Der Gebieter
Geständnis zurückzuziehen, werde ich ihm eines abpressen und ihn danach vierteilen lassen. Ihr könnt entscheiden, was davon vorzuziehen ist. Vielleicht kann er ja doch für seinen Lebensunterhalt sorgen, indem er auf der Halbinsel in der Gosse seine Lieder zum Besten gibt.«
Sejanus fasste sich an den Kopf.
»Euer Vater wird ihn nicht unterstützen«, fuhr der König vernichtend fort. »Welchen Zweck hätte schon ein Erbe, der die Familie aus dem Exil nicht lenken kann? Euer Vater wird ihn sofort enterben und sich einen anderen Erben suchen. Wenn ein Mann allerdings jemanden, der nicht zu seinen ehelichen Nachkommen gehört, zum Erben erwählt, muss er die Zustimmung des Throns einholen. Meine. Meine Zustimmung.«
Sejanus barg das Gesicht in den Händen.
»Eure Cousins, Eure Onkel und all Eure unehelichen Geschwister werden sich schon balgen, bevor der Tag um ist. Alle von ihnen werden danach streben, der nächste Baron Erondites zu werden, und einander hintergehen. Sie müssen von Eurem Vater erwählt werden, also werden sie sich um sein Wohlwollen bemühen. Ich muss sie bestätigen, also werden sie auch um meine Gunst buhlen. Wenn wir uns nicht einigen können und Euer Vater ohne Erben stirbt, fällt der gesamte Besitz an den Thron zurück. Ich werde einen Erben für ihn auswählen.« Der König sah von dem erhöhten Bett aus auf Sejanus herab. »Das Haus Erondites«, versprach er, »wird nicht überleben.«
Sejanus’ schweres Atmen wurde von seinen gepflegten Händen gedämpft, war aber dennoch hörbar. »Euer Majestät.« Er ließ die Hände sinken, sah aber nicht auf, während er sprach. Er hielt den Blick fest auf den Boden gerichtet, als hätte er nur
noch dieses eine zu sagen und wollte seine Sache dabei gut machen. »Mein Bruder hat der Königin immer loyal gedient. Er würde Euch genauso gut dienen. Er war nie etwas anderes als loyal. Bitte. Bitte lasst Eure Rache mich treffen, der ich sie verdient habe. Nicht mein Haus. Nicht meinen Bruder. Lasst mich so viele Verbrechen gestehen, wie Ihr wollt, und mich so bestrafen, wie es Euch beliebt.« Er leckte sich die Lippen. »Ich flehe Euch an.«
»Es ist keine Rache, Sejanus«, sagte die neue Inkarnation des Königs. »Ich würde kein ganzes Haus ausmerzen, um einen einzigen Mann zu vernichten. Aber ich würde einen Mann vernichten, um ein Haus auszulöschen. Euer Bruder wird in die Verbannung gehen und Euer Haus fallen, nicht weil ich Euch zufällig hasse, sondern weil Erondites über mehr Land und mehr Männer gebietet als vier andere Barone zusammen und sich wieder und wieder als gefährlich erwiesen hat. Die bloße Existenz des Hauses Erondites bedroht den Thron bereits. Es wird nicht überleben«, wiederholte er.
Er ließ Sejanus Zeit, alles zu überdenken, nach einem Ausweg zu suchen – aber es gab keinen. Der Sohn des Barons warf einen kurzen Blick zu den anderen Kammerherren hinüber, aber er hatte seine Macht über sie verloren. Er konnte sein Geständnis zwar zurückziehen, hatte es aber vor zu vielen Zeugen gemacht. Sie waren die jüngeren Söhne und Neffen der einflussreichsten Barone des Landes, und sie würden alles, was sie gehört hatten, ihren Vätern und Onkeln erzählen. Der Rat der Barone würde sich nicht für jemanden einsetzen, der einen versuchten Königsmord gestanden hatte. Sein Vater hatte zu viele Feinde, die über den Sturz seines Hauses entzückt sein würden. Es bestand keine Hoffnung – nur Dites Schicksal lag noch in seiner Hand.
»Ich ziehe das Geständnis nicht zurück«, erklärte Sejanus.
»Ich sage alles aus, was Ihr wollt, aber nicht gegen Dite, sofern Ihr ihn nur verbannt, statt ihn zu töten.«
»Danke«, sagte der König.
Schließlich blickte Sejanus auf. Dann zuckte er etwas mühsam die Achseln, wie ein Mann, der eine Wette bei einem Rennen oder Würfelspiel verloren hat. Nun, da er eine vernichtende Niederlage mit einer gewissen Würde hinnahm, war er liebenswerter, als er es früher je gewesen war. Er tat Costis beinahe leid.
Sejanus verneigte sich vor dem König. »Basileus«, sagte er und sprach ihn so mit dem archaischen Ausdruck für die sagenhaften Fürsten der Antike an.
Er warf einen Blick über die Schulter, als wollte er selbst die Gardisten an der Tür herbeirufen, die bereits vortraten, um ihn auf die Füße zu ziehen; ohne ein weiteres Wort verließ er das Zimmer.
In dem Schweigen, das auf seinen Abgang folgte, tauschen die Kammerherren Blicke, sprachen aber nicht. Die Königin
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