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Der gefaehrliche Verehrer

Der gefaehrliche Verehrer

Titel: Der gefaehrliche Verehrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Femme fatale aus, trotz ihrer Stimme. Für beides zeigte sich zu viel Energie in ihrem Gesicht und in ihrem langen, nervösen Körper. Ihre Nägel waren nicht bemalt, genau wie ihr Mund. Bei dem straffen Zeitplan fand sie selten Gelegenheit, sich zu schminken. Ihre dunklen, brandy-braunen Augen waren fast geschlossen, während sie ihrem Körper erlaubte, neue Energie zu tanken. Die langen Wimpern, ein Erbe ihres verträumten Vaters, und die blasse, glatte Haut standen in einem reizvollen Gegensatz zu ihren scharfen, beinahe eckigen Zügen. Sie war mit einer Wolke dichter, welliger schwarzer Haare gesegnet, die sie achtlos zurückkämmte und zusammenband oder mit Rücksicht auf die Kopfhörer hochsteckte.
    Mit einem Blick auf die Anzeige der abgelaufenen Zeit drückte Cilla die Zigarette aus, nahm einen Schluck Wasser und schaltete ihr Mikro ein. Das ON-AIR-Zeichen leuchtete grün.
    »Das war für alle Liebenden da draußen, ob sie heute Nacht jemanden zum Kuscheln bei sich haben oder sich nur jemanden wünschen. Bleiben Sie an den Apparaten. Hier ist Cilla O’Roarke, Denver. Sie hören KHIP. Wir melden uns wieder mit unserem Hörerwunschtelefon.« Als sie das Band für eine Werbeeinschaltung anlaufen ließ, blickte sie auf. »Hey, Nick. Wie geht’s?«
    Nick Peters, ein Collegestudent, der im Sender als Praktikant arbeitete, schob seine Brille mit der dunklen Fassung höher und grinste. »Ich habe den Literaturtest mit Auszeichnung bestanden.«
    »Gut gemacht.« Dankbar nahm sie ihm die Henkeltasse mit dampfendem Kaffee ab, die er ihr anbot. »Schneit es noch?«
    »Hat vor etwa einer Stunde aufgehört.«
    Sie nickte und entspannte sich ein wenig. Sie hatte sich Sorgen um Deborah, ihre jüngere Schwester, gemacht.
    »Die Straßen sind wahrscheinlich katastrophal.«
    »Nicht so schlimm. Wollen Sie was zum Kaffee dazuhaben?«
    Sie warf ihm ein flüchtiges Lächeln zu und war in Gedanken zu beschäftigt, um die Anbetung in seinen Augen zu bemerken. »Nein, danke. Nehmen Sie sich ein paar von den trockenen Doughnuts, bevor Sie Schluss machen.« Sie drückte eine Taste und sprach wieder ins Mikro.
    Während sie die Sponsoren des Senders verlas, beobachtete er sie. Er wusste, dass es hoffnungslos war, sogar dumm, aber er war rasend in sie verliebt. Für ihn war sie die schönste Frau der Welt, und neben ihr wirkten die Frauen auf dem College wie ein müder Abklatsch dessen, was eine richtige Frau sein sollte. Sie war stark, erfolgreich, sexy. Und sie wusste kaum, dass es ihn gab. Wenn sie ihn überhaupt zur Kenntnis nahm, dann mit einem zerstreut freundlichen Lächeln oder einer Geste.
    Seit mehr als drei Minuten kratzte er seinen Mut zusammen, um sie um eine Verabredung zu bitten. Und er malte sich aus, wie es wäre, wenn sie ihre Aufmerksamkeit einen ganzen Abend nur auf ihn richtete.
    Sie merkte absolut nichts. Hätte sie gewusst, welchen Weg seine Gedanken einschlugen, wäre Cilla eher amüsiert als geschmeichelt gewesen. Nick war knapp einundzwanzig, rein rechnerisch gesehen sieben Jahre jünger als sie. Und Jahrzehnte jünger in jeder anderen Hinsicht. Sie mochte ihn. Er war bescheiden und tüchtig, und er scheute sich nicht vor langen Stunden harter Arbeit.
    Während der letzten Monate hatte sie sich an den Kaffee gewöhnt, den er ihr brachte, bevor er den Sender verließ. Und an das Wissen, ganz allein zu sein, wenn sie ihn trank.
    Nick sah auf die Uhr. »Ich … äh … wir sehen uns morgen.«
    »Hmmm? Oh, na klar. Gute Nacht, Nick.« In dem Moment, in dem er durch die Tür war, hatte sie ihn bereits vergessen. Sie drückte einen der aufleuchtenden Knöpfe am Telefon. »KHIP. Sie sind auf Sendung.«
    »Cilla?«
    »Ja, wer spricht da?«
    »Ich bin Kate.«
    »Von wo rufen Sie an, Kate?«
    »Von daheim – hier drüben in Lakewood. Mein Mann ist Taxifahrer. Er macht Spätschicht. Wir beide hören uns jede Nacht Ihre Sendung an. Könnten Sie ›Peaceful, Easy Feeling‹ für Kate und Ray spielen?«
    »Wird gemacht, Kate. Halt das Feuer zu Hause am Brennen.« Sie drückte den nächsten Knopf. »KHIP. Sie sind auf Sendung.«
    Alles lief glatt. Cilla nahm wie gewöhnlich Anrufe entgegen, notierte Titel und Widmungen. Die Wände des kleinen Studios waren voll mit Regalen, in denen LPs, Singles und CDs so geordnet und beschriftet waren, dass man sie leicht fand. Nach mehreren Anrufen machte sie stets eine Pause mit Werbeeinschaltungen und Ankündigungen, um Zeit zum Zusammenstellen des ersten Song-Blocks zu haben.
    Einige

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