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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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kleinen, verblassten und - ich muss es sagen - sehr schlichten Ikone der Jungfrau Maria, die von niemand anderem gemalt worden sein soll als vom heiligen Evangelisten Lukas. Nachdem ich dieses Wunder längere Zeit betrachtet hatte, hatte ich das Gefühl, etwas unendlich Altes und Bedeutungsvolles gesehen zu haben.
    Da ich jedoch solche Dinge noch nie so recht habe schätzen können, muss ich gestehen, dass es nicht das Bild der jungen Frau mit den schwermütigen Augen war, was mich so sehr beeindruckte, sondern die Ehrfurcht, mit der die Mönche die wertvolle Reliquie behandelten. Ihre Liebe und Verehrung kam aus dem Herzen und beschämte die hochmütigen Kreuzfahrer, die so achtlos das Heilige Kreuz entweiht hatten. Es war schier unglaublich, wie oft jene, die geschworen hatten, die Reliquie zu schützen, diese aufschändliche Art missbraucht hatten. Die Ehrfurcht und Demut dieser Mönche erfüllte meinen Entschluss mit neuer Kraft, den Schwarzen Stamm so weit wie möglich von den Templern fortzuschaffen.
    Die Mönche von Agios Moni lebten ein einfaches Leben der Arbeit und des Gebets. Sie bauten Getreide und Gemüse an, züchteten Hühner und Schafe . und all das teilten sie bereitwillig mit den Armen, die Tag für Tag vor ihr Tor kamen, um Nahrung und Kleidung zu erbetteln. Sie waren geschickte Heiler, eine Kunst, für die sie zu Recht berühmt waren, und sie verteilten ihre Tränke und Salben überall dort, wo sie gebraucht wurden. Auch unterhielten sie einen Weinberg, aus dem sie einen köstlichen Wein gewannen, den sie ihren Gästen servierten. Der Wein war süß und schwer und stand in dem Ruf, Heilkräfte zu besitzen, weil er auf heiligem Boden gewachsen war.
    Die Ordensregeln verboten es den Mönchen, während der Mahlzeiten zu reden, doch während unseres Besuchs wurde diese Regel gelockert, damit Padraig und ich den guten Brüdern von unserem Aufenthalt im Heiligen Land berichten konnten. In Wahrheit war
    es hauptsächlich Padraig, der das Reden übernahm, denn mein Griechisch war bei weitem nicht fließend genug, um genau das auszudrücken, was die Mönche hören wollten. So saß ich am Tisch neben dem Abt und genoss einen köstlichen Eintopfaus Lamm und Gerste, während Padraig am Pult stand, wo normalerweise der Vorbeter Bibeltexte zitierte. Er sprach gut und schmückte den Bericht mit geschickten Porträts der Menschen und Orte aus, die wir auf unseren Reisen gesehen hatten. Er berichtete von meiner Gefangenschaft bei den Sarazenen und Seldschuken und von meiner Flucht
    - er ließ mich weit tapferer erscheinen, als ich mich zu dem Zeitpunkt gefühlt hatte - und wurde mit einem anerkennenden Murmeln belohnt. Nachdem er geendet hatte, stand die gesamte Gemeinschaft - fünfunddreißig bis vierzig Mönche, würde ich schätzen - zu seinen Ehren auf, während der Abt ihm mit einem Segen dankte.
    Nach der Mahlzeit wurden wir in Abt Demitrianos' Haus zu einem Umtrunk vor dem Nachtgebet geladen. Im sanften Licht des Sonnenuntergangs gingen wir über den ruhigen Klosterhof, und ich spürte, wie mich der Friede dieses Ortes mehr und mehr gefangen nahm. Das Haus des Abts bestand aus wenig mehr als aus einer schlichten Zelle, in der es jedoch immerhin einen Herd, ein mit einem Wolltuch ausgelegtes Bett, mehrere Stühle und einen Tisch gab, auf dem ein paar einfache Holzbecher und ein Tonkrug standen. Der Abt bat uns, uns zu setzen, und goss eine weiße, leicht trübe Flüssigkeit in die Becher, die er Padraig und mir reichte. Dann legte er die Hand aufseinen Becher und sprach einen Segen, woraufhin wir das süße Feuer der Mönche von Agios Moni tranken: einen köstlichen, honigsüßen Nektar, der sowohl beruhigte als auch von innen wärmte und den Unvorsichtigen mit seinem rauchigen Geschmack verführte, bevor er ihm die Sinne vernebelte.
    Nach nur ein paar Schlucken verspürte ich das Bedürfnis, die gesamte Welt zu umarmen. Nur widerwillig stellte ich den Becher beiseite, doch als das Gespräch aufden Grund für unseren Besuch kam, fürchtete ich, meine Sprachfähigkeit zu verlieren, sollte ich noch mehr
    von dem wunderbaren Elixier zu mir nehmen.
    »Wir wissen aus guter Quelle«, begann ich, während der freundliche Abt mich verträumt über den Becherrand hinweg anblickte, »dass Eure Gemeinschaft hervorragend in der Herstellung und dem Kopieren von Manuskripten ist.«
    »Das stimmt«, bestätigte mir Abt Demitrianos. »Wir besitzen viel Erfahrung in dieser Arbeit. Wenn das auch außerhalb dieser Mauern

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