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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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sagen; doch dass der junge Fürst in diesen einst prächtigen Hallen lebte und nichts unternahm, um den Verfall aufzuhalten, verriet mir einiges über den Mann.
    Seine persönliche Erscheinung stand jedoch in krassem Gegensatz zu dem erbärmlichen Eindruck, den seine Umgebung vermittelte. Fürst Bohemund war ein vollblütiger, gut aussehender Mann: Er besaß breite Schultern, war groß und schlank und sein Gesicht offen und freundlich. Sein Haar war lang und hell und sein Bart kurz und in zwei gleiche Teile geschnitten, wie es bei den fränkischen Herren Mode ist. Seine großen, kräftigen Hände waren ständig in Bewegung, als mache es sie nervös, kein Schwert in den Fingern zu halten.
    Gemeinsam mit Komtur de Bracineaux wurden Padraig und ich von einem Berater des Fürsten in dessen Privatgemächer geführt; bei dem Berater handelte es sich um einen alten Gefolgsmann der Herrscher von Antiochia, welcher uns mit dem müden Blick eines Mannes betrachtete, der in seinem Leben schon viel zu viel gesehen hatte. Der Fürst stand an einem langen Tisch, auf dem ein Mahl aus gebratenem Fasan und Pflaumen angerichtet war. In der einen Hand hielt er ein Messer, mit dem er gerade zustoßen wollte, und in der anderen einen goldenen Becher.
    Als die Tür sich für uns öffnete, blickte er auf und rief: »De Bra-cineaux! Ihr seid da! Gott sei gelobt, Mann. Es ist schön, Euch zu sehen. Man hat mir gesagt, dass Ihr eingetroffen seid, doch ich konnte meinen Ohren ob dieses Glücks kaum trauen. Ich hatte Euch erst in einer Woche erwartet.«
    Seinen Rang vergessend sprang er auf uns zu. Er packte den Templer an den Armen und drückte ihn an sich wie einen Bruder. Als er dann die zwei Fremden in Renauds Kielwasser entdeckte, rief er: »Und wer ist Eure Begleitung? Kommt herein, meine Herren! Ich grüße Euch. Gesellt Euch zu mir. Das Mahl ist bereitet. Ich wollte gerade essen.«
    »Es wäre uns eine Freude«, erwiderte der Templer. Er drehte sich zu uns um und sagte: »Darf ich vorstellen: Herr Duncan von Caithness und Bruder Padraig, sein Kaplan.«
    »Ich bin erfreut, Euch kennen zu lernen, meine Herren«, sagte der Fürst und neigte höflich den Kopf. Er lächelte, und trotz meiner Vorbehalte fühlte ich mich versucht, ihn zu mögen. »Ihr könnt noch
    nicht lange in der Stadt sein.«
    »Wir sind gerade erst angekommen«, erklärte ich.
    »Hattet Ihr eine gute Reise?«
    »Eine sehr gute sogar, Herr«, antwortete ich. »Verglichen mit der See von Schottland ist das Mittelmeer so glatt und ruhig wie eine Straße.«
    »Ich habe von diesem Schottland gehört, wisst Ihr?«, bemerkte Fürst Bohemund. Er drehte sich um und winkte uns, ihm zum Tisch zu folgen. »Es heißt, die Männer und Frauen dort würden sich blau anmalen.« Lächelnd blickte er zu Padraig und mir. »Aber Ihr seid nicht blau angemalt, wie ich sehe.«
    »Nein, Herr; doch die Pikten sind in der Tat bekannt dafür, sich mit Färberwaid einzuschmieren, bevor sie in die Schlacht ziehen. Das ist zwar ein sehr alter Brauch, aber dann und wann wird er noch angewandt.«
    Bohemund lächelte erneut und entblößte eine Reihe gerader weißer Zähne. »Das würde ich gerne einmal sehen.« Er spießte ein Stück Fasan mit seinem Messer auf. »Kommt, meine Freunde! Esst!« Und an seinen Diener gewandt sagte er: »Hemar! Schenk unseren durstigen Freunden Wein ein. Sie sind den ganzen weiten Weg von Schottland hierher gereist.«
    Wir folgten der Einladung des Fürsten und machten uns an Fleisch und Obst. Bohemund und Renaud begannen, über die Reise und die Einquartierung der Truppen zu reden, und so hatte ich Gelegenheit, den Fürsten eine Zeit lang zu beobachten. Er war, so entschied ich, ein wenig jünger, als es zunächst den Anschein gehabt hatte. Auch wenn seine Haltung und Sprache die eines weit älteren, selbstbewussten Mannes waren, so glaube ich doch, dass er sich diese Erscheinung nur angeeignet hatte, um seine jugendliche Unreife zu verbergen. Er war wenig mehr als ein Kind, das Männerspiele spielte, und seltsamerweise empfand ich Mitleid für ihn.
    Während unsere Gastgeber miteinander redeten, dachte ich darüber nach, wie ich wohl am besten das Thema des geplanten Angriffs auf Armenien zur Sprache bringen konnte. Ich entschied, dass es am einfachsten wäre, wenn Bohemund selbst darauf zu sprechen kommen und mir so unverfänglich Gelegenheit geben würde, mein Anliegen vorzutragen. Doch der Fürst schien zufrieden damit zu sein, müßig über das Reisen und das Wetter zu

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