Der Gast des Kalifen
reden, und allmählich gewann ich den Eindruck, dass er in Gegenwart von Padraig und mir nicht über seine Pläne sprechen wollte. Also beschloss ich, dass Thema selbst anzuschneiden, da offenbar niemand mir diese Arbeit abnehmen wollte.
Ich stählte mich gerade, genau das zu tun, als der junge Bohemund sich nicht länger zurückhalten konnte und mit dem Knauf seines Messers auf den Tisch schlug. »Nun, de Bracineaux, wir haben uns lange genug gegenseitig auf den Busch geklopft. Jetzt will ich über den Feldzug sprechen. Wie viel Männer könnt Ihr mir geben?«
Der Templer stellte den Becher beiseite und atmete tief durch. »Ich habe eingehend über Eure Bitte nachgedacht«, antwortete er. »Und um offen zu sein, muss ich Euch sagen, dass Ihr mich in eine höchst unangenehme Lage bringt.«
»Ach? Tue ich das?«, wunderte sich Bohemund unschuldig. »Es betrübt mich zutiefst, das zu hören.« Er wirkte nicht im Mindesten entsetzt.
»Ihr müsst verstehen, dass es nicht zu den Pflichten der Templer gehört, offen Krieg zu führen. Unsere Gelübde verlangen von uns, die Straßen zu überwachen und jene zu beschützen, die auf ihnen reisen - alles andere bedeutet einen Bruch unserer Ordensregel. Um es kurz zu machen, Herr: Unsere christlichen Verbündeten anzugreifen wäre ausgesprochen ... tadelnswert.«
Bohemunds Gesicht zuckte vor Verärgerung, doch seine Fröhlichkeit behielt er bei. »Kommt schon, Herr«, lockte er, »Ihr wisst, dass auch andere Komtureien sich dem Kampf gegen den gemeinsamen Feind angeschlossen haben. Ich bitte Euch um nichts, was Eure Brüder mir verweigern würden.«
»Ob andere etwas tun oder nicht, müssen sie mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen. Was mich betrifft, so kann ich nicht zulassen, dass meine Männer sich als Söldner verdingen.«
»Der Großmeister hat mir versichert, dass es keine Schwierigkeiten geben wird«, erklärte der Fürst ein wenig trotzig.
»Und es wird auch keine geben - solange niemand von meinen Männer verlangt, gegen ihr Gelübde zu verstoßen. Mit allem Respekt, mein Herr und Fürst, wir dienen der Verteidigung, nicht dem Angriff.«
»Wollt Ihr etwa leugnen, dass die Sicherung der Grenzen meines Reiches von außerordentlicher Wichtigkeit für die Sicherheit der Pilger und Bürger dieses Landes ist?«
»Im Gegenteil«, erwiderte Renaud, der sichtlich froh darüber war, endlich in etwas mit dem Grafen übereinzustimmen, »sollten die Grenzen dieses Landes jemals vom Feind bedroht werden, so werden die Templer sich als Erste in die Schlacht stürzen.«
»Ich bin froh, das zu hören«, erklärte Bohemund rasch. »Einen Augenblick lang hatte ich schon an meiner Entscheidung gezwei-felt, den Armen Rittern Christi eine solch große und, wie ich hinzufügen darf, eine solch teure Unterkunft in meiner Stadt zu gewähren. Immerhin ist ein Fürst, der sich nicht auf den Mut seiner Krieger verlassen kann, seinen Feinden hilflos ausgeliefert.«
»Zweifelt nie am Mut der Templer«, erwiderte Renaud mit vor Wut zitternder Stimme. »Wir haben unsere Leben dem allmächtigen Gott verschworen, und wir werden eher bis zum Tode kämpfen, als dass wir unseren Eid entehren.«
»Warum dann dieses ungebührliche Zögern?«, verlangte Bohemund zu wissen. »Ich sage Euch, dass mein Volk nicht sicher ist, solange die Armenier die Grenzen dieses Landes halten.«
Die Luft knisterte förmlich zwischen den beiden. Als er erkannte, dass er mit seinen Bemühungen bei dem Templer in eine Sackgasse geraten war, wandte sich der Fürst an Padraig und mich. »Ihr müsst uns entschuldigen«, sagte er gereizt. »Mir scheint, der gute Komtur und ich, wir sind uns bei diesem Thema nicht ganz einig.«
Das war die Gelegenheit, sich einzumischen, und ich ergriff sie. »Verzeiht mir, Herr. Ich bin fremd in diesem Land und habe nicht das Recht zu sprechen; doch solltet Ihr mich trotzdem anhören,
wäre ich Euch sehr verpflichtet.«
»Wenn Ihr etwas Vernünftiges zu sagen habt, dann sprecht«, schnaufte der Fürst. »Es wäre recht nett, zur Abwechslung mal etwas anderes zu hören als die unaufrichtigen Entschuldigungen dieses feigen Komturs.«
Renaud wollte sich dagegen wehren, besann sich jedoch eines Besseren und hielt seine Zunge im Zaum. Bohemund war jung und ungestüm, und es war schwer, seinen Ehrgeiz zu zügeln. Ihn weiter vor den Kopf zu stoßen würde alles nur noch schlimmer machen.
»Auch wenn ich selbst gerade erst in Antiochia eingetroffen bin, so besitzt meine Familie doch einige
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