Der Gefangene von Zhamanak
Wege zu studieren. Wenn Ihr mich haben wollt, werde ich Euch den ganzen Weg bis nach Novorecife begleiten und zur Seite stehen. Außerdem seid Ihr, wenngleich ein Fremdling, ein Mann von unbestechlicher Gerechtigkeit und Ehre, so dass man immer weiß, woran man bei Euch ist. Sind alle Terraner so wie Ihr?«
Mjipa seufzte. »Ich fürchte, wir haben einen ebenso großen verhältnismäßigen Anteil von Lumpen und Toren wie ihr. Aber wir müssen uns sputen, auf dass Khoroshs Schergen uns nicht einholen.« Er warf Alicia einen vielsagenden Blick zu. »Siehst du? Manchmal zahlen sich meine albernen Skrupel auch aus. Sag, Minyev, begegnetest du unterwegs dem Heshvavu, zu Fuß auf dem Wege nach Mejvorosh?«
»Nun, da Ihr davon sprecht, Herr, entsinne ich mich, dass ich in der Tat einen kleinen Knirps des Weges kommen sah, über und über mit Staub bedeckt, welcher mir irgendwie bekannt vorkam. Doch ich sprengte an ihm vorbei, ohne mir die Muße zu nehmen, ihn näher zu betrachten.«
Sie ritten fast die ganze Nacht hindurch, bis die erschöpften Tiere sich schließlich weigerten, sich schneller als im Schritt vorwärtszubewegen. Schließlich machten die Reiter, welche nicht minder erschöpft waren, halt, um eine Rast einzulegen.
»Hilf mir bitte runter, Percy!« stöhnte Alicia. »Ich bin so steif, dass ich mich kaum noch rühren kann.«
»Mir geht’s auch nicht viel besser«, sagte Mjipa und stieg mühsam aus dem Sattel. »Wir werden morgen einen fürchterlich wunden Hintern haben.«
Er half Alicia aus dem Sattel. Dann öffneten beide ihre Taschen und suchten sich die Sachen heraus, die sie angehabt hatten, als die Wärter sie ausgezogen hatten. »Nach allem, was geschehen ist«, sagte Alicia, »werde ich Kleidung nie wieder wichtig nehmen.«
Während er gierig seine Proviantration hinunterschlang, überlegte Mjipa laut: »Noch einen Tagesritt, und wir müssten die mutabwkianische Grenze erreicht haben. Ich weiß nicht, ob Ainkhists Leute Anweisung haben, dich festzuhalten; er kann von unserer Flucht noch nicht erfahren haben. Aber ich mag keine unnötigen Risiken. Verdammt, hätte ich doch bloß ein Verkleidungs-Set mitgenommen! Dann hätte ich jetzt eine Krishnanerin aus dir machen können. Aber da es für mich ohnehin ein aussichtsloses Unterfangen gewesen wäre, auch nur zu versuchen, als Krishnaner durchzugehen, habe ich das Zeug gar nicht erst mitgenommen.«
»Warum soll ich mich nicht einfach als terranischer Junge ausgeben?« schlug Alicia vor.
»Dazu müssten wir deine Brüste verstecken, meine Teure, und zwar effektvoller, als dein Hemd das tut. Und falls sie besonderes Augenmerk auf jemanden mit blondem Haar richten, könnte es passieren, dass sie sich dich etwas näher unter die Lupe nehmen. Es gibt keine blonden Krishnaner.«
»Das stimmt nicht ganz. Als ich das letzte Mal in Majbur war, machten die Friseure Reklame für Blondfärben. Es ist zur Zeit in Mode. Aber wir können meine Haare ja unter einem Schal verstecken, wie eine Art Turban.« Sie kramte in ihrer Tasche und zog ein Tuch aus durchscheinender Kunstseide hervor, mit einem auffallenden Muster aus Blau, Smaragdfarben und Gold. »Hier; das ist fast das letzte gute Stück, das ich noch von den Sachen habe, die ich von der Erde mitgebracht habe.«
Am nächsten Morgen, noch vor dem Morgengrauen, rief Alicia mit kläglicher Stimme: »Percy, hilf mir hoch! Ich kann meine Beine kaum noch bewegen.«
»Mir geht’s auch nicht viel anders«, brummte Percy Mjipa und humpelte hinüber zu ihrer Decke. »Ich habe auch einen scheußlichen Muskelkater, obwohl ich erst vor kurzem noch eine längere Strecke geritten bin. Wir hätten Khorosh bitten müssen, uns täglich einen kleinen Ausritt zu genehmigen, um in Übung zu bleiben. Aber ich glaube fast, dass er uns das nicht erlaubt hätte.«
Als es kurze Zeit später ans Aufsitzen ging, schaffte Alicia es nicht, das Bein so weit anzuwinkeln, dass sie den Fuß in den Steigbügel kriegte. Mjipa und Minyev mussten sie mit vereinten Kräften in den Sattel wuchten, was sie mit einem Schmerzensschrei quittierte.
»Nach einem bisschen Reiten geht die Steifheit wieder weg«, tröstete sie Mjipa, der ebenfalls eine Grimasse zog, als er sich in den Sattel schwang. »Es ist die beste Massage für einen Muskelkater im Hinterteil.«
Sie erreichten doch nicht am nächsten Tag die Grenze. Erschöpft von vielen Stunden im Sattel und so gut wie keinem Schlaf, schlugen sie ihr Nachtlager schon am späten
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