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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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zieht.«
    Ich kletterte über den Bug ins Boot und fand den Krug sofort.
    »Woher wusstest du, dass ich noch immer hier bin?«
    Der Seemann zuckte mit den Schultern. »Es lagen keine Handelsschiffe im Hafen, als ich Euch verlassen habe. Wären hinterher welche eingelaufen, wären sie sicherlich nicht so schnell wieder aufgebrochen.«
    »Ab jetzt sollten wir dich wohl besser Sarn den Listigen nennen.«
    Er lächelte. »Das Bier hätten wir getrunken, ob Ihr nun hier gewesen wärt oder nicht.«
    »Seht nur zu, dass ihr nicht zu viel davon trinkt«, warnte ich gut gelaunt. »Ihr brecht früh am Morgen auf - ihr beiden, zusammen.«
    Wir aßen unser Mahl, und die Nacht senkte sich über uns. Entlang des Ufers wurden Fackeln entzündet, und mit einem Krug Bier in der Hand saßen wir am Boot und betrachteten die flackernden Lichter. Es war sehr ruhig. Im Hafen lagen nur wenige Schiffe, und die meisten Seeleute hielten sich in den Tavernen auf.
    »Im Augenblick laufen, scheint's, nicht allzu viele Schiffe ein«, bemerkte Sarn. »Wie lange wollt Ihr warten?«
    »So lange wie nötig«, antwortete ich ein wenig verärgert über die Frage. »Ich habe gestern mit einem Mann gesprochen, der im Frühjahr in Rouen gewesen ist. Er hat erzählt, dass die Franken Männer für einen Marsch ins Heilige Land aufstellen.«
    »Rouen«, wiederholte Padraig. »Dort haben Herr Ranulf und andere Edle sich dem Kreuzzug angeschlossen.«
    »Genau dort«, bestätigte ich.
    »Dann sollten wir vielleicht auch dorthin gehen«, schlug der Mönch vor.
    »Hatte ich nicht genau das geplant?«, erwiderte ich mit wachsender Verärgerung. »Das heißt, sobald ich ein Schiff auftreiben kann.«
    »Du hast bereits ein Schiff«, klärte mich Padraig auf. »Sarn könnte uns hinbringen.«
    Hätte ich die Idee nicht einfach nur lächerlich gefunden, wäre meine Verärgerung über diesen Vorschlag sicherlich groß gewesen. »Das könnte er«, entgegnete ich voller Hochmut, »wenn er denn eine Karte und genügend Vorräte für solch eine Reise hätte.«
    Sarn strahlte übers ganze Gesicht. »Hab ich.«
    Ich starrte ihn an. Hatten die beiden sich gegen mich verschworen? »Das Boot ist zu klein«, begehrte ich auf. Ich hatte mir eigentlich vorgestellt, wie mein Vater auf einem Langboot der Nordmänner ins Heilige Land zu segeln.
    »Klein? Ja«, stimmte mir Sarn freundlich zu. »Aber das Boot ist seetüchtig und das Wetter gut. Es wäre ein Leichtes.«
    »Woher hast du die Karte?«, fragte ich.
    »Das Kloster hat uns die Karte zur Verfügung gestellt«, antwortete Padraig und erklärte, dass Abt Emlyn persönlich das Anfertigen der Kopie beaufsichtigt hatte.
    »Und Vorräte habt ihr auch?«
    »Genug für drei Mann und mehrere Wochen«, bestätigte Sarn. »Auch wenn der Herr Abt nicht glaubt, dass sie so lange vorhalten werden.«
    »Wir können morgen früh aufbrechen«, erklärte Padraig. »Das heißt, natürlich nur, wenn du keine Einwände hast.«
    »Da ihr beide derart entschlossen zu sein scheint«, sagte ich, »werde ich es euch erlauben. Ihr dürft mich nach Rouen begleiten, und ich freue mich über eure Gesellschaft. Sobald wir den Hafen jedoch erreichen«, fuhr ich fort und hob warnend den Finger, »werdet ihr sofort kehrtmachen und nach Hause zurückkehren. Habt ihr verstanden?«
    Beide blickten mich seltsam an.
    »Habt ihr das verstanden?«, wiederholte ich.
    »Es ist ein weiter Weg bis ins Frankenland«, sinnierte Padraig. »Vielleicht sollten wir erst einmal abwarten, was wir dort vorfinden.«
    Also brachen wir am nächsten Morgen im selben Augenblick nach Rouen auf, da wir genug Licht hatten, um durch die Flussmündung zu navigieren. Es herrschte ein gleichmäßiger Wind, und das Wetter war schön; die ersten fünf, sechs Tage machten wir gute Fahrt, wobei wir Tag und Nacht in Sichtweite der Küste blieben. Manchmal schlugen wir an Land ein Lager auf; meistens jedoch schliefen wir auf dem Boot. Nur einmal verloren wir das Land aus den Augen, als uns für eine Nacht und den halben Tag Nebel den Anblick der Küste raubte.
    Erst als wir in Sichtweite der fränkischen Küste kamen, verschlechterte sich das Wetter, und wir wurden vom Ausläufer eines
    Sturms getroffen. Der Wind heulte und warf von Zeit zu Zeit hohe Wellen über die Reling; Sarn und ich schöpften mit Krug und Schüssel Wasser. Bis der Sturm vorüber war, blieben wir vor der Küste; dann sangen wir erleichtert Dankespsalmen und segelten nach Süden in die Mündung des Flusses, den die Franken

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