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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Bündel, sodass sein Kopfunmittelbar darüber hing und schlug vorsichtig das feuchte Leder von dem Manuskript. Bruder Thomas gesellte sich auf der anderen Seite des Tisches zu ihm, und nur wenige Augenblicke später hatten die beiden die zusammengerollten Papyrusblätter enthüllt.
    Sie betrachteten die feuchte, langsam verrottende Masse, als wäre es der Kadaver eines viel geliebten Hundes, und schnalzten traurig mit den Zungen. Am Rand der Rolle war bereits grüner Schimmel zu sehen, und die Papyri stanken. Die beiden Mönche blickten einander an und schüttelten die Köpfe. »Ich fürchte, es ist, wie der Abt gesagt hat«, erklärte mir Ambrosios traurig. »Da können wir nichts machen. Die Papuri können nicht wiederhergestellt werden. Es tut mir Leid.«
    Auch wenn ich mich auf diese Antwort vorbereitet hatte, so war ich doch enttäuscht.
    »Ich bin sicher, dass Ihr Recht habt«, erwiderte Padraig rasch, »und damit haben wir auch schon gerechnet. Aber vielleicht könnt Ihr mir sagen, ob ich mit meiner Vermutung richtig liege, dass man diese Seiten kopieren kann.«
    Diese Frage hatte eine weitere, eingehendere Untersuchung zur Folge sowie eine längere Diskussion zwischen den beiden Meisterschreibern. Vorsichtig zogen sie ein Blatt heraus und brachten es zum nächsten Fenster, um es ins Licht zu halten und sorgfältig zu betrachten. »Das könnte man«, räumte Thomas vorsichtig ein. »Jedes einzelne Blatt des Papuros muss langsam getrocknet und geglättet werden, damit es nicht zerbricht.«
    »Dann«, fuhr Ambrosios fort, »ist es vielleicht möglich, abzuschreiben, was einst hier gestanden hat. Auch wenn es Latein ist«, er schüttelte sich, »so ist die Schrift doch schön und offen. Man könnte der Spur der Feder folgen, auch wenn jetzt so gut wie nichts mehr davon zu sehen ist.«
    »Das wäre zwar sehr aufwendig«, bemerkte Thomas und blickte zu seinem Oberen, »aber durchaus möglich.«
    »Das sind wahrhaft gute Neuigkeiten«, sagte der Abt. »Allerdings fürchte ich, dass wir nicht in der Lage sind, diese anstrengende Arbeit für Euch zu unternehmen. Wir sind nur eine kleine Gemeinschaft, und wir haben bereits jetzt so viel Arbeit, dass wir auf lange, lange Zeit hin keine neue mehr annehmen können.«
    »Ich bin bereit, Euch zu bezahlen«, bot ich an. »Eine solche Arbeit verlangt viel Können und Mühe, das weiß ich. Ich wäre mehr als glücklich, Euch bezahlen zu dürfen, was immer Ihr verlangt.«
    »Bitte«, sagte Demitrianos und hob abwehrend die Hand, »Ihr missversteht mich. Ich wollte Euch kein Geld entlocken. Ich will Euer Silber nicht. Ich sage Euch die Wahrheit, meine Freunde. So gerne ich Euch auch helfen würde«, entschuldigend breitete er die Arme aus, »aber.«
    »Verzeiht mir, mein Herr Abt«, meldete sich Ambrosios zu Wort. »Mir ist gerade etwas eingefallen. Auf ein Wort?«
    Er führte den Abt ein Stück beiseite, und die beiden sprachen einen Augenblick lang leise miteinander. Ich hörte den Abt sagen: »Also gut.« Und dann drehte er sich um, lächelte und sagte: »Unser Bruder hat mich gerade aufetwas aufmerksam gemacht, was ich übersehen hatte. Er hat mir erklärt, dass es doch einen Weg gibt, Euch zu helfen - vorausgesetzt, Ihr seid damit einverstanden.«
    »Ich versichere Euch, dass ich mit allem einverstanden bin - im Rahmen der Vernunft«, erwiderte ich, »und im Rahmen meiner Börse.«
    »Die Arbeit, die wir hier tun, ist nicht nur für uns bestimmt, sondern für alle in der Welt. Sie dient der Erbauung und der Verbreitung von Wissen, und das nicht nur für uns, sondern auch für die Nachwelt. Das ist auch der Grund dafür, warum wir so sorgfältig arbeiten - damit unsere Nachkommen die Früchte unserer Arbeit ernten können.« Er deutete auf den älteren Mönch, der uns hoffnungsvoll anblickte. »Bruder Ambrosios hat mich daran erinnert, dass das, was Ihr über Euren Aufenthalt im Heiligen Land geschrieben habt, sich für kommende Generationen vielleicht als einmalige Quelle unseres vergänglichen Zeitalters erweisen könnte. Er schlägt vor, dass wir Euch Eure Bitte erfüllen sollen.«
    »Es freut mich, dass zu hören«, erwiderte ich erleichtert.
    »Es gibt nur eine Bedingung«, sagte Abt Demitrianos und hob die Hand, um meine Geduld auf die Probe zu stellen. »Dass Ihr uns gestattet, nicht nur eine, sondern zwei Kopien anzufertigen.«
    »Eine Kopie ist natürlich für Euch«, sagte Ambrosios, der sich nicht länger zurückhalten konnte, »und die andere für uns.«
    Mir war

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