Der gefangene Stern
weitere Person.“
„Ein Geheimnis, das mehr als einer kennt, ist kein Geheimnis mehr. Wie ist Ihr Freund an den Diamant gekommen, M.J.? Reden Sie nicht länger um den heißen Brei herum.“
„Ich erzähle es Ihnen, sobald ich mit meinem Freund telefoniert habe. Ich muss ihn einfach anrufen.“
„Keine Anrufe.“
„Sie haben Ralph angerufen“, warf sie ein.
„Das Risiko bin ich eingegangen. Aber Sie werden nicht telefonieren, bevor ich nicht weiß, worum es eigentlich geht. Der Diamant wurde erst gestern verschickt“, überlegt er. „Die Typen haben Sie ziemlich schnell gefunden.“
„Was bedeutet, dass Sie meinen Freund auch gefunden haben.“ Sie glaubte, ihr Magen würde sich umdrehen. „Jack, bitte. Ich muss anrufen. Ich muss es einfach wissen.“
Dass ihre Stimme erstickt klang, ließ ihn einerseits fast schwach werden und ärgerte ihn andererseits schrecklich. Er sah sie lange an. „Wie viel bedeutet er Ihnen?“
„Alles. Niemand auf der Welt bedeutet mir mehr.“
„Was für ein Glück der hat.“
Damit hatte sie nicht gerechnet. „Was zum Teufel stimmt nicht mit Ihnen? Jemand hat versucht, uns umzubringen. Wie können wir hier einfach nur herumsitzen?“
„Genau das ist der Grund, warum wir hier rumsitzen. Sollen die ruhig eine Weile hinter ihrem eigenen Schwanz herjagen. Ihr Freund ist leider zunächst einmal auf sich allein gestellt. Aber da ich mir nicht vorstellen kann, dass Sie sich in einen Idioten verlieben, der nicht auf sich aufpassen kann, wird das schon in Ordnung sein.“
„Sie kapieren überhaupt nichts. Mein Gott, was für ein Durcheinander. Ich sitze hier mit Ihnen fest, dabei müsste ich eigentlich hinter der Theke stehen.“
„Sie arbeiten hinter der Bar?“ Er hob eine Augenbraue. „Ich dachte, Ihnen gehört der Laden.“
„Stimmt, er gehört mir“, erklärte sie stolz. „Aber ich stehe gern hinter der Bar. Haben Sie ein Problem damit?“
„Nein.“ Weil das Thema sie abgelenkt hatte, fuhr er fort: „Und? Sind Sie gut?“
„Bis jetzt hat sich niemand beschwert.“
„Wie sind Sie darauf gekommen?“ Als sie ihn groß ansah, zuckte er lässig mit den Schultern. „Kommen Sie schon, ein bisschen höfliche Konversation beim Essen kann nicht schaden. Wir müssen die Zeit totschlagen.“
Nicht nur die hätte sie am liebsten totgeschlagen. „Ich bin Pubbesitzerin in der vierten Generation. Mein Urgroßvater hatte ein eigenes Wirtshaus in Dublin. Mein Großvater wanderte nach New York aus und hatte dort sein eigenes Pub, das er meinem Vater überließ, als er nach Florida zog. Ich bin praktisch hinter der Theke großgeworden.“
„Wo in New York?“
„West Side, neunundsiebzigste Straße und Columbus.“
„ O’Leary’s .“ Jack grinste. „Viel dunkles Holz und viel Messing. Samstagabend irische Musik. Dort wird das beste Guiness auf dieser Seite des Atlantiks gezapft.“
Gegen ihren Willen freute sie sich. „Sie waren dort?“
„Ich habe bei O’Leary’s eine Menge Bier getrunken. Das muss jetzt ungefähr zehn Jahre her sein.“ Damals war er aufs College gegangen, hatte Jura und Literatur studiert und versucht herauszufinden, wer zum Teufel er eigentlich war. „Vor ein paar Jahren war ich mal wieder beruflich dort und habe im O’Leary’s vorbeigeschaut. Nichts hatte sich verändert, selbst die Schrammen auf der alten Theke waren noch dieselben.“
Seine Worte stimmten sie rührselig – dagegen konnte sie gar nichts tun. „Bei O’Leary’s ändert sich nie etwas.“
„Ich könnte schwören, dass dieselben zwei alten Kerle auf denselben Hockern am Ende der Bar saßen – die haben geraucht, Racing Form gelesen und irisches Bier getrunken.“
„Callahan und O’Neal.“ Sie lächelte. „Die beiden werden auf diesen Hockern sterben.“
„Und Ihr Vater. Pat O’Leary. Was für ein Prachtkerl.“ Tief in seine Erinnerungen tauchend, schloss Jack die Augen. „Dieses große, breite irische Gesicht und die rote lockige Mähne. Eine Stimme wie direkt aus einem Cagney-Film.“
„Ja, das ist Pop“, murmelte sie.
„Wissen Sie, als ich reinkam – und es ist mindestens sechs Jahre her, dass ich das letzte Mal dort war –, grinste Ihr Vater mich an. ‘Wie geht’s dir heute, College-Boy?’, hat er gefragt, ein Glas genommen und mir ein Guinness gezapft.“
„Sie haben studiert?“
Seine sentimentale Stimmung trübte sich in Anbetracht der Überraschung in ihrer Stimme erheblich. Er klappte ein Auge auf. „Und?“
„Sie sehen
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