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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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Erfahrung in diesem Teil der Welt. Mein Großvater nahm das Kreuz während der Großen Pilgerfahrt und starb in Jerusalem. Mehr noch, mein Vater traf einst den Euren - es war in Jaffa, wenn ich mich recht entsinne, und mein Vater war damals ungefähr so alt wie Ihr jetzt. Meine Familie hat sich stets an dieses Treffen erinnert.«
    Padraig runzelte die Stirn und warf mir einen warnenden Blick zu; damit schien er mir sagen zu wollen, dass ich ihm für seinen Geschmack unserem Geheimnis schon viel zu nahe gekommen war.
    Dass meine Geschichte dem jungen Fürsten gefiel, war offensichtlich, und ich glaubte, ihn dadurch für mein eigentliches Anliegen günstig zu stimmen. »In der Tat, mein Herr!«, rief er. »Seht Ihr, Renaud? Nicht jeder an diesem gottverlassenen Ort hat so wie Ihr seine Christenpflicht vergessen. Bitte, fahrt fort.«
    »Daher«, sagte ich und spürte, wie mein Magen sich zusammenzog, »bete ich, dass Ihr es nicht für allzu vermessen erachtet, wenn ich behaupte, dass Komtur de Bracineaux mit seiner Entscheidung Recht hat, Euch seine Unterstützung für den Angriff auf die Armenier zu verweigern.«
    Doch ach, meine Worte trafen den jungen Fürsten nicht so, wie ich gehofft hatte. Er kniff die Augen zusammen, und ein Schatten der Wut huschte über sein Gesicht. »Wie könnt Ihr es wagen?«, knurrte er und wirbelte zu dem Templer herum, um ihn die volle Wucht seines Zorns spüren zu lassen. »Ihr Wurm! Ihr habt diesen Leuten das in den Kopf gesetzt! Ihr elender Feigling! Verschwindet aus meinen Augen! Ihr alle!«
    »Beruhigt Euch, mein Herr«, sagte ich in dem Bemühen, ihn wieder ein wenig friedlicher zu stimmen. »Den Komtur trifft keine Schuld. Was ich denke, ist meine eigene Entscheidung, und hätte ich den Komtur noch nie gesehen, so würde ich doch immer noch das Gleiche sagen: Es ist falsch, die Armenier anzugreifen. Es sind getaufte Christen, Verbündete des Heiligen Römischen Reiches. Es sind Eure Glaubensbrüder, Herr.«
    »Sie sind Abschaum!«, brüllte Bohemund, und sein Gesicht verzerrte sich vor Hass. »Mehr noch, sie sind Ränke schmiedender Abschaum! Sie haben das Land meines Vaters gestohlen, und ich werde es mir zurückholen!«
    Er funkelte uns an, wütend und enttäuscht darüber, dass man ihm von allen Seiten Widerstand entgegenbrachte.
    Padraig stand auf und sagte mit seiner sanftesten und freundlichsten Stimme: »Im Namen Gottes bitte ich Euch, Euch eines Besseren zu besinnen. Lasst von Eurem sündigen Plan ab, bevor.«
    Doch Padraig sollte seinen Appell nicht zu Ende bringen, denn der tollkühne Fürst griff nach dem Messer und warf es nach dem Kopf des Priesters. »Wie könnt Ihr es wagen?«, kreischte er. »Raus hier!«
    Nur knapp gelang es Padraig, der Klinge auszuweichen, die daraufhin gegen die Wand flog und zu Boden fiel. Bohemund sprang auf, stieß gegen den Tisch und warf Becher und Schüsseln um. »Macht, dass Ihr rauskommt! Lasst mich allein!« Sein bleiches Gesicht färbte sich rot vor Zorn.
    Als der wütende Fürst nach einem weiteren Messer griff, sprang Renaud an meine Seite. »Geht!«, drängte er. »Geht zur Komturei zurück, und wartet dort auf mich.«
    »Wir werden bleiben und das durchstehen.«
    »Lasst uns allein. Ich werde ihn beruhigen und Euch so rasch wie möglich folgen. Geht jetzt.« Dann drehte er sich wieder zu dem Fürsten um und sagte: »Das ist unter Eurer Würde, Herr. Legt das Messer weg, und lasst uns wie Christenmenschen miteinander reden.«
    Der Fürst schrie und fuchtelte mit dem Messer herum; er war es leid, zuzuhören. Während er den Komtur anschrie, machten Padraig und ich, dass wir aus der Kammer kamen, eilten durch die langen, niedrigen Gänge des Palastes und stiegen eine Reihe dunkler, enger Treppen zu den ehemaligen Stallungen hinunter. Rasch gingen wir an einigen Templern vorbei, die ihrer Arbeit nachgingen, zur erstbesten Tür und hinaus auf die helle, sonnenbeschienene Straße.
    Wir blieben gerade lange genug stehen, um die Straße zu finden, über die wir zur Zitadelle hinaufgelangt waren; dann stiegen wir raschen Schrittes den Berg hinab, achteten jedoch darauf, nicht zu rennen - nichts erregt die Aufmerksamkeit der Menschen mehr als ein Fremder in wilder Flucht. Dann und wann blieb ich stehen, blickte zurück und lauschte, doch ich konnte nichts sehen und hören, was auf eine Verfolgung hingedeutet hätte.
    Wir folgten unseren eigenen Schritten die steilen, gewundenen Straßen zur Unterstadt hinunter und wurden nach und nach

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