Der gefährliche Traum (German Edition)
aufzustehen und sein Vater würde nun mit ihr zu Dauber fahren.
»Ich habe ihn gefragt, ob wir dich nicht mitnehmen können. Schließlich waren es ja deine Träume.«
»Was hat er geantwortet?«, fragte er vorsichtig und hoffte auf ein »Ja«.
»Du kannst mitkommen. Wir haben extra auf dich gewartet«, sagte Fritzi vergnügt. »In zehn Minuten holen wir dich ab.«
Der Empfang im Haus des Bürgermeisters war sehr unterkühlt. Wäre Fritzis Vater nicht Baron von Hohenstein gewesen, ein bedeutender Mann, den man nicht so einfach ignorieren konnte, hätte Dauber sie vermutlich gar nicht eingelassen. Aber so bat er sie, wenn auch zähneknirschend, ins Haus.
»Mein Anwalt hat uns geraten, dass Julian sich bei Ihrer Tochter persönlich entschuldigen soll. Es trifft sich also gut, dass Sie zu uns gekommen sind.« Er führte die Besucher ins Arbeitszimmer und rief nach seinem Sohn.
Als Julian Fritzi sah, wurde er käseweiß im Gesicht.
»Steh nicht da wie eine Ölgötze!«, fuhr ihn sein Vater an. »Entschuldige dich bei der Tochter des Barons.«
Julian trat langsam auf Fritzi zu und reichte ihr die Hand. »Tut mir leid.«
Fritzi zögerte, ihm die Hand zu geben. War das alles, was dieser Neandertaler zu sagen hatte? Hatte er schon mal darüber nachgedacht, was passiert wäre, wenn die Feuerwehr sie nicht rechtzeitig gefunden hätte? Dann müsste er jetzt einen Mord verantworten.
Doch offenbar hatte auch sein Vater keinerlei Gewissensbisse. Kaum hatte Julian sein Sprüchlein aufgesagt, drängte sich Herr von Dauber in den Vordergrund. »Da das nun geklärt ist, wünsche ich Ihnen einen angenehmen Abend.« Er machte Anstalten, seine Gäste wieder zur Tür zu begleiten.
Doch so schnell ließ sich Fritzis Vater nicht abwimmeln.
»Wir sind nicht wegen einer Entschuldigung gekommen. Was allerdings ein netter Zug von dir, Julian, gewesen wäre, wenn sie von Herzen gekommen wäre. Wir sind auch nicht hier, um dir, junger Mann, irgendwelche Vorhaltungen zu machen. Das wird demnächst der Richter tun. Außerdem hat uns unser Anwalt davon abgeraten.« Herr von Hohenstein wandte sich nun Herrn von Dauber zu. »Wir sind hier, um mit Ihnen über Ihren Vorfahren, den Amtmann Johann Georgius Dauber zu sprechen.«
Der Bürgermeister zog erstaunt eine Augenbraue hoch. »Was könnten Sie mir schon über meinen Ahnherrn erzählen?«
»Ich nichts, aber der Junge hier, und zwar eine ganze Menge«, konterte Fritzis Vater und gab Max ein Zeichen, mit seiner Geschichte loszulegen. Allerdings verschwieg Max seine Träume. Stattdessen behauptete er, im Schlossarchiv zufällig darauf gestoßen zu sein. Und so musste sich der Bürgermeister wohl oder übel der Wahrheit stellen. Doch statt gegen die Ungeheuerlichkeit der üblen Nachrede zu protestieren oder sich darüber zu wundern, dass ausgerechnet im Schloss etwas über die wahre Rolle des Amtmanns zu finden war, blieb Julians Vater erstaunlich ruhig. Konnte es sein, dass er die Wahrheit schon kannte? Auch Baron von Hohenstein war seine Reaktion nicht entgangen.
»Kann es sein, dass diese Tatsache für Sie gar nicht neu ist?«, hakte er nach. »Sie scheinen mehr über die damalige Entführung zu wissen. Haben Sie deshalb den Wald gekauft und mit den Ausgrabungen begonnen? Wissen Sie etwa, wo sich das Lösegeld befindet?«
Alle Augen waren nun auf Herrn von Dauber gerichtet, der jedoch schwieg wie ein Grab.
»Kommen Sie! Über dieses schändliche Verbrechen wurde jahrhundertelang geschwiegen. Viel zu lange, wenn Sie mich fragen.« Fritzis Vater sah den Bürgermeister herausfordernd an. Als dieser sich immer noch nicht rührte, ließ er sich gemütlich in einem der Sessel nieder. »Wir haben jede Menge Zeit, nicht wahr, Kinder?« Max und Fritzi taten es ihm sofort gleich. Fritzi setzte sogar noch eine faustdicke Lüge obendrauf. »Wenn Sie nicht bereit sind, uns die Wahrheit zu sagen, wird der neue Schlossarchivar noch heute einen Artikel an die Zeitung schicken. Er plant nämlich eine neue Lesereihe. Sie soll heißen:
Rätselhafte Verbrechen in der Geschichte Hohensteins
. Und raten Sie mal, wer den Anfang macht?«
Sofort brach es aus Julian heraus. »Du blöde Gans! Mein Vorfahr hatte schon recht, deine Urtante wegzuschaffen! Wahrscheinlich war sie genauso blöd wie du!«
Der Bürgermeister wurde schneeweiß. »Julian! Sei still!«
Doch sein Sohn war nicht mehr zu stoppen. »Jetzt auf einmal soll ich still sein? Vielleicht hätte ich das auch tun sollen, als ich dir erzählt
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