Der Gast des Kalifen
langsamer, während immer mehr Leben auf den Straßen herrschte, je näher wir den Märkten kamen. Die Anstrengung hatte uns den Schweiß ins Gesicht getrieben, und ich wollte gerade anhalten, um mich ein wenig auszuruhen und meine Gedanken zu sammeln, als Padraig die Komturei entdeckte.
Erst als wir hinter den starken Mauern waren, gestatteten wir uns, uns zu entspannen. Sofort eilten wir zum Brunnen in der Mitte des Hofs und tranken lange und ausgiebig, bevor wir in die Kaserne gingen, wo ein aufgelöster Roupen uns schon erwartete.
»Wir haben versagt«, erklärte ich ihm offen. »Bohemund hat sich geweigert, auf die Vernunft zu hören. Renaud ist bei ihm geblieben, um ihn wieder zu beruhigen, aber ich wage zu bezweifeln, dass es ihm gelingen wird, den jungen Fürsten umzustimmen.«
Roupen nickte entschlossen. »Ich danke euch, dass ihr es wenigstens versucht habt«, sagte er leise. Ich sah deutlich, dass er sich fürchtete, zumal er offenbar all seine Hoffnung in unseren Plan gesetzt
hatte.
»Wir sind noch nicht fertig«, sagte ich in dem Versuch, ihn ein wenig zu trösten. »Sobald der Komtur wieder zurück ist, werden wir uns zusammensetzen und entscheiden, was als Nächstes zu tun ist.« Ach! Wäre das doch nur so einfach gewesen.
II lso warteten wir auf die Rückkehr von Komtur de Bracineaux.
Padraig und ich nutzten die Gelegenheit, um in der Hitze des Tages ein Nickerchen zu machen, doch blieb jeweils einer von uns wach, um bei Roupen zu bleiben, damit dieser sich nicht allzu sehr aufregte und womöglich noch eine Dummheit beging. In der Komturei, die inzwischen mit Neuankömmlingen förmlich überfüllt war, herrschte ein ständiges Kommen und Gehen; dennoch ging es ausgesprochen friedlich zu. Inmitten all dieses militärischen Treibens gelang es den Kriegermönchen tatsächlich, eine gewisse klösterliche Ruhe zu bewahren.
In der Tat ähnelte die alte römische Garnison sogar einem Kloster: der ruhige Innenhof mit der Kapelle am einen Ende und den Baracken zu beiden Seiten, die genauso gut Mönchszellen hätten sein können; die Küche, in der es ständig geschäftig rumorte; das Refektorium mit seinen langen Tischen und Bänken und die Templer selbst. In ihren weißen Umhängen eilten sie hierhin und dorthin und gingen den unterschiedlichsten Arbeiten nach. Wären da nicht ihre Schwerter gewesen, die sie nur selten ablegten, man hätte sie durchaus für ganz normale Mönche halten können. Natürlich handelte es sich auch bei ihrer Gemeinschaft um einen religiösen Orden, doch waren sie nicht nur Brüder im Glauben, sondern auch Waffengefährten; tatsächlich waren sie sogar zuvorderst eine Waffenbruderschaft, und dann erst ein frommer Orden.
Die meiste Zeit überließen sie uns uns selbst, zumal sie bei weitem genug damit zu tun hatten, die frisch eingetroffene Verstärkung unterzubringen und zu versorgen. Dann und wann hörten wir den ein oder anderen Templer freudig rufen, der einen Landsmann unter den Neuankömmlingen entdeckt hatte; doch im Allgemeinen herrschte Ruhe auf dem Hof.
Gegen Abend begann ich mich allmählich zu sorgen, dass irgendetwas in der Zitadelle schief gelaufen war. Ich machte mich auf die Suche nach dem Sergeanten des Komturs und fand ihn schließlich auch in den Ställen, wo er die neu eingetroffenen Pferde aus dem Frankenland inspizierte. Ich grüßte ihn und berichtete ihm von meinen Sorgen. Er hörte zu, doch ich sah ihm deutlich an, dass er mir nicht ein Wort glaubte. Gislebert mochte ja vielleicht ein guter Kämpfer gewesen sein, doch freundlich war er nicht. Immerhin waren wir Schiffskameraden gewesen; und doch behandelte er mich mit kalter, fast herzloser Gleichgültigkeit, als hätte ich ihn auf irgendeine grausame und unbeschreibliche Art enttäuscht, und als wäre er nun gezwungen, schweigend meine bemitleidenswerte Unzulänglichkeit zu ertragen.
»Ich kann mir das nur so erklären, dass den Komtur irgendein Unglück ereilt hat«, schloss ich, nachdem ich Gislebert die Umstände unseres Treffens mit dem Fürsten erklärt hatte. »Sonst wäre er bestimmt schon längst zurückgekehrt.«
»Ich bin sicher, dass rein gar nichts geschehen ist«, erwiderte Gislebert steif, als wären meine Sorgen die Laune eines überempfindlichen Kindes. »Die Angelegenheiten der Komturei bedürfen bisweilen mehr Aufmerksamkeit, als jemand vermuten würde, der nichts damit zu tun hat.«
Ich nehme an, er wollte mich damit in die Schranken weisen. Auf jeden Fall wandte er sich
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