Der Gast des Kalifen
dieser Gedanke kam mir viel zu spät.
Ich wartete auf eine passende Gelegenheit, um meinen Plan zu enthüllen. Schließlich, in der letzten Nacht der Feiertage, dem Jahreswechsel, versammelten wir uns für das Fest der Zwölften Nacht. Murdos Halle war voller Menschen: Pächter, Mönche und Freunde von Orkneyjar. Die Fässer waren mit gewürztem Bier gefüllt, die Kessel voller Fleisch und Gemüse, und in Krügen dampfte gewürzter Wein. Nachdem der Herr uns dazu aufgefordert hatte, nahmen wir an der langen Tafel Platz und begannen zu essen und zu trinken.
Als die ersten Kessel geleert waren, wurden weitere Gerichte gebracht und vor uns auf den Tisch gestellt: in Bier gekochte Wurst, Fisch mit Fenchel und mit Sauerkraut geröstete Ochsenzunge. Auf jedem Tisch lagen kleine Berge eines besonderen runden Brotes, wie es nur für diese eine Nacht im Jahr gebacken wurde. Wir aßen und tranken nach Lust und Laune von diesen Köstlichkeiten, und nachdem der erste Hunger gestillt war, erhob sich Abt Emlyn und winkte den Anwesenden zu schweigen.
»Meine Freunde!«, rief der Kirchenmann über das fröhliche Murmeln hinweg. »Bei solch glücklichen Gelegenheiten wie dieser ist es angebracht, kurz innezuhalten und dem wahren Herrn dieses Festes dafür zu danken, dass er uns, sein Volk, so reich beschenkt hat.« Mit diesen Worten faltete er die Hände und senkte den Kopf. Sein Dankgebet war schlicht und feierlich und vor allem kurz - alles Qualitäten, die den guten Abt bei seiner Herde äußerst beliebt machten, besonders letztere. Wenn Emlyn betete, hatte nie jemand das Gefühl, der alte Kirchenmann nütze das Gebet als Mittel, seine Gemeinde zu tadeln. Auch nutzte er solche Gelegenheiten nie, um seine Gelehrsamkeit unter Beweis zu stellen und andere, weniger Gebildete auf diese Art zu demütigen - eine Versuchung, der bei weitem viel zu viele Kirchenleute nicht widerstehen konnten. Wenn Em-lyn betete, sagte er seinem Herrn und Schöpfer, den er so offensichtlich liebte, nur, was er gerade dachte.
Nachdem das Gebet beendet war, erhob sich Murdo, mein Herr und Vater. Er befahl allen, ihre Becher und Schüsseln zu füllen, und sagte: »Lasst uns auf das neue Jahr trinken, das soeben begonnen hat! Möge der Gott der Güte und des Lichts uns segnen, und möge unser Land in allen Dingen blühen!« Wir tranken darauf, und er sagte: »Wenn es unserem Schöpfer gefällt, werden wir nächstes Jahr um diese Zeit beisammen sein, um die neue Kirche einzuweihen.«
»Amen!«, rief Abt Emlyn. »So sei es!«
Erneut hoben wir die Becher, und dann stand ich auf. Voller Erwartung drehten sich alle zu mir um.
»Vor Gott und dieser tapferen Gemeinschaft«, sagte ich, »verpflichte ich mich, zum Wohle meiner Seele nach Jerusalem zu pilgern. Wenn es Gott gefällt, wird er meiner Reise Erfolg bescheren, und ich werde in der Stadt unseres Erlösers für unser Land beten und Gottes Segen für uns alle erbitten.«
Staunen war die vornehmliche Reaktion auf diese unerwartete Erklärung; überraschtes Murmeln erfüllte die Halle. Emlyn stand rasch auf und eilte an meine Seite. Fragend blickte er mich an. »Bist du wirklich dazu entschlossen?«, fragte er.
»Das bin ich«, antwortete ich.
Er nahm mich in seine starken Arme und sagte: »Gott segne dich, mein Sohn! Es war Gott, der Herr selbst, der dir dieses Ansinnen ins Herz gelegt hat.«
Ich dankte ihm und war plötzlich von anderen umschwärmt, die mir alles Gute wünschten. Einige der Jüngeren boten an, mich zu begleiten, und andere wollten mir Vorräte und Gold spenden, um mich auf meiner Reise zu unterstützen. Alle, so schien es, waren erfreut über Ziel und Zweck meiner Pilgerfahrt.
Alle mit Ausnahme des einen, dessen Zustimmung mir am wichtigsten war: Murdo. Mein Vater blickte mich an, als hätte ich ihm einen Pfeil ins Herz geschossen. Dann, sehr, sehr langsam, kam er auf mich zu. Der Ausdruck auf seinem Gesicht machte den guten Wünschen und der guten Laune rasch ein Ende, und ein unruhiges Schweigen breitete sich in der Halle aus. Ich hörte das Prasseln des Kaminfeuers, als mein Vater vor mich trat, und ich sah, wie seine Augen vor Zorn brannten.
»Das war unbedacht gesprochen«, keuchte er unerwartet sanft; doch es war offensichtlich, dass er seine Stimme nur mit Mühe im Zaum halten konnte. Völlig verstört gesellte sich meine Mutter zu ihm.
»Mein Herr«, sagte ich, »ich habe mich schon lange mit dem Gedanken getragen, das zu tun. Ich glaube, Gott hat mich gerufen, ihm auf
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