Der Gast des Kalifen
Seine nennen.
Die Stadt Rouen liegt ein gutes Stück den Fluss hinauf, und da auf dem Wasser reger Verkehr herrschte, fiel es uns leicht, den richtigen Seitenarm zu finden. Wir folgten einfach einem großen flämischen Handelsschiff und erreichten zwei Tage später unser Ziel. Während Sarn sich um das Boot kümmerte, redeten Padraig und ich mit einigen See- und Steuerleuten, um herauszufinden, wer von ihnen Richtung Süden fuhr. Padraigs Latein war gut, und ich stellte befriedigt fest, dass mir die Sprache schon bald leichter fiel, je mehr ich mich wieder an ihren Rhythmus gewöhnte.
Es sah so aus, als wären wir an den rechten Ort gekommen, denn am Kai herrschte reges Treiben. Auf nicht weniger als drei Schiffen bot man mir eine Passage im Gegenzug für meine Arbeit an. Nachdem ich die Angelegenheit mit Padraig besprochen hatte, entschied ich mich für ein dänisches Schiff, das sich auf dem Weg nach Genua befand, einem der Orte, die auf Sarns Karte markiert waren. Wir wanderten gerade den Kai entlang, um den Herrn des Schiffs über meine Entscheidung in Kenntnis zu setzen, als plötzlich zwei Männer daherkamen. Ihr Erscheinen verursachte solch ein allgemeines Aufsehen, dass Padraig und ich uns zur Seite wandten, um zu sehen, was da los war.
Groß und schlank schritten die beiden mit dem Selbstvertrauen von Königen einher. Ihre mit dunklen Bärten verzierten Gesichter waren hager und edel, und sie suchten die Wasserfront ab. Die Langschwerter in ihren Gürteln waren frisch poliert und glänzten, und ihre hohen Stiefel waren neu. Sie trugen schlichte Hemden - das eine braun, das andere weiß. Der in Weiß, so bemerkte ich, trug auch ein breites Kreuz aus rotem Stoff auf der Brust.
Eine Gruppe von Seeleuten, die auf dem Pier saß, stand plötzlich auf. Ich hörte einen von ihnen einen Namen murmeln. Ich dreh-te mich zu dem Mann um und fragte ihn, was er gerade gesagt habe. Er deutete auf das rote Kreuz und antwortete: »Templer.«
Ich drehte mich wieder zu Padraig um, wiederholte das Wort und fragte: »Hast du diesen Namen schon einmal gehört?« Er gestand sein Unwissen und schlug vor, dass wir uns der Menge anschließen sollten, die sich rasch um die beiden Männer versammelte, um zu hören, was sie zu sagen hatten.
»Freunde!«, rief der Mann im weißen Hemd. »Kommt näher!« Er winkte die Leute zu sich heran, und als sich eine ausreichend große Menge um ihn herum gebildet hatte, verkündete er: »Im Namen unseres Erlösers grüße ich euch und bitte euch um freundliche Nachsicht. Mein Name ist Renaud de Bracineaux, und wie ihr an dem Kreuz auf meinem Gewand erkennen könnt, gehöre ich den Armen Soldaten Christi und des Tempels Salomons an.«
Ein aufgeregtes Raunen ging durch die Menge. Was auch immer dieser Orden der Armen Ritter sein mochte, er erregte großes Interesse und Leidenschaft unter den Leuten, und noch immer schlossen sich Weitere der Menge an.
»Ich will euch nicht lange von eurem Tun abhalten«, fuhr der Ritter fort. »Ich will euch nur kund und zu wissen tun, dass unser erhabener Großmeister Hugo von Payens vor kurzem aus Jerusalem hier eingetroffen ist, um Männer von edler Geburt dazu zu bewegen, in unseren Orden einzutreten, der sich den Schutz der Pilger im Heiligen Land und des Wahren Kreuzes zur Aufgabe gemacht hat.«
Diese letzten Worte brannten mir förmlich in den Ohren. Ich war entschlossen, diesen Ritter unter vier Augen zu sprechen, und ich überlegte mir gerade, wie ich das wohl bewerkstelligen sollte, als er sagte: »Ich danke euch für eure Höflichkeit. Falls jemand wünschen sollte, uns zu sprechen, mein Sergeant und ich werden bis zum Sonnenaufgang in Rouen bleiben.«
Mit einem Segen entließ der Ritter die Menge, die sich daraufhin auflöste. Mehrere junge Männer wollten mehr hören und folgten den beiden Rittern vom Kai hinunter. Padraig und ich schlossen uns ihnen an, und schon bald fanden wir uns vor einem niedrigen Holzhaus wieder mit einem Marktstand vor der Tür, wo ein Mann Brot, Bier und gerösteten Fasan verkaufte. Frisch abgesägte Baumstümpfe bildeten die Stützen von langen Bänken, auf denen die Gäste ihre Mahlzeit genossen.
»Freunde«, sagte Renaud, »es wäre ein wahrer Segen, wenn ihr mir und Gislebert bei unserem Mittagessen Gesellschaft leisten würdet.«
Natürlich nahmen wir alle die Einladung bereitwillig an, woraufhin der Templer dem Gastwirt rief, er solle uns großzügig mit seinen Waren versorgen. Der Wirt und sein Weib eilten sofort
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