Der Gast des Kalifen
zu. Ich hob den Kopf und sah, dass das Boot nahe ans Ufer getrieben war. Padraig hörte uns wohl schon eine Weile zu, hatte sich doch erst jetzt dazu entschlossen, mitfühlend etwas zu bemerken. »Ich werde dafür beten, dass der Große König dir seinen Plan auf eine Weise enthüllt, die du verstehen kannst.«
Wir tauschten mit Sarn und Padraig die Plätze, steckten unsere Arme durch die Schlingen der Schlepptaue und setzten uns und damit auch das Boot wieder in Bewegung. Der Tag war schön, die Sonne heiß, und schon bald träumte ich von Schottland.
Ich dachte an dich, meine liebste Cait, und fragte mich, was du jetzt wohl gerade machtest. Vor meinem geistigen Auge sah ich dich beim Beerenpflücken mit Ragna oder eine Gans mit einer Weidenrute jagen. Ich dachte an Abt Emlyn, und es tröstete mich ein wenig zu wissen, dass er für uns beten würde, egal was auch immer uns auf dieser Reise widerfahren mochte. Das wiederum rief mir den wahren Grund dieser Pilgerfahrt ins Gedächtnis zurück - ein Geheimnis, das ich bisher mit keinem Lebenden geteilt hatte, noch nicht einmal mit Padraig. Ich wusste, dass ich es ihm schon bald würde sagen müssen, aber ich glaubte, es würde schon nichts schaden, wenn ich noch ein wenig damit wartete.
Der Tag, an dem es dann so weit war, war ein Sabbat.
Nachdem wir unser Nachtlager aufgeschlagen hatten, hielt Padraig einen Gottesdienst für uns. Ich saß am Ufer und lauschte seiner klaren, kräftigen Stimme, die die uralten gälischen Worte sang, während ein Stern nach dem anderen am Himmel erschien. Ich saß dort und glaubte, noch nie etwas so Schönes gehört zu haben, und ich wünschte mir, Rhona wäre an meiner Seite, um es mit mir zu teilen.
Obwohl die Tage nur langsam vergingen, näherten wir uns unaufhaltsam dem schwierigsten Teil unserer Reise: dem Übergang über die Hügel, auf deren anderer Seite das Tal der Saône lag.
Als wir die Siedlung erreichten, die das Ende des befahrbaren Teils des Stroms markierte, fanden wir dort Männer, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdienten, Boote, Menschen und Waren von einem Tal ins andere zu befördern. Gegen eine Gebühr waren sie bereit, für sicheren Übergang von einem Fluss zum anderen zu sorgen. Da Roupen bereits schon einmal mit diesen Männern zu tun gehabt hatte, übernahm er die Verhandlungen. Sarn gefiel es gar nicht, sein Boot diesen rauen Fremden anvertrauen zu müssen, und so begleitete er den jungen Herrn, um ihm dabei zu helfen, den Transport unseres Gefährts zu organisieren.
Zufrieden mit der Abmachung, die sie getroffen hatten, kehrten sie kurze Zeit später wieder zurück. »Der Schlepper wird morgen früh mit seinem Wagen und seinen Ochsen hier sein«, informierte uns Sarn. »Wir müssen all unsere Sachen ans Ufer bringen, damit er das Boot aus dem Wasser ziehen kann.« Er deutete auf einen Ort ein Stück flussaufwärts, wo lange Pinienbalken eine Art Rampe am flachen Ufer bildeten. »Dort sollen wir warten.«
Am nächsten Morgen waren wir bereit. Zur Mittagszeit warteten wir immer noch. Inzwischen waren zwei weitere Boote eingetroffen, und beide waren aus dem Wasser gezogen und abtransportiert worden, und noch immer war nirgends auch nur eine Spur von unserem Schlepper zu sehen. Zweimal schickte ich Sarn, den Mann zu suchen - ohne Erfolg. Als er schließlich erschien, war der Tag schon fast vorüber. »Hier bin ich«, rief er. »Ich bin Dodu. Zu Euren Diensten.«
»Man hat uns gesagt, Ihr würdet heute Morgen kommen«, schnappte ich. »Wir haben den ganzen Tag hier herumgestanden.«
Dodu entschuldigte sich und erklärte, er habe beim Aufbruch am Morgen bemerkt, dass eine seiner Achsen angebrochen gewesen sei, und die Reparatur habe länger gedauert, als er gehofft hatte. Er hätte ja seinen Sohn geschickt, um uns Bescheid zu geben, doch das Kind habe sich den Fuß verletzt und liege nun im Bett.
Die Sprache des Schleppers war schlicht, sein Latein das eines Kindes. Er lächelte und breitete die Arme aus. »Mit einer angebrochenen Achse loszufahren wäre sinnlos gewesen«, sagte er. »Solche Dinge werden nur schlimmer, nie besser.« Ich stimmte ihm zu, und er machte sich an die Arbeit, wobei er fröhlich vor sich hin summte und seinen zwei sanften braun-weiß gefleckten Ochsen ermutigende Worte zurief.
Der Wagen hatte nur zwei Paar Räder unter einem schweren Gestell, das man mit Hilfe einer Kette je nach Größe des zu transportierenden Bootes verstellen konnte. Nachdem er das Boot aus dem Wasser
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