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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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siegen würdet.«
    Eugenides stieg vorsichtig von der obersten Bank hinab. »Ornon hat wahrscheinlich gehofft, dass mir der Schädel eingeschlagen werden würde, aber ich will Eure Unterstützung nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, Teleus. Ornon hat nicht an Taschenspielertricks gedacht. Er wusste, dass ich Laecdomon den Bauch aufgeschlitzt hätte, wenn er je zur echten Bedrohung geworden wäre. Habt Ihr schon vergessen?« Er hob seinen verstümmelten Arm, und als sie den Stumpf vor sich sahen, besannen
sie sich darauf, wie tödlich der Ersatz für seine fehlende Hand war.
    »Ihr sorgt dafür, dass man es vergisst, mit Euren langen Ärmeln und indem Ihr so tut, als ob Ihr Euch dafür schämt«, sagte Teleus.
    »Ja. Aber die Wahrheit liegt immer offen zutage.«
    »Also wird die Garde halbiert«, sagte Teleus bedrückt.
    Der König seufzte resigniert. Er baute sich vor Teleus auf und erklärte: »Teleus, die Garde hat die Königin gemacht. Die Garde kann sie auch stürzen. Ihr könnt jetzt ihre Loyalität garantieren, aber könnt Ihr das auch in zwanzig Jahren? In vierzig? Ihr wisst, dass Ihr das nicht könnt, und doch wollt Ihr der Garde in zehn, fünfzehn, dreißig Jahren die Macht eines Königsmachers anvertrauen. Irgendwann wird die Loyalität der Garde käuflich und verkäuflich sein wie die anderer Menschen, und dann wird die Krone an den Meistbietenden fallen. Das ist der Gang der Geschichte, Teleus. Er ist unwandelbar. Sich eine so große Leibgarde zu halten heißt, einen Wolf zum Hüter des Bauernhofs zu machen. Er hält vielleicht die anderen Wölfe fern, aber früher oder später verschlingt er einen. Solch ein Erbe werde ich meinen Erben nicht hinterlassen.«
    »Wir beschützen Ihre Majestät«, sagte Teleus in schmerzlichem Ton. »Wir haben sie immer beschützt.«
    »Deckt mir den Rücken, Teleus, dann werde ich sie beschützen.«
    Leichtfüßig, obwohl er das linke Bein noch immer nachzog, ging er durch die Tür, ließ die Garde zurück und begab sich zu seinen Kammerherren, die sicher draußen auf ihn warteten.
    »Wird er sie beschützen? Phokis könnte ihn mit einer Hand in zwei Teile brechen.«
    »Wenn Phokis ihn in die Hand bekommen könnte.«
    »Zweifelt ihr an ihm?«
    Die Gardisten schüttelten die Köpfe.
    »Basileus«, flüsterte jemand, der im Dampf verborgen war. Andere stimmten in das Lob mit ein: »Basileus.«
    Nur Teleus schüttelte den Kopf. Costis musterte ihn; er war nicht überrascht.
    »Der Basileus war ein Fürst seines Volkes, das, was wir heutzutage einen König nennen«, erklärte Teleus. »Der da aber«  – er nickte zur geschlossenen Tür hinüber  – »wird mehr als nur Attolia beherrschen, bevor er fertig ist. Er ist ein Annux  – ein König der Könige.«

Nachwort

    Wie immer sind die Geschichten über Attolia, Sounis und Eddis frei erfunden. Sie enthalten nichts Historisches. Das heißt nicht, dass keine Darstellungen von Menschen und Ereignissen aus der realen Welt mit eingeflossen sind, aber auch sie sind fiktionalisiert. Es gab im 7. Jahrhundert vor Christus einen Dichter namens Archilochus. Wir kennen Fragmente seiner Gedichte, aber der Vers, der im Buch zitiert wird, stammt nicht von ihm. Es gab auch einen Komödiendichter namens Aristophanes, der Stücke mit Titeln wie Die Vögel oder Die Frösche schrieb. Ich weiß nicht, ob er je eines geschrieben hat, das sich nur mit Bauern befasste, aber wenn er es getan hätte, wäre es sicher sehr lustig gewesen. Die Götter, die ich beschreibe, gibt es ebenfalls nicht. Die Landschaften, in denen die Geschichten spielen, basieren auf der tatsächlichen Landschaft des modernen Griechenland und meiner Vorstellung davon, wie das antike Griechenland ausgesehen haben könnte. Aber der Handlungsort ist nicht Griechenland und die Handlungszeit nicht die Antike. Mit ihren Feuerwaffen und Taschenuhren, Glasfenstern und gedruckten Büchern ist sie hoffentlich eher byzantinisch als archaisch.

Eddis

    Eine kleine Prinzessin trifft den Gott Eugenides  – den ursprünglichen Dieb von Eddis  – und erfährt, dass sie Königin werden wird.
     
    Das Pony war dick und nach dem Winter noch zottig. Seine kurzen Beine sausten über den harten Boden der Straße, und Helenas eigener, runder, kräftiger Körper hüpfte unbequem auf dem Pferderücken auf und ab. Sie hatte ein Bündel bei sich, aber es war so klein, wie sie es nur irgend hatte machen können: nur Decken, ein Brotlaib und andere überlebensnotwendige Dinge. Sie

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