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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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äußerst dankbar, wenn Ihr mir sagen könntet, ob ich mit den Herren spreche, die sich nach Marseille erkundigt haben.«
    Seine Sprache war zwar makellos, doch mangelte es ihr an Wärme; fast schien es, als müsse er die Worte über die Lippen zwingen. Ich sah ihn mir genauer an. Seine Augen waren groß und dunkel, was angesichts der blassen Haut besonders auffiel; sein Haar war schwarz und dick und derart kurz geschnitten, dass seine Locken wie eine handgestrickte Kappe wirkten. Seine Gliedmaßen waren dünn; die Kleidung, die den knochigen Leib umgab, bestand jedoch aus feinstem Stoff und war gut geschnitten. Am Daumen trug der Mann einen großen Goldring, und eine fette Börse hing an seinem breiten Gürtel, der ein weites Hemd umspannte. Ein großes Messer mit beinernem Heft ragte aus den Falten.
    »Das ist richtig«, erwiderte ich und erklärte, dass wir uns der Templerflotte anschließen wollten, die ins Heilige Land segelte.
    Die großen, dunklen Augen, die bisher ein wenig trüb gewirkt hatten, strahlten plötzlich ob meiner Worte. »Ist das Euer Boot?«, fragte der junge Mann und deutete auf das treue Gefährt hinter uns.
    »Das ist es, ja«, bestätigte ich.
    »Und Ihr seid der Schiffsherr, nicht wahr?«, fragte er mit vor Erregung zitternder Stimme.
    »Das Boot gehört meinem Vater«, erwiderte ich; »doch im Augenblick bin ich sein Herr; das stimmt.«
    »Wunderbar!«, rief der junge Mann so aufgeregt, dass ich fürchtete, er würde gleich in Ohnmacht fallen. Nachdem er sich wieder ein wenig beruhigt hatte, sagte er: »Bitte, haltet mich nicht für unverschämt, aber ich würde Euer Boot gern mieten.«
    »Ich bewundere Eure Kühnheit«, erwiderte ich; »doch ich muss Euch enttäuschen. Mein Boot ist nicht zu vermieten. Wisst Ihr, wir.«
    »Ich habe Geld«, warf er rasch ein. »Ich werde Euch zahlen, was immer Ihr verlangt. Es ist sehr wichtig, dass ich so schnell wie möglich nach Anavarza, in meine Heimat, zurückkehre.«
    »Ich fürchte, ich muss Euch erneut enttäuschen«, erwiderte ich und erklärte ihm, dass es - soweit wir wüssten - ein weiter Weg bis zu unserem Ziel sei und dass wir, wie jeder sehen könne, nur dieses eine Gefährt besäßen. Mit vier Männern an Bord wäre es nicht nur unbequem, sondern auch gefährlich. »Es tut mir sehr Leid«, sagte ich. »Aber Rouen besitzt einen geschäftigen Hafen. Ohne Zweifel werdet Ihr jemand anderen finden, der Euch mitnehmen kann.«
    Unglücklich verzog er das Gesicht, und ich glaubte schon, er würde in Tränen ausbrechen. Er ließ den Kopf hängen und blickte auf seine Füße. Dann atmete er tief durch und sagte: »Wie gesagt, möchte ich nicht unverschämt erscheinen, doch meine Not ist so groß, dass ich beharrlich sein muss, wo andere nachgeben würden. Falls ich Euch dadurch beleidigen sollte, bitte ich Euch um Verzeihung. Mir scheint jedoch, dass Ihr beabsichtigt, übers Meer nach Marseille zu segeln.«
    Sarn lächelte. Sein Latein war gut genug, um das meiste von dem zu verstehen, was der junge Mann sagte. »Man segelt nun einmal am besten auf dem Meer«, erwiderte er trocken.
    »Natürlich«, gestand ihm der Fremde zu. »Einem Mann von Euren offensichtlichen Fähigkeiten muss es so erscheinen. Ich möchte Euch nur auf etwas hinweisen, was vielleicht Eurer Aufmerksamkeit entgangen ist. Es gibt auch noch einen anderen Weg.«
    »Und Ihr kennt diesen anderen Weg?«, fragte ich.
    »Den kenne ich in der Tat.«
    »Und Ihr würdet ihn uns zeigen?«
    »Ja, natürlich. Würde ich auf Eurem Boot mitfahren, läge es dann nicht in meinem ureigensten Interesse, unser Ziel auf dem schnellstmöglichen Weg zu erreichen?« Er lächelte triumphierend. »Was sagt Ihr, mein Freund? Mit Freuden würde ich Euch als Führer dienen.«
    Nun war es an Sarn, die Stirn zu runzeln. Er beugte sich dicht zu mir. »Ich mag den Kerl nicht«, flüsterte er. »Wie können wir sicher sein, dass er wirklich weiß, was zu wissen er behauptet?«
    »Wir werden es herausfinden«, antwortete ich und wandte mich wieder an den jungen Mann. »Ich muss gestehen, dass mich Eure Worte neugierig machen. Vielleicht wollt Ihr ja mit uns zu Abend essen, damit wir beisammensitzen und die Angelegenheit in Ruhe besprechen können.«
    Mit einem kurzen Blick zu Padraig, der noch immer verschiedene Dinge fürs Abendessen zusammensuchte, sagte der junge Mann: »Ihr seid sehr gütig, Herr. Ich werde mit Euch zu Abend essen, doch Ihr müsst mir gestatten, etwas dazu beizutragen.«
    Trotz meiner

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