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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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ich hätte sie nicht als dieselbe Person wiedererkannt. Sie hatte sich der weißen Robe entledigt und trug nun ein Gewand aus dem dünnsten, feinsten Stoff, den ich je gesehen hatte. Mehr noch - der dünne Stoff schimmerte im Kerzenlicht mit einem Glanz wie Mondstrahlen auf dem Wasser. Das Kleid war mitternachtsblau und tief ausgeschnitten, sodass wir deutlich die Wölbung ihrer Brust erkennen
    konnten. Ein breites goldenes Stofftuch hielt es wie ein Gürtel an ihrer schlanken Taille zusammen und betonte ihre wohlgeformten Hüften. Ihr dunkles, lockiges Haar fiel offen über ihre bloßen Schultern.
    Unerwarteterweise erfüllte mich der Anblick ihrer schlanken, wohlgeformten Arme mit einem derartigen Verlangen, wie ich es nicht mehr verspürt hatte, seit meine geliebte Rhona mich zum letzten Mal an ihr Herz gedrückt hatte. Es fiel mir mehr als schwer, die Frau nicht offen anzustarren, als sie uns einlud, uns zu setzen und es uns bequem zu machen. »Ich habe meinen Vater von Eurer Ankunft berichtet«, sagte sie. »Sobald er fertig ist, wird er sich zu uns gesellen.«
    »Eure Freundlichkeit, gute Frau, wird nur noch von Eurer Schönheit übertroffen«, sagte ich und wünschte mir, mir wäre etwas anderes eingefallen als diese abgedroschene Schmeichelei.
    Dennoch lächelte sie ob dieses Kompliments, und mir kam der Gedanke, dass sie trotz ihrer forschen Art vielleicht doch nicht so selbstbewusst war, wie es im ersten Augenblick den Anschein hatte. Aufjeden Fall lebte sie in einem verrückten Haus und war schlichte Höflichkeit vermutlich nicht gewöhnt. »Ich heiße Sydoni«, verriet sie mir.
    »Ich bin Duncan Murdosson von Caithness«, erwiderte ich und streckte ihr zum Gruß die Hand entgegen. Ohne zu zögern legte sie ihre Hand in die meine, und ich hob sie in die Höhe, um sie leicht mit den Lippen zu berühren. Dann stellte ich ihr Padraig und Roupen vor. Ich erklärte ihr gerade, wer sie waren und warum wir zusammen reisten, als Jordanus den Raum betrat.
    Grimmig und mit fest aufeinander gepressten Lippen reagierte er aufunsere Anwesenheit mit kalter, wenn nicht gar feindseliger Gleichgültigkeit. Unser unglücklicher Gastgeber ließ sich sichtlich verärgert am Kopf der Tafel nieder, und seine große Gestalt sackte förmlich in sich zusammen. Er seufzte und stöhnte, knurrte und murmelte vor sich hin, und er gab sich alle Mühe, jedem zu zeigen, dass er sich nichts sehnlicher wünschte, als in diesem Augenblick irgendwo anders zu sein, nur nicht hier. Das war ein äußerst beschämendes
    Verhalten für einen Gastgeber, so viel stand fest, und es hätte mir sicherlich auch den Abend verdorben, hätte ich nicht nur Augen für Sydoni gehabt, und diese ignorierte die Unfreundlichkeit ihres Vaters mit einer Gelassenheit, als wäre er unsichtbar. Dieser Abend gehörte ihr, und sie würde ihn sich von niemandem ruinieren lassen.
    Nachdem wir uns alle gesetzt hatten, bot Sydoni jedem eine Schüssel mit in süßer Soße gekochten Birnen an, die man hatte auskühlen lassen und die mit einem Gewürz veredelt worden waren, das ich noch nie zuvor gekostet hatte. Es war bitter, fast beißend, und es verursachte ein warmes Kribbeln im Mund. Als ich fragte, was das sei, lächelte Sydoni und antwortete: »Man nennt es Zimt.«
    Roupen grunzte, als wolle er damit sagen, dieses Gewürz sei ja nun wirklich so gewöhnlich, dass es nicht der Rede wert war. Ich jedoch fand es wundervoll und pries es in den höchsten Tönen. Für das nächste Gericht fand ich auch Worte des Lobes: Fischrogen, Frischkäse und Sahne gewürzt mit Knoblauch und Limonensaft, alles gemischt zu einer dicken Paste, die wir uns aufs Brot strichen. Es gab auch süßen Wein und mehrere Sorten Obst.
    Nachdem wir unseren Teil davon gegessen hatten, trug Sydoni das nächste Gericht auf: gebratene Wachteln mit Brotkrumen, Nüssen und Kräutern. Mit Honig glasiert waren die schmackhaften Vögel derart vollkommen zubereitet, dass selbst Roupen widerwillig das Talent des Kochs loben musste. Bevor ich mich versah, hatte ich schon zwei davon gegessen, und ich griff gerade nach dem dritten, als ich bemerkte, dass Sydoni mich beobachtete. Sie lächelte das stolze Lächeln einer Frau, die mit sich selbst zufrieden war. Diesen Gesichtsausdruck kannte ich gut; Rhona hatte auch stets so gelächelt, wenn sie mir etwas gekocht hatte, von dem sie wusste, dass ich es genoss.
    Das Essen und der Wein wirkten ihre uralte Magie, und nach und nach wurden sowohl Roupen als auch Jordanus

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