Der Gebieter
einen Hund neckt, beißt er einen.«
»Menschen sind keine Hunde.« Teleus beugte sich zu Costis hinüber und sah ihn streng an. »Ein Mann sollte sich beherrschen können.«
»Das sagt sich für Euch leicht, Hauptmann.«
»Nicht gar so leicht, Euer Majestät«, versicherte Teleus ihm. »Aber ich habe Euch nie ins Gesicht geschlagen.«
»Das stimmt durchaus«, pflichtete Eugenides ihm ohne jede Andeutung eines Lächelns bei. »Aber ich wollte ja auch nie, dass Ihr es tut.« Er wartete. Als Teleus’ Augen sich weiteten, bestätigte Eugenides, was der Hauptmann schon erraten hatte. »Ich wollte nicht Euch in die Falle locken«, sagte der König, »sondern Costis.«
Costis lehnte sich wie vom Donner gerührt zurück. Der Zornesausbruch, der sein Leben verändert hatte, die Beförderung zum Leutnant … Beides war kein Zufall gewesen, keine Laune. »Ihr habt die Notizen über die medische Sprache angefertigt«, beschuldigte Costis den König; ihm wurde bewusst, dass die kleinen Buchstaben, so ordentlich sie auch geformt gewesen waren, das verräterische Zittern eines Mannes aufgewiesen hatten, der mit der linken Hand schrieb. »Ihr habt sie mir geschickt.«
»Ja«, gestand der König.
»Warum?«
»Dein Akzent war entsetzlich«, sagte der König auf Medisch; seine Aussprache war perfekt. »Jetzt ist das schon viel besser.«
»Warum?«, fragte Costis erneut; er wollte noch mehr hören. Teleus verschränkte die Arme und bekräftigte so stumm seine Bitte.
»Manchmal muss man, wenn man die Meinung eines Mannes
ändern will, erst die seines Nebenmannes ändern.« Eugenides wies auf Costis, aber er sprach mit Teleus. »Archimedes sagt, dass er die Welt bewegen könnte, wenn man ihm nur einen Hebel geben würde, der lang genug ist. Ich musste die Garde bewegen. Ich musste Euch bewegen.«
»Ihr habt Costis’ Meinung geändert, um meine zu ändern? Und warum ist meine Meinung so wichtig?«, fragte Teleus. »Ihr hättet mich ablösen lassen können.«
Der König zuckte die Achseln. »Ich will, dass die Königin die Garde verkleinert, und sie hat gesagt, dass sie das erst tun würde, wenn ich Euch gefragt und Eure Zustimmung erhalten hätte. Also: Darf ich die Garde verkleinern?«
»Das ist Eure Entscheidung. Ihr seid König.«
»Das ist die Frage, Teleus. Bin ich König? Sagt mir nicht, dass ich von Priester und Priesterin gesalbt bin oder dass dieser oder jener Baron zu meinen Füßen bedeutungslose geheiligte Eide geflüstert hat. Sagt mir: Bin ich König?«
Teleus tat nicht so, als würde er die Frage nicht verstehen. »Ja, Euer Majestät.«
»Dann darf ich die Garde verkleinern?«
»Ja, Euer Majestät.«
»Danke.« Der König wollte aufstehen.
»Obwohl Ihr den Kampf nicht gewonnen habt.«
Der König ließ sich wieder auf der Bank nieder. Er musterte Teleus unheilverkündend. »Ihr gebt wohl nie auf, wie? Was soll das heißen?«
»Das war Euer Wetteinsatz, Euer Majestät«, erklärte Teleus. »Wenn Laecdomon den Kampf gewann, wolltet Ihr die Garde nicht verkleinern.«
»In Eddis geht ein Kampf bis zum ersten Treffer.«
»In Attolia auch.«
»Nun, ich habe den ersten Treffer gelandet.«
Teleus verschränkte die Arme. »Bei einer Fechtübung geht es darum, den Schwertkampf zu üben, Euer Majestät – nicht um Taschenspielertricks. Was mit einem echten Schwert unmöglich ist, ist unzulässig.«
»Das ist Haarspalterei! Ihr müsst Euch mit Relius unterhalten haben – oder doch mit Ornon?«
Teleus blieb stur. »Ihr könntet keinem Mann ein echtes Schwert entwinden – nicht mit bloßer Hand.«
»Oh, Teleus«, sagte der König und schüttelte bedauernd den Kopf. »Ihr seid so starrsinnig – und irrt Euch so sehr.« Er streckte die Hand zur Faust geballt Teleus entgegen und öffnete sie langsam, wie eine Blume. »Ich übe es mit einem Holzschwert. Ich kann es auch mit einem richtigen Schwert.«
Teleus hob einen rauen Finger, um sanft die dünne Linie frisch verheilter Haut nachzuzeichnen, die über die Handfläche des Königs verlief. »Die Klinge des Attentäters. Euer Majestät, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Eugenides zuckte mit den Schultern. »Sagt, dass ich meinen Rücken nicht mehr im Auge behalten muss.«
Teleus nickte. »Ich werde Euch den Rücken decken, Euer Majestät, bis der letzte Atemzug meinen Körper verlässt.«
»Gut«, erwiderte Eugenides und stand auf, während Teleus nachdenklich sagte: »Jetzt verstehe ich auch, warum Ornon so zuversichtlich war, dass Ihr
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