Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
Vom Netzwerk:
Schwert?«, fragte Sarn, der noch immer zweifelnd mein Bündel betrachtete.
    »Sollte ich ein Schwert brauchen, werde ich mir schon eins besorgen«, antwortete ich. »Wahre Pilger brauchen keine Waffen.«
    Sarn runzelte die Stirn ob dieser Bemerkung, schwieg aber und wandte sich wieder der Ruderpinne zu, sodass ich Muße hatte, über die Aufgabe nachzudenken, die mir bevorstand. Es war meine Absicht, dem Beispiel meines Vaters zu folgen und nach Inbhir Ness zu gehen und mir dort eine Passage als Seemann auf einem Schiff gen Süden zu erbetteln. Ich glaubte nicht, dass es länger als zwei, drei Tage dauern würde, ein entsprechendes Schiff zu finden. Auf jeden Fall hätte ich nicht geglaubt, Sarn noch einmal wiederzuse-hen, nachdem ich ihm im Hafen Lebewohl gewünscht hatte.
    Doch zwei Tage später saß ich noch immer am Kai, als er wieder zurückkehrte. Ich sah das Boot, als es in den Hafen einliefund erkannte es sofort; mich verließ der Mut. Vor meinem geistigen Auge sah ich meinen Vater, wie dieser mich nach Hause schleppte. Doch es war nicht Murdo, den Sarn da mitgebracht hatte. Es war Padraig.
    »Wenn du gekommen bist, um mir die Reise auszureden, dann geh wieder zurück«, erklärte ich ihm offen. »Ich habe mich entschieden. Ich bin auf Pilgerfahrt.«
    Der große, sanftäugige Mönch betrachtete mich nachsichtig. »Dann bin auch ich ein Pilger«, erwiderte er.
    »Was meinst du damit?«, fragte ich misstrauisch. »Hat mein Vater dich nun geschickt, mich wieder heimzubringen, oder nicht?«
    »Herr Murdo sagt, wenn du jetzt gehst, so gehst du für immer. Du solltest noch nicht einmal daran denken, wieder nach Hause zu kommen, denn die Toten kehrten nie zurück.«
    »Soll das heißen, ich bin für ihn gestorben?«
    »Das hat er mir aufgetragen, dir zu sagen.«
    »Nun, du hast es mir gesagt. Jetzt kannst du wieder zurückgehen und ihm berichten, dass ich tun muss, was Gott von mir verlangt.«
    »Mein Onkel hat schon vermutet, dass du so etwas sagen würdest«, bemerkte Padraig gelassen. »Abt Emlyn hat gesagt, wenn du wirklich fest entschlossen seist, deinen Plan in die Tat umzusetzen, dann solle ich dich begleiten.«
    »Mich begleiten? Den ganzen Weg bis nach Jerusalem?«
    »Ja, mein Herr«, bestätigte der Mönch mit einem Lächeln. »Ich werde Euch zugleich Diener und Führer sein.«
    »Ich danke dir, Padraig«, erwiderte ich. »Aber das ist einzig und allein meine Entscheidung. Du bist frei, wieder nach Hause zurückzukehren. Sag dem Abt, dass ich nur für mein eigenes Leben die Verantwortung übernehmen kann. Ich danke ihm jedoch für seine Freundlichkeit.«
    »Sarn wird es ihm sagen. Ich gehe mit dir.« Er hob die Hand und erklärte: »Hör mich an: Eine Pilgerfahrt ist ein heiliges Unterneh-men. Wir gehen im Glauben, oder wir gehen gar nicht. Aber wenn wir mit der Hoffnung im Herzen reisen und auf unseren Erlöser vertrauen, müssen wir uns vor nichts fürchten, denn wir werden Engel treffen, die uns helfen.«
    »Sieh mal - sosehr mich deine Gesellschaft auch freuen würde, ich kann dir nicht erlauben, mich nach Jerusalem zu begleiten«, erwiderte ich. »Du hast keinen Proviant, keinen Umhang, nichts.« Ich deutete auf seine nackten Füße und fügte hinzu: »Du hast ja noch nicht einmal Schuhe.«
    Padraig lächelte. »Mein Umhang und mein Stab sind im Boot. Sollte ich noch etwas anderes benötigen, wird Gott in seiner unermesslichen Güte es mir schon zukommen lassen.«
    Sarn, der das Gespräch bis jetzt schweigend von der Reling aus verfolgt hatte, ergriff das Wort. »Das Gleiche habt Ihr mir gesagt, junger Herr.« Er lachte leise.
    »Du hältst dich da raus«, schnappte ich und funkelte die beiden an. Das Tageslicht wurde rasch schwächer, und die Dämmerung senkte sich herab; würde ich sie jetzt zurückschicken, würden sie die Flussmündung erst in tiefer Nacht erreichen. »Also gut«, gab ich nach. »Ihr könnt die Nacht über bei mir bleiben, aber am Morgen müsst ihr sofort wieder aufbrechen.«
    Padraig sagte nichts darauf, sondern machte sich sofort daran, ein Feuer zu entfachen. Sarn band das Boot an einem Pfosten fest, den man in die Ufererde getrieben hatte und der einen Teil der Hafenmauer bildete. Als das erledigt war, holte er ein Bündel hervor, das Brot, Trockenfisch, Räucherfleisch und alles andere enthielt, was man für eine Mahlzeit brauchte. »Da ist noch ein Krug mit Bier«, sagte er. »Frau Ragna dachte, Ihr könntet noch einen guten Schluck vertragen, bevor Ihr ins Heilige Land

Weitere Kostenlose Bücher