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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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verzichtete darauf, auch noch den Rest zu verpacken. Warum auch sollte er das alles mit sich schleppen? Stattdessen eilten wir Julian hinterher, doch die Straßen waren überfüllt, und es war nicht leicht durchzukommen. Als wir das Tor erreichten, sahen wir, dass die Karawane angehalten hatte und die angeheuerten Männer in alle Richtungen davongerannt waren, und Julian war nirgends zu sehen. Wir machten uns auf die Suche nach ihm, fragten jeden, der uns über den Weg lief, doch niemand vermochte uns etwas zu sagen.
    Schließlich fanden wir einen unserer Karawanenführer, der uns berichtete, dass Julian wieder zurückgekehrt sei, da er durch das Gewühl nicht hatte durchkommen können. Die Torwachen verlangten daraufhin ein zweites Bestechungsgeld von ihm. Als Julian sich weigerte, packten ihn die Soldaten und schleppten ihn fort; jene unserer Leute, die ihm helfen wollten, bedrohten sie an Leib und Leben. Der Mann zeigte uns, wohin die Soldaten Julian gebracht hatten, und dort fanden wir dann auch seinen zerschundenen Leib. Die Soldaten hatten ihn wieder und wieder geschlagen, ihn dann auf einen Misthaufen geworfen und verbluten lassen.« Sydoni versagte die Stimme, und eine Zeit lang saßen wir schweigend da und lauschten dem Knistern des sterbenden Lagerfeuers.
    »Wir konnten nichts tun«, fuhr sie schließlich fort. »Julian war tot, und allmählich wurde es dunkel. Wir mussten weiter, sonst wären auch wir dem Tod geweiht gewesen. Dennoch konnte ich meinen Vater nur mit großer Mühe dazu bewegen zu gehen. Wir bezahlten den Karawanenführer, damit er sich um die Leiche kümmerte, und machten uns auf den Weg zurück zum Tor. Die gierigen Soldaten hatten es jedoch bereits geschlossen und weigerten sich, es zu öffnen, solange mein Vater ihnen nicht die Hälfte seines Goldes gab. Am Ende nahmen sie sich natürlich mehr als nur das. Den Rest ließen sie uns nur, weil sie zu faul waren, die Packtiere zu entladen.
    Wir brauchten neun Tage, um Tyros zu erreichen«, sagte sie, und abermals drohte ihr die Stimme zu versagen. »Und mit jedem Schritt dieser Reise verhärtete sich das Herz meines Vaters immer mehr -besonders Balduin und den anderen christlichen Führern gegenüber. De Bracineaux half uns, nach Zypern überzusetzen, und er sandte mehrere seiner Templer nach Sidon und Tripolis, um unsere Schiffe zurückzufordern. Die Kaufleute dort hatten davon gehört, dass man die Christen aus Damaskus ausgewiesen hatte, und sie hatten angenommen, dass Jordanus getötet worden sei. Doch es war Julian, den man erschlagen hatte.«
    Sie drehte sich zu mir um, und Tränen glitzerten in ihren Augen. »Jetzt wisst Ihr, was geschehen ist«, sagte sie.
    Ich bereute meine Neugier; hätte ich gewusst, dass ich ihr so große Schmerzen bereiten würde, ich hätte nicht gefragt. »Es tut mir Leid, Sydoni«, murmelte ich und fühlte ihr Leid wie Blei in meinem Herzen. Ich wünschte, ich hätte ihr erspart, sich diese schrecklichen Ereignisse noch einmal ins Gedächtnis zurückrufen zu müssen, um sie mir zu erzählen. Ich wollte ihr den Arm um die Schultern legen und sie an mich drücken, doch ich wusste nicht, wie sie es aufnehmen würde, wenn ich sie auf diese Art tröstete.
    »Das war vor zwei Jahren, und seit dem Tag, da wir Damaskus verlassen haben, habe ich mit niemandem mehr darüber gesprochen«, sagte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Und von nun an werde ich auch nie wieder darüber sprechen.«
    Das konnte ich ihr nicht verübeln.

    II cht Tage ritten wir nun schon auf dieser Straße, und in der gan-Wzen Zeit hatten wir nur eine Hand voll anderer Reisender getroffen: ein paar Bauern und Schäfer, die sich auf dem Weg zu einem weit entfernt liegenden Markt befanden oder von dort wieder zurückkehrten, vier griechische Priester und eine Gruppe von Kaufleuten, die ihr Glück bei den Armeniern machen wollten. Letztere gesellten sich zu uns und hofften, bis Anavarza mit uns reisen zu können, was wir ihnen schlecht verweigern konnten, zumal sie auch Pferde besaßen, um mit uns mitzuhalten. Abgesehen davon verlief die Reise vollkommen ereignislos. Noch dazu gleicht in dieser Gegend ein von Felsen übersäter Hügel dem anderen.
    Wir schliefen, aßen und ritten weiter, und mit jedem Tag wurden alle zunehmend reizbar. Jordanus, der zu Beginn der Reise einen solchen Eifer an den Tag gelegt hatte, verließen allmählich die Kräfte; er war ein alter Mann, und sein Körper vermochte mit seiner Leidenschaft nicht mehr

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