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Der Gebieter

Der Gebieter

Titel: Der Gebieter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Whalen Turner
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Kammerherren, die eher fassungslos als sonst irgendetwas waren, verkündete er: »Euer Majestät, ich gestehe jedes Verbrechen, dessen Ihr mich bezichtigt, aber mein Bruder ist unschuldig.«
    »Ihr habt schon einen versuchten Königsmord gestanden«, sagte der König. »Was sonst könntet Ihr gestehen?« Er schaute von der bestickten Bettdecke auf, die er sorgfältig glattgestrichen hatte, und als Costis sein Gesicht sah, traf ihn das Entsetzen wie ein körperlicher Schlag. Wenn Attolia wie eine Königin aussehen konnte, dann konnte Eugenides wie ein Gott wirken, der sich offenbarte, in etwas gänzlich Unvertrautes verwandelt, umgeben von der golddurchwirkten Bettdecke wie eine Gottheit
auf dem Altar, leidenschaftslos und berechnend. »Glaubt Ihr etwa, dass ich vorhabe, Eurem Vater einen Erben zu lassen?«
    Götter im Himmel , dachte Costis, hat Erondites etwa nur die beiden Kinder?
    Er hatte einmal bei einem Erdbeben einen Tempel einstürzen sehen. Kleine Risse hatten sich zwischen den Steinen aufgetan und waren breiter geworden, bis jeder einzelne Stein in eine andere Richtung als die unter ihm liegenden gepurzelt war. Erst waren die Säulen, die den Portikus trugen, zusammengebrochen, dann die Wände. Genauso hämmerte der König Stück für Stück Sejanus ein, welch gewaltiges Ausmaß die Katastrophe hatte, die er über sein Haus gebracht hatte.
    »Euer Vater hat Eure Schwester und all ihre Kinder enterbt, als sie gegen seinen Willen geheiratet hat. Er hat es in aller Form getan. Deshalb konnte er Dite nicht enterben. Ein kluger Mann sorgt dafür, dass er nicht nur einen einzigen Erben hat. Er musste Dite behalten, weil so viele Dinge einen Menschen von einem Tag auf den nächsten umbringen können  – Krankheit, Krieg … oder zum Beispiel Gift. Außerdem bestand die Hoffnung, dass Dite bei der Königin erfolgreich sein und sie heiraten könnte. Das wäre für das Haus Erondites ein gelungener Streich gewesen! Aber Dite war nicht erfolgreich; ich habe die Königin geheiratet. Armer, unnützer Dite. Nun verliert Euer Vater Euch beide zugleich. Er könnte sich Eurer Mutter entledigen, wieder heiraten und sich einen neuen Erben verschaffen, aber er braucht keinen Säugling, sondern einen erwachsenen Erben, der allein zurechtkommt und seinen Vater unterstützen kann.«
    »Ihr habt gegen Dite keine Beweise. Ich werde Euch keine verschaffen.«
    »Und meinen Baronen könnten die Beweise missfallen, die Eurem schreienden Mund abgerungen werden?«
    »Ich werde mein Geständnis zurückziehen. Ich kann leugnen, es je abgelegt zu haben.«
    »Das ist ein Argument. Ich habe aber auch eines. Sogar mehrere: die Söhne und Neffen von Baronen, die hier alle vor mir stehen und nahe daran sind, für etwas verbannt zu werden, was selbst Eure unempfindlichsten Barone einmütig als unerhörtes Fehlverhalten bezeichnen würden. Welch eine Ironie, dass ausgerechnet Ihr sie in diese kompromittierende Lage gebracht habt!« Er wies auf die Kammerherren. »Glaubt Ihr, dass sie für Euch lügen werden, Sejanus? Sie schätzen mich ja vielleicht nicht, aber Euch hassen sie mittlerweile. Und ihre Familien hassen Euren Vater. Er hat sich durch Bestechung, Kuhhandel und Nötigung zur Macht emporgearbeitet  – aber größtenteils durch Erpressung. Kein einziger Baron kann es sich leisten, ihn zu kränken, aber wenn es einen Weg gibt, ihn zu stürzen, ohne selbst ein Risiko einzugehen, wird jedes Adelshaus die Gelegenheit beim Schopfe packen.«
    »Ich werde dennoch nicht gegen Dite aussagen. Nichts, wofür Ihr ihn hinrichten könntet.«
    »Ich muss ihn gar nicht hinrichten, Sejanus. Ich muss ihn lediglich verbannen, weil er dem Thron Schande macht. Und dafür habe ich alle Beweise, die ich brauche.«
    Dieses dumme Lied , dachte Costis.
    Sejanus dachte darüber nach, und wie eine Marionette, deren Fäden durchschnitten worden waren, fiel er vor dem König so schlagartig auf die Knie, dass der Aufprall ihn bis in die Zähne durchrütteln musste.
    »Er kann nicht selbst für sich sorgen«, sagte Sejanus.
    Der König stimmte ihm zu: »Er hat kein Geld. Euer Vater hat ihm schon seit Jahren nichts mehr zukommen lassen. Er hat von der Mildtätigkeit der Königin gelebt und jede Münze ausgegeben, die sie ihm zugesteckt hat. Binnen eines Monats wird
er an irgendeiner Straßenecke auf der Halbinsel betteln, binnen zweier im Schmutz kriechen, um einen Brotkanten zu ergattern, und binnen eines Jahres wird er tot sein. Wenn Ihr allerdings versucht, Euer

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