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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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kräftigen Schlag auf den Oberschenkel. Costis machte einen Satz rückwärts, um sich von ihm zu lösen, aber der König drang weiter auf ihn ein und traf ihn noch zwei Mal, einmal am selben Oberschenkel, dann am Ellbogen. Costis wich noch schneller zurück. Der König sah mit zusammengekniffenen Augen zu.
    »Wirklich, Costis, wenn sie alle so kämpfen wie du, dann bin ich immer noch nicht beruhigt.«
    Diesmal flog Costis’ Schwert in hohem Bogen in die Luft, bevor es klappernd zu Boden fiel. Er ging hin und hob es auf.
    »Jetzt ist es zu spät, aufzuhören, Costis«, sagte der König und griff erneut an.
    Costis riss sein Schwert hoch und zog sich zurück. Die Männer, die ringsum gefochten hatten, wichen beiseite, um Platz zu machen, und bildeten dann einen Kreis um sie; sie taten noch nicht einmal mehr so, als wären sie mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt.
    »Also, Costis«, sagte der König, während Costis ihn wachsam musterte, »du hast hierum gebeten. Weshalb?«
    »Ihr habt meine Ehre befleckt.«
    »Ich habe deine Ehre befleckt? Wer von uns hat denn dem anderen einen Schlag ins Gesicht versetzt?«
    »Sie glauben, dass ich auf Euren Befehl gelogen hätte. Dass Teleus und ich die Attentäter im Garten getötet und Euch den Ruhm dafür überlassen hätten.«
    »Ach, das«, sagte der König mit einem Schulterzucken. »Das ist nicht deine Ehre, Costis. Das ist die öffentliche Wahrnehmung deiner Ehre. Das ist völlig unwichtig, außer vielleicht, um Narren in die Irre zu führen, die Ehre mit hell glänzenden Äußerlichkeiten verwechseln. Du kannst die Wahrnehmung von Narren immer verändern.«
    Die hölzernen Schwerter trafen aufeinander, und Costis wurde abermals zurückgedrängt. Der Kreis der Zuschauer öffnete sich und bildete sich dann neu um sie herum. Selbst nach Wochen der Übung war es verstörend, gegen einen Linkshänder zu kämpfen. Das Schwert des Königs kam aus der falschen Richtung, und das zu schnell für Costis, als dass er sich hätte sicher sein können, rechtzeitig zu parieren; deshalb wich er zurück. Der Kreis der Männer weitete sich, um ihm Platz zu machen, aber es wurden Buhrufe laut.
    »Komm schon, Costis«, rief irgendjemand. »Du läufst in die falsche Richtung.«
    Der hat gut reden , dachte Costis. Dem Sprecher taten schließlich Arm und Oberschenkel nicht weh, und sein Gesicht brannte nicht, als hätte man ein rotglühendes Eisen daran gehalten.
    Andere Zuschauer besannen sich darauf, dass Costis, selbst in seiner Schmach, immer noch ihr Mann war. Es gab ein paar aufmunternde Zurufe auf seiner Seite, und ihm wurde warm ums Herz. Er holte Atem und versuchte sich zu fangen. Als der König auf ihn eindrang, hielt er stand. Der König griff in der Prim an, genau so, wie sie es so viele ermüdende Stunden lang
geübt hatten. Costis parierte; sein Arm bewegte sich automatisch. Der König griff wieder an, immer noch in der Prim. Costis parierte. Er erinnerte sich an ihre erste Übungsstunde, als er geglaubt hatte, dass er sich würde besiegen lassen müssen, damit der König dabei gut aussah. Stattdessen sorgte der König dafür, dass er gut aussah. Eugenides griff weiterhin in der Prim an, immer nachdrücklicher und schneller; jedes Mal parierte Costis. Sein Arm verstand sein Geschäft besser als sein Kopf. Er musste nicht nachdenken, nur reagieren  – mit wachsendem Entsetzen, als die Schläge des Königs immer schneller wurden. Wenn er zu einem anderen Angriff wechselte, würde Costis nicht mehr in der Lage sein, sich zu verteidigen. Das Holzschwert des Königs würde ihm den Arm, die Rippen oder den Schädel zerschmettern, aber als Costis dachte, dass er jetzt gewiss zusammenbrechen würde, wurde der König langsamer und trat zurück. Die Garde sah mit stummer Bewunderung zu.
    »Bereit?«, fragte der König. Costis nickte. Jetzt würde er nicht mehr so gut aussehen. Es war eine Farce. Costis hatte nicht die geringste Chance, sich zu verteidigen, versuchte es aber. Der König bewegte sich zu schnell; er griff auf eine Art und Weise an, die völlig überraschend für Costis war, der das Schwert wie ein Soldat, aber nicht wie ein Duellant handhabte.
    Die Gardisten ringsum riefen Ratschläge, aber es war hoffnungslos.
    Der König glitt durch Costis’ Abwehr; er schlüpfte darunter hindurch, traf ihn an Schenkel oder Knie und versetzte ihm dann einen Schlag auf den Kopf, so fest, dass es brannte, aber nicht kräftig genug, um ihn niederzustrecken. Und bei jedem Treffer rief

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