Der Gast des Kalifen
lebendigem Leib die Haut abziehen lassen und unsere Köpfe auf Lanzen über dem Stadt-tor für jedermann zur Schau stellen«, murrte ich. »Das wird geschehen und nichts anderes.«
»Vielleicht«, gab Padraig mit einem Schulterzucken zu. »Wir können uns jedoch nicht der Gerechtigkeit verweigern, nur weil es unter Umständen schmerzhaft für uns sein könnte.«
»Es wird mehr als nur schmerzhaft sein«, erwiderte ich. »Dessen kannst du sicher sein. Aber nehmen wir einmal an - nur um diese Geschichte einmal weiterzuspinnen -, wir kommen mit heiler Haut davon. Was dann?«
»Wenn er sich dem Frieden des Herrn nicht ergibt, sind wir frei, Roupens Volk zu warnen.«
Ich starrte ihn an. »Und wie kommst du jetzt darauf?«
»Einfach aufgrund der Tatsache, dass jedermann über Bohemunds Taten wird urteilen können, nachdem wir ihm vor aller Augen unsere Sorgen erklärt haben. Entweder zeigt er sich reumütig oder nicht. Falls Bohemund an seinem ruchlosen Plan festhalten sollte, so verweigert er sich damit für alle erkennbar Gottes Frieden. Somit hindert uns dann nichts mehr daran, die Pläne des Fürsten allen zu offenbaren, die davon betroffen sind.«
Ich dachte eine Zeit lang darüber nach. Es schien wirklich der einzige Ausweg aus der Zwangslage zu sein, in die Renaud uns gebracht hatte. »Dann ist es also abgemacht«, entschied ich schließlich. »Wir werden dem Fürsten unser Anliegen sofort vortragen, nachdem wir die Stadt betreten haben. Aber überlass es mir, mit Bohemund zu reden. Ich werde an seine Ehre appellieren und ihn nicht auf seine Sünden hinweisen. Wenn de Bracineaux in dieser Angelegenheit mit uns einer Meinung ist - und ich glaube, das ist er, aus welchen Gründen auch immer -, dann wird er uns auch unterstützen. Wenn wir alle drei mit einer Stimme sprechen, haben wir vielleicht das Glück, der vollen Wucht des fürstlichen Zorns zu entkommen.«
»Gut gesagt«, erwiderte Padraig. »Aber wie auch immer unser Gespräch mit dem Fürsten verlaufen mag, wir müssen äußerste Vorsicht walten lassen. Denn wenn Bohemund erfährt, dass der Sohn seines ärgsten Feindes zum Greifen nah ist, wird er den Jungen als
Geisel nehmen oder Schlimmeres. Wir müssen Roupen sagen, was wir zu tun beabsichtigen. Sein Leben wird vom selben Augenblick an in Gefahr sein, da wir auch nur einen Fuß nach Antiochia setzen. Wir können ihn nicht länger im Dunkeln lassen.«
Am nächsten Tag, nachdem die Schiffe zum letzten Wegstück nach Outremer aufgebrochen waren, riefen wir den jungen Fürstensohn aufs Oberdeck, wo wir an der Reling entlangschlenderten und beobachteten, wie die zerklüfteten braunen Hügel Zyperns allmählich in der Ferne verschwanden. Als ich sicher war, dass niemand an Deck uns belauschen konnte, berichtete ich Roupen von Fürst Bohemunds Plan, die armenische Festung in Anavarza anzugreifen.
»Ich danke euch, dass ihr mir das erzählt habt«, sagte Roupen und sackte förmlich in sich zusammen. »Ich weiß jetzt, dass ihr wirklich meine Freunde seid. Ich werde mich euch nur noch aufdrängen, bis ich sicher von Bord gekommen bin. Sobald wir in Sankt Simeon angelegt haben, werde ich euch verlassen und mich allein auf den Weg nach Hause machen.«
Auch wenn er mit fester, entschlossener Stimme sprach, so merkte ich ihm doch deutlich die Angst an, die er angesichts der bevorstehenden Ereignisse empfand. Er blickte zu Padraig, als wolle er den Priester um seinen Segen bitten.
»Deine Absicht ist verständlich«, erwiderte ich; »aber es gibt noch einen anderen Weg. Begleite uns nach Antiochia.«
»Nach Antiochia!«, keuchte Roupen wie unter einer schweren Last. »Ich soll zu meinen Feinden gehen? Niemals!«
»Beruhige dich, und hör mir zu. Padraig und ich haben die Absicht, Bohemund gegenüberzutreten und von ihm zu verlangen, von seinem törichten.«, ich bemerkte Padraigs Blick, ».von seinem törichten und sündigen Plan abzulassen, dein Volk anzugreifen. Ich vertraue darauf, dass Komtur de Bracineaux uns in dieser Angelegenheit zur Seite stehen wird.
Wenn Bohemund nun auf die Stimme der Vernunft hört, hast du keinen Grund mehr, ihn zu fürchten, und überdies könntest du noch gute Nachrichten mit nach Hause nehmen.«
»Und wenn er nicht auf euch hört?«, fragte Roupen zweifelnd.
»Dann wirst du so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren, um dein Volk zu warnen, und wir werden dir helfen. Wir können nicht für die Templer sprechen, aber ich glaube, wir dürfen auf ihre Hilfe
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