Der Gast des Kalifen
würde, so wie mein Vater die Lanze gerettet hat.«
»Das Wahre Kreuz«, sinnierte Padraig. Ich vermochte nicht zu sagen, ob er meinen Plan nun guthieß oder nicht.
»Torf-Einar hat mir alles über die Schändung dieser heiligen Reliquie erzählt, bevor er starb«, berichtete ich. »Du warst dort, und du hast ihn erzählen gehört, dass man das Kreuz unserer Erlösung in mehrere Teile zerschnitten hat - wie ein Stück Feuerholz.«
»Ich war dort, ja, und ich habe es gehört.« Er entfernte sich einen Schritt von mir und drehte sich langsam zu mir um. »Und das ist der Grund, warum du nicht das Templergelübde ablegen willst?«
»Ich halte es nicht für richtig, da ich nicht weiß, wie und wann ich die heilige Reliquie in meinen Besitz bringen werde. Ich darf mich auf meiner Suche nicht mit anderen Dingen belasten.«
»Das verstehe ich.«
»Und heißt du es auch gut?«
Er antwortete nicht; stattdessen fragte er: »Was wirst du mit dem Kreuz tun - sofern du es denn durch irgendeine göttliche Fügung in die Hände bekommen solltest?«
»Ich werde es nach Caithness bringen und in der Schatzkammer meines Vaters neben die Heilige Lanze legen.«
»Ich verstehe.«
Einige Augenblicke schwieg er und blickte in den nachtschwarzen Himmel hinauf, als suche er zwischen den Sternen nach einer Antwort.
»Deinem Plan«, sagte er schließlich, »mangelt es nicht an Kühnheit, und obwohl er nahezu undurchführbar scheint, ist dein Ehrgeiz sicher groß genug, dass er gelingen könnte.«
»Aber heißt du ihn auch gut?«, wiederholte ich.
»Um die Wahrheit zu sagen, das tue ich nicht«, erklärte er mit fester Stimme. »Wenn das der Grund für deine Pilgerfahrt ins Heilige Land ist und warum du alle verlassen hast, die dir am Herzen liegen ... dann muss ich dir als Priester und Freund erklären, dass ich das nicht im Mindesten gutheißen kann.«
Tief in meinem Herzen, so vermute ich, hatte ich schon befürchtet, dass er so etwas sagen würde - das war wohl auch der Grund, warum ich es so lange vor ihm geheim gehalten hatte. Ich wusste, dass ihm mein Plan nicht gefallen würde, doch ich brauchte seine Hilfe.
Plötzlich grinste der gerissene Priester und breitete die Arme aus. »Die Wunder des Herrn gehen bisweilen seltsame Wege«, erklärte er. »Und im Gegensatz zu dem, was du offenbar zu glauben scheinst, bittet er mich nur selten um meinen Segen, bevor er etwas tut.«
»Ist das deine Art, mir zu sagen, dass die Idee vielleicht doch nicht so schlecht ist?«
»Nein, es ist eine schreckliche Idee«, versicherte er mir. »Und doch könnte dein Plan einer göttlichen Eingebung entsprungen sein.«
»Also bitte. Dein Vertrauen ist ja geradezu umwerfend«, erwiderte ich leicht verärgert.
»Weißt du es denn nicht?«, fragte Padraig. »Der Herr, unser Gott benutzt oft Torheit, um die Weisen Demut zu lehren. Wenn dein Plan wirklich von Gott stammt, dann können alle Völker der Welt dich nicht aufhalten.«
Ich akzeptierte diese Erklärung, und eine Zeit lang gingen wir schweigend nebeneinander her. Als wir schließlich das Pier erreichten, fragte ich: »Padraig, du hast mir noch nicht gesagt, warum die Madonna schwarz ist?«
»Das weiß ich nicht. Manche sagen, Schwarz sei die Farbe ihres Umhangs gewesen, als sie an diesen Gestaden landete, und so lernten sie die Leute kennen: als die Schwarze Maria. Andere wiederum behaupten, man male ihre Bilder schwarz, um sie von der Gottesmutter unterscheiden zu können, da sie häufig verwechselt werden.« Er dachte kurz nach und fügte dann hinzu: »Der weise Pe-lagius hat gesagt, die Farbe verberge ein Geheimnis, dass jene, die die Schwarze Maria verehren, mit ihrem Leben schützen.«
»Was ist das für ein Geheimnis?«, fragte ich.
»Das weiß niemand außerhalb des Kultes«, antwortete der Mönch. »Und jene, die sie verehren, geben es nicht preis.«
(1 ^ ie Templer waren schon bereit abzulegen, als Padraig, Roupen und ich uns am nächsten Morgen zu ihnen gesellten. Ich hatte noch warten wollen, bis Sarn sicher auf dem Weg war, und obwohl seine Mitreisenden, die Tookes, schon frühmorgens erschienen waren, hatten wir noch die Lieferung eines Teils des Proviants abwarten müssen. Die Kaufleute tauchten erst kurz nach Tagesanbruch auf. Rasch beluden wir das Boot; dann wünschten wir den drei Heimkehrern Lebewohl.
»Pass auf dich auf, Sarn«, rief ich, als ich das Boot vom Pier abstieß. »Erzähl allen zu Hause, was wir erlebt haben, und lass nichts aus. Bitte sie, für unsere
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