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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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ich glaube, du würdest sie noch immer tragen, wären deine Füße nicht inzwischen zu groß dafür.
    Es gab auch einen Bäcker im Ort, der mit gewürztem Fleisch und Rüben gefülltes Brot herstellte. Ich kaufte ihm zwei davon ab sowie etwas Schwarzbrot und Wurst für unser Abendmahl. Aus einer der Trinkhallen am Kai besorgten wir uns noch einen Krug Bier und zogen uns schließlich für die Nacht ins Boot zurück.
    Sarn und ich aßen unser Essen und lauschten den Gesprächen der Seeleute um uns herum. Einige von ihnen waren betrunken und begannen zu singen. Nach einer Weile gaben sie das Singen jedoch auf; stattdessen kämpften sie nun miteinander, und schließlich landeten drei von ihnen im Wasser. Ihre Schiffskameraden fischten sie wieder heraus, und gemeinsam zogen sie davon, um sich etwas zu trinken zu suchen. Danach wurde es deutlich ruhiger am Pier, so-dass Sarn und ich uns in unsere Umhänge wickeln und schlafen konnten.
    Am nächsten Morgen brachen wir bereits sehr zeitig auf, und als die Sonne über dem Horizont erschien, waren wir schon auf dem offenen Meer. Bei unserer Rückkehr nach Banvarö schoben wir das Boot an den Strand und sicherten es für den Winter. Murdo war froh, dass die Steinmetze so schnell eine Passage gefunden hatten, denn - so erklärte er - umso begieriger würden sie nächstes Frühjahr sein, wieder zurückzukehren.
    Obwohl diese Bemerkung zweifellos ohne jeden Hintergedanken gemeint war, ließ sie mich doch verzagen. Zunächst glaubte ich, nur enttäuscht zu sein, weil meine Versuche in Inbhir Ness fehlgeschlagen waren, etwas über das Heilige Land zu erfahren. Zwar hatte ich ohnehin nie damit gerechnet, etwas wirklich Wichtiges herauszufinden, aber ich hatte es zumindest gehofft. Als die Tage immer dunkler wurden, verdüsterte sich auch meine Stimmung. Ich wurde zunehmend reizbar und pflegte meist zu knurren, wann immer mich jemand ansprach. Ich regte mich über jede Kleinigkeit auf und grollte meinen Mitmenschen ob eingebildeter Kränkungen.
    Eines Nachts träumte ich von Rhona, und der Traum weckte wieder die Trauer in mir, die ich besiegt zu haben glaubte. Ihr Verlust schmerzte mich mehr denn je. Ich verbrachte ganze Tage damit, ins Kaminfeuer zu starren, während draußen der Wind durch die Bäume heulte. Zu anderen Zeiten wanderte ich durch den Schnee am Strand entlang, bis meine Füße taub und mein Gesicht blau geworden war. Immer wieder wachte ich mitten in der Nacht erschrocken auf und hatte das Gefühl, erwürgt zu werden. Dieses immer wiederkehrende, seltsame Gefühl ängstigte mich so sehr, dass ich mich weigerte, die Augen zu schließen, wann immer ich mich hinlegte.
    Dann erkannte ich schließlich die Ursache für meine Verzweiflung: Mein Plan war herangereift, doch ich wollte mich ihm nicht stellen. Nachdem ich mich vom Fest der heiligen Brighid bis Sankt Thomas damit beschäftigt hatte, war es nun an der Zeit, ihn in die Tat umzusetzen. Da ich mich jedoch vor dem Widerstand fürchtete, den man meiner Entscheidung mit Sicherheit entgegenbringen würde, zögerte ich, und das war der Grund für all mein Elend.
    Mein Vater würde meine Entscheidung nicht gutheißen; das wusste ich. Trotz alledem beschloss ich, meinen Plan zum Weihnachtsfest bekannt zu machen, in der Hoffnung, dass die allgemeine Festtagsstimmung jeden Widerspruch gegen meine Absicht verstummen lassen würde. Nach dieser Entscheidung hoben sich die düsteren Wolken von meinem Gemüt, und ich nahm es auf mich, bei den Festtagsvorbereitungen zu helfen, wofür meine Mutter mir ausgesprochen dankbar war.
    Zum Weihnachtsfest war ich guter Stimmung; einige der Pächter bemerkten mir gegenüber, dass ich wohl nun endlich den Verlust meines Weibes überwunden hätte. Dementsprechend wurde ich auch zum Objekt der Aufmerksamkeit bestimmter Töchter, deren Eltern ohne Zweifel auf eine gute Heirat für ihr Kinder hofften. Wenn ich auch die Schmeichelei der jungen Frauen durchaus genoss, so bemühte ich mich doch zugleich, keine Hoffnungen in ihnen zu wek-ken. Mein Geist und mein Herz waren mit anderen Dingen beschäftigt, und nichts sollte mich von meinem Entschluss abbringen. Trotzdem mangelte es mir nicht an weiblicher Gesellschaft, und so verbrachte ich ein ausgesprochen angenehmes Weihnachtsfest.
    Nun jedoch, meine liebe Cait, wünschte ich bisweilen, ich hätte eine von ihnen um deinetwillen zum Weib genommen. Es wäre ein Segen gewesen, hätte ich dir eine Mutter gegeben, ehe ich fortgezogen bin. Doch ach,

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