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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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dass Herr Roupen vor der Stadtmauer wartet

und darum bittet, mit seiner Familie vereint zu werden.«
    Das rief einige Verwirrung bei den Wachen hervor. Ihr Anführer deutete aufden Mann, der ihm am nächsten stand. »Du hast es gehört«, sagte er und stieß den Mann vor die Brust. »Lauf!«
    Der Soldat eilte davon und verschwand im Torhaus. »Ich bitte Euch um Verzeihung, Herr«, murmelte der Wachmann. »Wir wussten nicht, dass Ihr es seid.«
    Roupen schien geneigt, sich mit dem Kerl heftig anzulegen; doch bevor er etwas sagen konnte, mischte sich Nurmal ein: »Spart Euch den Atem, mein Freund. Dieser Irrtum wird schon bald geklärt sein.«
    Die Mauern von Anavarza schlängelten sich an einem großen, breiten Hügel entlang und waren über ihre gesamte Länge hinweg mit runden Türmen bewehrt. Mehr noch: Trotz des friedlichen, ruhigen Tages waren die Türme bemannt, und auch auf den Wehrgängen waren Soldaten zu sehen. Als ich Nurmal darauf hinwies, erwiderte dieser: »Das habe ich sofort bemerkt. Ich glaube, sie erwarten irgendjemanden ... aber nicht uns.«
    Roupen hörte das nicht, denn er stapfte aufgeregt zwischen uns und den Wachen hin und her; der Mangel an Respekt, den man ihm entgegenbrachte, machte ihn zunehmend wütender. Ich beschloss, dass es besser war, seine schlechte Laune zu ignorieren, und so setzte ich mich auf einen Felsen neben der Straße und wartete darauf, dass die anderen uns einholten. Nurmal löste einen Wasserschlauch vom Sattel, trank und reichte ihn mir. »Ich fürchte, es ist sehr warm; aber solange wir nichts Besseres bekommen.«
    Ich trank, stand dann auf, schüttete mir etwas Wasser in die Hand und gab es meinem Pferd. Aufdiese Art trank das durstige Tier den letzten Rest Flüssigkeit im Schlauch, und ich wollte gerade einen neuen holen, als Roupen rief: »Seht! Meine Brüder!«
    Zwei Männer traten aus dem Torhaus - sie glichen dem jungen Herrn nicht im Mindesten. Während er schlank, ja geradezu zerbrechlich wirkte, waren sie stämmig und muskulös. Die einzige Ähnlichkeit zwischen ihnen, die ich zu erkennen vermochte, war das dichte schwarze Haar . welches ich allerdings bei jedem Armenier
    bemerkt hatte, dem wir bisher begegnet waren.
    Als sie den jungen Mann erblickten, riefen sie einen Gruß, und Roupen rannte ihnen entgegen. Die Soldaten waren sichtlich verlegen, da sie fürchteten, durch ihre treue Pflichterfüllung den königlichen Haushalt verärgert zu haben, und so sanken sie förmlich in sich zusammen, während die drei ungleichen Brüder ihr glückliches Wiedersehen feierten, welches die Torleute so eifrig hatten verhindern wollen.
    Die beiden Männer packten den Jüngeren, hoben ihn in die Höhe und drückten ihn an sich; dann klopften sie ihm so kräftig aufden Rücken, dass er unwillkürlich zusammenzuckte, und die ganze Zeit über redeten sie in einer unverständlichen Sprache aufeinander ein. Die beiden stämmigen Männer stießen den Jüngling hierhin und dorthin, so wie es nur Brüder tun, und ich fühlte mich an Eirik erinnert und wie er sich mir gegenüber verhalten hatte, als wir noch jünger waren.
    Nurmal und ich näherten uns den dreien und warteten darauf, dass man uns bemerkte. Schließlich drehte Roupen sich grinsend um und sagte: »Meine Freunde, dies hier sind meine Brüder!« Er deutete auf den Älteren der beiden. »Das ist Thoros.« Höflich verneigte sich der Mann. »Und das ist Konstantin.« Auch dieser neigte respektvoll den Kopf.
    Dann stellte Roupen mich rasch vor und bedeutete den Brüdern, wäre ich nicht gewesen, dann würde er jetzt nicht hier stehen. »Dun-can hat mir das Leben gerettet«, sagte er stolz, »und das nicht nur ein-, sondern zweimal. Er ist ein wahrer Freund.«
    Der ältere Bruder, Thoros, trat daraufhin vor mich, packte meine Hand und umfasste sie mit beiden Händen. »Wir stehen in Eurer Schuld, Herr. Heute Nacht werden wir zu Euren Ehren ein Fest abhalten, um die Rückkehr unseres Bruders zu feiern.« Ich nahm die Einladung mit einer bescheidenen Verbeugung an, woraufhin Thoros sich Nurmal zuwandte.
    »Ah! Nurmal, mein lieber Freund. Ich hätte wissen müssen, dass Ihr etwas damit zu tun habt.«
    »Ich habe nicht im Geringsten etwas damit zu tun, Herr«, erwiderte der Pferdehändler höflich. »Die Entschlossenheit dieser Wanderer reichte aus, um sie nach Anavarza zu bringen. Ich habe ihnen die Reise nur ein wenig erleichtert.«
    An mich gewandt sagte Thoros: »Habt Ihr das gehört? Glaubt kein Wort davon! Nichts

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