meisten Bauten sind aus Stöcken und Stoff zusammengeschustert, manche geschickt von ehemaligen Nomaden gebaut, andere fallen beinahe auseinander. Das Lager ist zu neu, als dass Wassersteigrohre, Kliniken oder Latrinen vorhanden wären, und noch gibt es Aloen, Wolfsmilch und Akazien, die für Brennholz und Bauten verwendet werden können. Vor dem einzigen offiziellen Zelt, einem riesigen Gebilde mit UNO-Logo, bildet sich eine Schlange, und Deqo stellt sich an, verfällt rasch wieder in ihre wissbegierige, ungeduldige Saba’ad-Mentalität.
    Schließlich ist sie im Zelt, und eine Äthiopierin, auf der Stirn ein tätowiertes Kreuz, winkt sie zu sich. Der Holztisch vor ihr wird beinahe vollständig von einer großen weißen Kladde bedeckt, hinter der Brille ziehen sich ihre Augenbrauen zusammen. «Name?» Sie lispelt leicht.
    «Deqo.»
    «Alter?»
    «Ungefähr zehn?»
    «Bist du allein?»
    «Nein.»
    «Mit wem bist du gekommen?»
    Deqo nimmt Anlauf, will die Sachlage erklären, erzählt dann aber die Lüge, die ihr das Herz eingibt. «Mit meiner Mutter und meiner Großmutter.»
    «Wo sind die beiden?»
    «Draußen vorm Lager, sie brauchen Hilfe, meine Großmutter kann nicht gehen.»
    «Jemand wird dir helfen.» Sie winkt Deqo zur Seite, und ein junger Somalier mit breitem Lächeln und rotem T-Shirt mit englischer Aufschrift kommt auf sie zu.
    Sanft legt er ihr die Hand auf die Schulter und führt sie aus dem Zelt. Er holt einen Rollstuhl, und Deqo bringt ihn zu Filsan und Kawsar. Sieist zurückgekehrt in die ihr vertraute Welt; der Krieg und die Zeit in Hargeisa waren nur eine schwere Prüfung gewesen, damit sie das so sehnsüchtig Erwünschte bekommt: eine Familie – mag diese auch noch so zusammengeschustert sein.

Danksagung
    Zuerst möchte ich meinen Eltern danken, meiner Mutter Zahra Farah Kahin, aus deren Geschichten dieses Buch hervorgegangen ist, und meinem Vater Jama Guure Mohamed für seine unerschütterliche Unterstützung. Dahabo Mire, Nadifo Cilmi Qassim, Fadumo Mohamed, Ayan Mahamoud, Jama Muuse Jama, Dr. Adan Abokor, Dr. Aden Ismail, Edna Adan, Fadumo Warsame, Assey Hassan, Ahmed Ibrahim Awale, Siciid Jamac, Hodan Mohamed, Amran Ali und Ikraam Jama inspirierten und ermutigen mich weiterzumachen, an diesem Buch dranzubleiben, selbst als es sich beinahe als zu schwierig erwies. Dank an die Authors’ Foundation und an Robert Elliott und Scott Brown, an alle meine Kollegen und Freunde und an meine Familie für ihre Geduld. Clare Hey, Courtney Hodell, Ben Mason –
mahadsanid
.
    Folgende Bücher erwiesen sich für diesen Roman als außerordentlich wertvoll:
    Somalia – the Untold Story: War through the eyes of Somali women
, herausgegeben von Judith Gardner und Judy El Bushra
    Somalia: A government at war with its own people
vom Africa Watch Committee
    Environment in Crisis
von Ahmed Ibrahim Awale
    Sharks and Soldiers
von Ahmed Omar Askar
    The Mourning Tree
von Mohamed Barud Ali
    A Note on my Teacher’s Group
von Jama Musse Jama
    Daughters of Africa
, herausgegeben von Margaret Busby
    « Shimbiryahow » , Liedtext von Hussein Aw Farah



 
    Titel der englischen Originalausgabe:
«The Orchard of Lost Souls», Simon & Schuster UK, London, 2013
© 2013 Nadifa Mohamed
    Für die deutsche Ausgabe:
1. Auflage. 2014
    © Verlag C.H.Beck 2014
Titel der englischen Originalausgabe: The Orchard of Lost Souls,© Nadifa Mohamed 2013
Umschlaggestaltung: Geviert, Grafik & Typographie, Conny Hepting
Umschlagabbildung: © haya_p/Getty Images
ISBN Buch 978 3 406 66313 0
ISBN eBook 978 3 406 66314 7
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