Der Gebieter
sprang zurück. Das Schwert sauste harmlos an seiner Nase vorbei.
»Costis, was fällt dir ein?«
»Ich fechte, Euer Majestät.«
»Die meisten Leute kreuzen die Klingen vor einem Übungskampf und sagen zur Einleitung irgendetwas wie ›Los!‹, bevor sie zuschlagen.«
»Wir können die Klingen kreuzen, wenn Ihr Eure nur heben wollt, Euer Majestät.«
»Aber ich will gar nicht fechten.«
»Das habe ich geahnt«, sagte Costis und schlug wieder zu.
Der König machte erneut einen Satz rückwärts. Er hatte den Knopf immer noch nicht durch das Knopfloch bekommen.
»Verdammt, Costis, hast du den Verstand verloren?«
»Nein, Euer Majestät.«
»Ich werde nicht gegen dich fechten.«
»Dann bin ich ein toter Mann, Euer Majestät.«
»Ach ja?«
»Eure Kammerherren werden mich festnehmen lassen, wenn das hier nicht bald nach einem Übungskampf auszusehen beginnt. Sie sind schon auf dem Weg hierher.«
Der König blickte sich kurz um. Die Gardisten beiderseits von ihnen hatten zu fechten aufgehört und gafften sie an.
»Man wird mich aufhängen, Euer Majestät«, sagte Costis fröhlich, »sofern ich nicht gefoltert werde.«
»Und du denkst, ich würde nicht wollen, dass das geschieht?«
»Ich weiß, dass Ihr das nicht wollt.«
»Nur, weil ich noch etwas für dich zu tun habe.«
Costis lächelte.
Der König runzelte die Stirn. »Das ist Erpressung.«
Costis hob sein Schwert. Der König wollte nicht, dass er starb, und das nicht wegen irgendeiner Aufgabe, die noch erledigt werden musste. Der König hatte ihn fortgeschickt, um ihn vor der Vergeltung der Mächtigen zu schützen. Der König würde nicht zulassen, dass er gehängt wurde. Der bizarre Vorfall von gestern Abend war vergessen. Nur die Erinnerung, dass er nicht vom König verraten worden war, zählte. Costis fühlte sich wunderbar.
Einen Augenblick später fiel das Schwert, das er eben noch in der Hand gehalten hatte, klappernd zu Boden. Costis sah erst das Schwert, dann seine brennenden Finger, dann wieder das Schwert an.
»Da«, sagte der König hämisch. »Wir sind fertig. Ich gehe wieder ins Bett.« Die Kammerherren waren stehen geblieben. Noch mehr Leute als zuvor starrten herüber.
»Ich glaube kaum, Euer Majestät.« Costis nahm das Schwert auf und hob es erneut.
Diesmal gingen einige Hiebe hin und her, bevor das Schwert des Königs über Costis’ Verteidigungshaltung glitt und ihn mit der flachen Seite an der Wange traf.
»Du hältst die Schwertspitze in der Terz zu niedrig«, sagte Eugenides.
Costis erröte und erinnerte sich an die Bemerkung des Königs bei ihrem ersten gemeinsamen Übungskampf. Er hatte wochenlang mit dem besten Schwertkämpfer gefochten, dem er in seinem ganzen Leben begegnet war, und dabei doch nichts gelernt, weil er die Ratschläge des Königs nicht beachtet hatte.
»Jetzt fertig?«, fragte der König.
»Nein, Euer Majestät.«
Der König seufzte. Er wich ein paar Schritte zurück und behielt Costis argwöhnisch im Auge, während er sich das Schwert zwischen die Zähne schob und, indem er vor dem Knopfloch kapitulierte, seinen Ärmel aufkrempelte, bevor er sich das Schwert zurück in die Hand spuckte.
»Bereit«, sagte er.
Sie fingen an.
»Costis, ist dir eigentlich schon einmal aufgefallen«, sagte der König im Plauderton zwischen zwei Schwertstößen, »dass der einzige Grund dafür, dass ich noch am Leben bin, darin besteht, dass jene drei Attentäter mich für einen harmlosen Gecken gehalten haben?«
Das war Costis noch nicht aufgefallen. »Aber jetzt habt Ihr doch die Garde, die Euch beschützt«, sagte er.
»Die Garde hätte mich schon damals beschützen sollen. Ich bin nicht beruhigt.«
»Doch«, beharrte Costis.
»Ach so?«, sagte der König. »Du glaubst, dass sie erkennen werden, dass ich doch weiß, wie man ein Schwert gebraucht, und – siehe da! – gehorchen werden? Das glaube ich nicht, Costis.«
So einfach war es auch nicht, das wusste Costis. Es hatte schon früher Bewerber um die Hand der Königin gegeben, die mit einem Schwert hatten umgehen können, und die Garde wäre ihnen dennoch nicht einmal in eine Schenke auf der anderen Straßenseite gefolgt. Trotzdem war Costis überzeugt, dass die Garde dem König folgen würde, wenn sie ihn erst kannte. Ihm fehlten nur die Worte, um zu erklären, warum, und er war zu sehr in Bedrängnis, um eine Pause einzulegen und sie sich einfallen zu lassen.
Der König griff an; Costis verteidigte sich. Der König versetzte ihm einen
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