Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
Vom Netzwerk:
Menge, dass man ein Dutzend Bauern damit einen Monat lang hätte ernähren können.
    Dominic von Otranto strahlte seine Gäste an und befahl seinen Dienern, dafür zu sorgen, dass die Weinkrüge voll waren und die Becher überquollen. Als Folge dieser Völlerei war die Unterhaltung lebhaft und ungezügelt, und ich lernte viel über das Leben in Outremer, was mir später noch von Nutzen sein sollte. Denn als die Templer erfuhren, dass Padraig und ich noch nie in Jerusalem oder Antiochia gewesen waren, ja noch nicht einmal in Konstantinopel, nahmen sie es freudig auf sich, uns in der Lebensart zu unterweisen, auf die wir in diesen Städten stoßen würden - sie waren sich dabei allerdings nicht sonderlich einig, besonders nicht, was die Einzelheiten betraf.
    Dennoch lernte ich, dass das Wetter im Osten heiß und trocken und das Land mit unzähligen Insekten verseucht war, die das Leben dort kaum erträglich machten. Im Sommer trockneten die Flüsse meist aus. Vom Frühling bis zum Winter fiel nicht ein einziger Tropfen Regen, dann jedoch erhoben sich kräftige Winde, die durchs ganze Land fegten und jede Siedlung mit einer dicken Schicht aus Staub bedeckten.
    Die Menschen dort, so erklärten die Templer, waren zum größten Teil arm; sie rangen dem felsigen, unfruchtbaren Boden gerade genug zum Leben ab. Nur vereinzelt war es anders, denn durch manche Täler führten Flüsse, die nicht austrockneten, da sie von Quellen in den Bergen gespeist wurden. Dort war es dann im Gegensatz zum Rest des Landes geradezu wie im Paradies; die unterschiedlichsten Früchte und Sorten von Gemüse wuchsen in diesen Tälern, und das in Hülle und Fülle.
    Die Sprache, die in jenem Land gesprochen wurde, war zum größten Teil unverständlich, das Essen schwer verdaulich und das Wasser nicht trinkbar. Nirgends gab es ein öderes Land - so viel stand fest. Hätte der Herr unser Gott dieses Land nicht aus unerfindlichen Gründen auserwählt, hätte ihm mit Sicherheit niemand auch nur die geringste Beachtung geschenkt.
    Was die Menschen betraf, so waren die Frauen entweder vertrocknete Hexen oder alte Weiber, deren hässliche Haut so schrumpelig war wie die von Trauben, die zu lang in der Sonne gelegen haben. Die Männer waren missmutig, verschlagen und rachsüchtig; sie waren geschickt darin, sich immer neue Intrigen auszudenken, und Blutfehden in diesen Landen hatten bisweilen bis ins sechste Glied Bestand. Mehr noch: Egal ob Jung oder Alt, die Männer waren stets zu neuen Missetaten bereit und legten eine schier unglaubliche Gier an den Tag.
    »Die Araber sind wahre Teufel, Herr«, erklärte mir ein Templer. »Sie kennen nur Lügen und Blasphemie. Hütet Euch vor ihnen.«
    »Sie sind die geborenen Diebe«, fügte ein anderer hinzu. »Sie werden Euch alles stehlen, was Ihr nicht angekettet habt, und Euch im selben Augenblick den Dolch in den Rücken stoßen, da Ihr Euch umdreht.«
    »Türke oder Sarazene, alles dasselbe«, fuhr der Erste fort. »Auch den Griechen dürft Ihr nicht weiter trauen, als Ihr spucken könnt.«
    »Aber die Griechen sind doch Christen«, wandte Padraig unschuldig ein, »und somit unsere Verbündeten und Glaubensbrüder.«
    Schallendes Gelächter folgte auf diese Worte. »Wenn Ihr das glaubt«, grölte ein schwarzbärtiger Templer, »werdet Ihr eines Nachts mit durchgeschnittener Kehle aufwachen und Eure Eier in Eurem Mund wiederfinden.«
    Ich erachtete solches Gerede als meines Tadels unwürdig und erwiderte nichts darauf. Doch meine Tischnachbarn gaben eine Geschmacklosigkeit nach der anderen von sich, bis ich es schließlich doch für notwendig hielt, sie auf ihren Mangel an Anstand hinzuweisen. »Das Leben im Heiligen Land muss in der Tat verändert werden«, bemerkte ich, »wenn solch lästerliche Rede Gegenstand zur Freude statt zur Scham ist.«
    Ich erwartete, für diese Worte geschmäht zu werden, und bereitete mich darauf vor, als mein Nachbar, ein Riese mit schwarzem Bart, verächtlich das Gesicht verzog. Doch noch während er Luft holte, um mich niederzuschreien, ergriff Renaud das Wort. »Unsere Freunde tun Recht daran, uns an unsere Manieren zu erinnern«, sagte er und forderte jeden seiner Brüder mit Blicken heraus, ihm zu widersprechen. »Jeder von uns wird heute Nacht in seinen Gebeten um Vergebung für dieses Verhalten bitten und in seinem Herzen nach einer angemessenen Buße suchen.«
    Dies brachte Ruhe in die wilde Gesellschaft, und das Mahl endete in weit gedämpfterer, wenn nicht gar

Weitere Kostenlose Bücher