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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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und ihr Gesicht erhellte sich schlagartig. »Holt sie zurück; dann werde ich Euch einen Platz zeigen, wo Ihr Euch ausruhen und erfrischen könnt.«
    Ich ging hinaus und berichtete Padraig und Roupen, dass sich unser Plan ein wenig geändert hatte. Nachdem wir uns wieder zu Jor-danus' Tochter im Hof gesellt hatten, sagte sie: »Da wir zusammen essen werden, muss ich noch einmal auf den Markt. Im Hof ist es kühl, und am Brunnen könnt Ihr Euch erfrischen. Ich bin bald wieder zurück.«
    Ich dankte ihr für ihre Aufmerksamkeit, doch als sie sich daraufhin verabschieden wollte, verlangte Roupen zu wissen: »Willst du etwa mit ihnen essen?«
    Bevor ich daraufantworten konnte, fügte er hinzu: »Ich esse nicht mit Juden!« Mit diesen Worten deutete er auf eine Bronzescheibe über der Haustür; darauf waren zwei einfache Dreiecke zu sehen, die so übereinander gelegt waren, dass sie den Stern Davids bildeten, ein Symbol, das von den Juden häufig verwendet wird.
    »Mit Juden setze ich mich nicht an einen Tisch«, knurrte Rou-pen wütend. »Ihr beide könnt ja tun und lassen, was ihr wollt, aber ich breche kein Brot mit ihnen. Da würde ich lieber verhungern.«
    »Dann tu das«, erwiderte ich entsetzt ob seiner groben Unhöflichkeit. Ich hatte ihn noch nie so erregt und wütend gesehen.
    »Es sind Juden!«, protestierte er unverblümt. »Man kann ihnen nicht trauen. Wir brauchen sie ohnehin nicht. Ich gehe.« Mit diesen Worten machte er auf dem Absatz kehrt, schritt durchs Tor und eilte die Straße hinunter. Padraig rannte ihm hinterher, um ihn zu beruhigen und zurückzuholen, damit er um Verzeihung bitten konnte.
    Über die Unhöflichkeit des jungen Armeniers zutiefst beschämt drehte ich mich rasch zu Jordanus' Tochter um, um mich bei ihr zu entschuldigen. »Es tut mir Leid, gute Frau. Die Dringlichkeit unserer Angelegenheit hat ihn über die Maßen erregt, doch das ist keine Entschuldigung für sein ungehobeltes Benehmen.« »Und was ist mit Euch?«, fragte Jordanus' Tochter in scharfem Tonfall. »Denkt Ihr auch so schlecht über die Juden?«
    »Ich muss gestehen, dass ich noch nie einen Juden kennen gelernt habe«, antwortete ich und fügte in dem verzweifelten Bemühen, Rou-pens Verhalten wieder gutzumachen, hinzu: »Doch wenn sie im Allgemeinen auch nur halb so höflich und großzügig sind wie Ihr, dann sind sie in der Tat ein nobles Volk - und ich werde jedem aufs Heftigste widersprechen, der das Gegenteil behauptet.«
    Sie antwortete auf diese Bemerkung mit einem abfälligen Schnaufen und starrte mich an; ihre dunklen Augen suchten die meinen, während sie nachdenklich die Lippen schürzte. Nach einem Augenblick fragte sie: »Wollt Ihr immer noch mit uns zu Abend essen?«
    »Es wäre mir eine Ehre, gute Frau.«
    »Dann dürft Ihr heute Abend wieder zurückkehren.«
    »Mit Vergnügen«, erwiderte ich noch immer bemüht, Roupens Ausfall vergessen zu machen. »In der Zwischenzeit werde ich versuchen, meinen jungen Freund zu beruhigen und ihm bessere Manieren beizubringen.«
    »Tut das«, sagte Jordanus' Tochter in scharfem Ton. »Vielleicht findet Ihr dabei auch Zeit, über Folgendes nachzudenken: Mein Vater und ich, wir sind keine Juden.«
    »Nein?«
    »Wir sind Kopten«, erklärte sie, verschwand im Hof und schlug die Tür hinter sich zu.

    ir verbrachten den kurzen Rest des Tages aufdem Marktplatz ixü der Oberstadt. Dank Padraigs priesterlicher Bemühungen und beruhigt durch die Tatsache, dass unsere Gastgeber doch keine Juden waren, ließ sich der hochmütige junge Fürstensohn davon überzeugen, doch an dem Abendessen teilzunehmen und von weiteren Beleidigungen abzusehen.
    Als ein blasser gelber Mond über den Hügeln aufging, standen wir schließlich abermals vor der niedrigen Tür in der hohen Mauer, nachdem wir den weiten Weg bergauf gekommen waren. Neben der Tür hing ein eiserner Ring an einer Kette. Padraig zog kräftig daran, und irgendwo im Inneren läutete eine Glocke. Wir warteten eine Zeit lang, doch nichts geschah; also zog Padraig noch einmal an dem Ring und auch noch ein drittes Mal - nur um sicherzugehen. Der Mönch wollte gerade ein viertes Mal an dem Ring ziehen, als plötzlich die Tür aufflog und ein kleiner brauner Mann seinen Kopf heraussteckte. Er stieß eine Flut von Schmähungen aus, die jedoch keiner von uns verstehen konnte; dann warf er die Tür wieder ins Schloss.
    »Da! Seht ihr?«, knurrte Roupen, der nur allzu bereit war, etwas aufzugeben, was er ohnehin für ein hoffnungsloses

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