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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Unterfangen hielt.
    »Zieh an der Kette«, sagte ich zu Padraig, unwillig, mich einfach so zurückzuziehen.
    Erneut flog die Tür auf, und wieder funkelte der Mann uns an und redete wütend aufuns ein. Diesmal packte ich ihn jedoch am Hemd und riss ihn hinaus auf die Straße. Er schimpfte und fluchte und begann, mit seinen nackten Füßen nach mir zu treten.
    »Halte Frieden!«, befahl ich und hielt ihn aufArmeslänge von mir entfernt. »Wir wollen dir kein Leid antun. Hör auf, dich zu wehren. Wir wollen nur mit dir reden.«
    Er wetterte weiterhin in einem fort, trat nach mir und schwang die Fäuste. Ich hielt ihn weiter auf Abstand - sowohl zu seinem eigenen wie auch zu unserem Schutz - und dachte gerade darüber nach, was wir als Nächstes tun sollten, als in der offenen Tür ein ungewöhnlich fetter Mann in weitem Gewand erschien. Er blickte uns mit großen, trägen Augen an und fragte: »Ja?«
    Ich grüßte ihn höflich - ohne allerdings den wütenden, kleinen Mann loszulassen - und erklärte: »Jordanus war so freundlich, uns zum Abendessen einzuladen.«
    »Das sagt Ihr«, erwiderte der Mann sichtlich ungerührt von meinen Worten. Er streckte den Arm aus und klopfte dem zornigen kleinen Mann auf den Kopf, der daraufhin augenblicklich aufhörte, sich zu wehren. Ich ließ ihn los, und er huschte eilig davon.
    »Habt Ihr etwas für mich?«, fragte der fette Mann, nachdem der kleine Torwächter verschwunden war.
    Verunsichert blickte ich zu Padraig, der jedoch nur hilflos mit den Schultern zuckte. »Nein«, antwortete ich schließlich. »Hätte ich etwas für Euch haben sollen?«
    »Das zu sagen liegt an Euch.«
    »Man hat mir nichts für Euch gegeben«, erklärte ich. Ich konnte noch nicht einmal ahnen, was der Mann von mir wollte.
    »Schade«, erwiderte dieser und blickte von einem zum anderen; dann seufzte er und schwieg.
    »Ist Jordanus zu Hause?«, erkundigte ich mich nach kurzem verlegenen Schweigen.
    Der fette Mann gähnte, drehte sich um und winkte uns, ihm zu folgen. Wir traten durch die Tür und überquerten den inzwischen im Schatten liegenden Hof. Der Mann führte uns zum Haupteingang der Villa. »Wartet hier«, befahl er uns. Dann stieß er die Tür auf und verschwand in der dahinter liegenden Dunkelheit.
    Nach kurzer Zeit kehrte der kleine, dunkelhäutige Geselle wieder zurück. Er sah uns vor der Tür warten und stürzte sich sofort wild fluchend aufuns. Er schien entschlossen zu sein, uns aus dem Haus zu jagen, und das wäre ihm vielleicht auch gelungen, wäre nicht plötzlich Jordanus' Tochter aufgetaucht. Sie trug eine lange weiße Robe und hielt eine Peitsche aus geflochtenem Leder in der Hand, mit der sie augenblicklich auf den kleinen Mann eindrosch.
    »Geh, Omar!«, schrie sie und schwang die Peitsche. »Geh!«
    Ich wollte mich gerade einmischen, als ich bemerkte, dass die meisten, wenn nicht alle Peitschenhiebe nur die Erde trafen. Allerdings erzielten sie dennoch die gewünschte Wirkung, und der kleine Mann rannte davon.
    »Ihr müsst Omar verzeihen«, sagte Jordanus' Tochter und rollte die Peitsche auf. »Er fühlt sich oft nicht gut.« Sie ging zur Tür und forderte uns auf: »Hier entlang, bitte.«
    Im Haus herrschte tiefe Dunkelheit. Wie Diebe schlichen wir durch einen Gang nach dem anderen, bis wir schließlich einen Raum in einem der großen Seitenflügel erreichten. Dutzende von Kerzen auf großen Leuchtern erhellten den Raum, und man hatte sämtliche Fenster geöffnet, um der kühlen Abendbrise Zugang zu gewähren, die die Kerzenflammen flackern ließ. Es gab keine Stühle, doch wie es im Osten Brauch ist, ließen wir uns auf großen Kissen nieder, die um einen niedrigen Tisch herum lagen, über den man ein reich besticktes Damaszenertuch gebreitet hatte.
    Während unseres Besuchs aufdem Marktplatz hatten Padraig und ich die Gelegenheit genutzt, unsere Kleider reinigen zu lassen, um uns an Jordanus Tafel etwas weniger unappetitlich als heute Nachmittag zu präsentieren. Als wir den Speiseraum betraten, bot uns die Frau des Hauses eine Waschschüssel voll Duftwassers an. Rou-pen jedoch entehrte sich nicht nur dadurch, dass er die Waschschüssel ablehnte, sondern auch, indem er jeden und alles anfunkelte, als müsse er in diesem Haus Demütigungen ertragen, die ihn geradezu körperlich schmerzten.
    Die Frau verschwand und überließ uns unserer Waschung. Allerdings waren wir nur einen Augenblick lang allein, da kehrte sie schon wieder zurück. Hätte ich sie nicht gerade erst gesehen,

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