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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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sich, welcher Austausch zwischen den beiden ihm entgangen war.
    »Ich weiß etwas, was du nicht weißt«, sagte der König zu ihr.
    »Wer das Quinalum ins Lethium gemischt hat?«
    »Auch das.«
    »Du wirst deine Kammerherren empfangen. Sie haben sich lange genug ungehindert austoben dürfen.«
    »Ich bin sehr müde«, sagte er kläglich.
    »Sofort.« Sie stand auf und ging.
     
    Die Kammerherren des Königs kamen im Gänsemarsch zur Tür herein und stellten sich in einem Grüppchen zwischen dem Bett und den Fenstern auf. Costis beneidete sie nicht um das Gespräch, das sie offenbar mit der Königin geführt hatten. Er stand immer noch neben dem Sessel nahe am Kopfende des Betts der Königin und wäre lieber fast überall sonst auf der Welt gewesen, aber weder der König noch die Königin hatten ihn entlassen. Bis auf den Hinweis der Königin an den König und dessen Bemerkung
über Costis’ fehlenden Sinn für Humor hatte keiner von beiden ihn auch nur beachtet.
    »Ich bezweifle nicht, dass die Königin ihre Unzufriedenheit mit Euren Diensten sehr deutlich gemacht hat«, begann der König.
    »Ja, Euer Majestät.«
    »Und sie hat Eure Bestrafung mir überlassen?«
    »Ja, Euer Majestät.«
    »Na, Kopf hoch! Hört auf, so dreinzublicken, als wärt Ihr Verbrecher. Wenn Ihre Majestät Euch heruntergeputzt hat, dann seid Ihr, glaube ich, genug gestraft.«
    Costis unterdrückte ein Zusammenzucken. Die Kammerherren hatten ihm nach ihrem Gespräch mit der Königin zwar leidgetan, aber er hatte ihnen nicht vergeben, und er fand, dass der König es auch nicht hätte tun sollen. Eugenides wusste vielleicht, wie man die Königin nehmen musste  – vielleicht besser, als irgendjemand hätte ahnen können  –, aber seine Kammerherren behandelte er falsch. Sie hoben allesamt die Köpfe und sahen unterschiedlich erleichtert drein. Sejanus’ hämisches Lächeln war schon wieder da.
    Nur Philologos war nicht bereit, so leicht davonzukommen. »Euer Majestät«, sagte er streng, »wir haben uns schändlich verhalten. Darüber solltet Ihr nicht hinwegsehen.«
    »Nicht?« Der König war erheitert.
    »Nein.« Philologos war es nicht.
    »Sagt schon«, fragte der König, »was sollte ich tun?«
    Philologos erwiderte sein Lächeln nicht. »Wir sollten entlassen oder gar ganz verbannt werden.«
    Seine Mitkammerherren sahen ihn an, als hätte er den Verstand verloren.
    »Das wäre ein bisschen hart, oder?«, fragte der König. »Euren Vater einiger Schülerstreiche wegen seines Erben und einzigen Sohnes zu berauben?«
    Vielleicht hatte Philologos nicht gründlich darüber nachgedacht, aber er wankte nicht. Wenn er verbannt wurde, würde er das Land und Vermögen seines Vaters vielleicht immer noch erben, aber kaum in der Lage sein, beides vom Ausland aus zu verwalten. Sein Vater würde im Interesse seines Besitzes und der von ihm Abhängigen wohl gezwungen sein, den jungen Mann zu enterben und sich einen anderen Erben zu suchen, wahrscheinlich einen Cousin, wenn er nur einen Sohn hatte, oder eine Tochter, wenn sie mit einem Mann verheiratet werden konnte, der das Land der Familie halten und verteidigen würde.
    »Wegen einiger Schülerstreiche?«, wiederholte der König.
    Philologos fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Die Schlange war nicht bloß …«
    »Philologos«, unterbrach ihn Hilarion, »bevor du die Untaten eines anderen verrätst, könntest du vielleicht erst nachprüfen, ob er genauso edelmütig ist wie du. Aber da du es nun schon getan hast«  – er wandte sich dem König zu  – »könnt Ihr vielleicht die von uns in die Verbannung schicken, die für die ärgsten Kränkungen verantwortlich sind, die Eurer Majestät angetan wurden, und Philologos zu seinem Vater zurücksenden.«
    Der König wirkte verblüfft. »Ich bin überrascht zu sehen, dass Euer Edelmut dieser Lage gewachsen ist, Hilarion, aber ich hatte nicht vor, auch nur einen von Euch zu verbannen. Nicht einmal wegen der Schlange. Das alles liegt in der Vergangenheit. Wir können es dort belassen.«
    »Euer Majestät, wir sollten zumindest aus Euren Diensten entlassen werden«, beharrte Philologos. »Ganz gleich, was er andeutet, ich habe …«
    »… die Schlange in mein Bett gelegt«, schloss der König für ihn. »Ja, ich weiß. Er hat versucht, Euch vor Euch selbst zu retten, aber das hätte er nicht tun müssen. Ich weiß, wer die
Schlange hergebracht und wer mir Sand ins Essen gestreut hat. Wer den armen, naiven Aristogiton mit der Aufforderung,

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